Julia Extra Band 0349
beste Mitarbeiterin, die man sich wünschen konnte, aber wenn sie die Nerven verlor, konnte es schwierig werden. Einmal hatte der Chef der Putztruppe aus der Firma angerufen, um Rafael mitzuteilen, Gretchen wäre noch da und schalte immer wieder das Licht an und aus.
Rafael warf sich seit damals vor, dass er die Vorzeichen nicht erkannt hatte. Es war einer seiner Grundsätze, dass nicht nur die Angestellten für den Chef da waren, sondern auch umgekehrt. Und in Gretchens Fall hatte er versagt.
Sie hatte ihm die Kündigung angeboten, aber die hatte er abgelehnt. Weshalb sollte er auf die beste Assistentin aller Zeiten verzichten, nur weil die ab und zu den Drang verspürte, sich eine Stunde lang die Hände zu waschen?
Stattdessen hatte er ihr eine ausgezeichnete klinische Psychologin besorgt, und die Therapie schlug tatsächlich gut an, war aber noch nicht abgeschlossen, wie Gretchen selber zugab.
Also musste Rafael auf ihre besondere seelische Lage Rücksicht nehmen, und das tat er gern.
„Ja, die Wunde ist versorgt worden“, log er.
Andernfalls würde Gretchen ihren Koffer mit Desinfektionsmitteln aus ihrem Auto holen und Rafael aufdrängen, aber dafür hatte er wirklich keine Zeit.
Er sah, wie … Libby … etwas sagen wollte, und warf ihr einen warnenden Blick zu. Daraufhin blieb sie glücklicherweise stumm.
„Von Zuspätkommen kann auch keine Rede sein“, fügte er beruhigend hinzu.
Gretchen blickte auf ihre Armbanduhr. „Ich sagte doch, ich wäre in zehn Minuten hier, und jetzt sind es schon …“
„Macht nichts, es ist rechtzeitig genug“, fiel er ihr ins Wort.
„Na gut. Danke!“ Sie lächelte und atmete tief durch. „Ich habe bei einer Abschleppfirma angerufen, also wird sich jemand um den Wagen kümmern, und das Treffen mit den Russen konnte ich auch verschieben, bis …“ Plötzlich keuchte sie auf, als der Hund sie in völlig freundlicher Absicht mit seiner schmutzigen Pfote berührte.
„Platz“, befahl Rafael streng und blickte Libby vernichtend an. „Können Sie das Tier nicht besser im Zaum halten?“
„Doch.“ Libby wurde wieder einmal sehr wütend. „Aber das glauben Sie mir sowieso nicht.“
Die Blondine rieb wie verrückt an einem kaum sichtbaren, winzigen Schmutzfleck an ihrem Hosenbein herum. Vorgestellt hatte sie sich nicht.
Sie passte sehr gut zu ihrem Freund! Beide waren äußerst attraktiv und hatten keine Manieren.
Und da fiel Libby ein, dass sie den Namen des Mannes noch immer nicht kannte.
Aber geküsst hatte sie ihn bereits!
„Das ist doch nicht so schlimm, Gretchen.“ Beruhigend legte er der Blondine eine Hand auf die Schulter.
„Ich kann das Landleben nicht ausstehen“, klagte Gretchen, hörte aber auf, an dem Fleck herumzureiben.
„Dann schlage ich vor, im Auto auf mich zu warten“, sagte der Mann sachlich.
Ohne ein weiteres Wort ging Gretchen zu ihrem Cabrio und stieg ein.
Libby rümpfte die Nase. „Gehorcht Ihnen immer jeder aufs Wort?“
„Nein, nicht immer.“
„Ehrlich nicht?“, hakte sie nach. „Da staune ich aber.“
„Dass ich Sie zum Staunen bringe, ist mir auch schon aufgefallen“, bestätigte er selbstgefällig.
Bei seinem vielsagenden Blick wurde es Libby ganz heiß, und ein Schauer rann ihr über den Rücken. Dass sie so auf diesen Mann reagierte, machte sie wütend. Mehr auf sich als auf ihn. Gut, sie hatte ihn bewundernd angesehen. Na und?
„Vielleicht sollten Sie Ihre Freundin dazu bringen, Sie öfter anzustaunen“, empfahl sie ihm eisig. „Dann wären Sie nicht auf Fremde wie mich angewiesen.“
„Gretchen ist nicht meine Freundin, sondern meine persönliche Assistentin“, informierte er sie gelassen. „Und ich verbinde niemals Arbeit und Vergnügen.“
Libby zuckte die Schultern, um deutlich zu machen, wie egal es ihr war, welche Beziehung er zu dieser blonden Traumfrau hatte.
„Sie sollten sie jedenfalls nicht länger warten lassen“, meinte sie kühl.
„Richtig!“, bestätigte der Fremde knapp.
„Dann lassen Sie sich von mir nicht aufhalten!“
„Na schön.“ Er wandte sich ab.
„Nein, halt!“, rief sie, weil ihr etwas Wichtiges einfiel.
„Ach, vermissen Sie mich schon?“, fragte er spöttisch. „Ich bin gerührt.“
„Sehr witzig!“, fauchte Libby und verkniff sich die Antwort, dass es ihr nichts ausmachen würde, ihn im ganzen Leben nie wieder zu sehen.
„Haben Sie einen Stift?“, bat sie stattdessen und zog einen zerknitterten Zettel aus der Jackentasche.
„Ja.“ Er reichte
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