Julia Extra Band 0349
verstärken. Stunden im Fitnessstudio hatten ihm viel mehr eingebracht als Dutzende Telefonnummern, weshalb er Honor mühelos festhielt.
Herzzerreißend weinte sie an seiner Schulter. Sobald Honor sich beruhigt hatte, ließ Rob zu, dass sie sich losriss.
„Bist du so weit, ins Camp zurückzukehren?“, fragte er freundlich.
„Ich muss die Schildkrötennester überwachen“, erwiderte sie. „Lauf einfach durch den Wald und dann nach rechts, und du findest ohne mich hin.“
„Brauchst du nichts? Eine Taschenlampe? Woher soll ich wissen, dass mit dir alles in Ordnung ist?“ Rob zuckte zusammen. Natürlich würde sie zurechtkommen. Sie fühlte sich in der Natur viel wohler als in der Welt der Menschen. Diese Insel war ihr Reich. Er wartete auf ihre sarkastische Bemerkung.
Aber ihr Ton war sanft. „Wenn ich etwas benötige, kann ich es mir schnell holen. Wir sind nur ein paar Minuten vom Camp entfernt. Dort drüben ist es.“
Rob sah in die Richtung, in die Honor zeigte. Als er sich wieder umwandte, war sie verschwunden.
5. KAPITEL
Früh am nächsten Morgen wachte Rob aus einem heißen Traum auf, in dem sich eine blonde Meerjungfrau ihren Weg von seinen Füßen nach oben knabberte, über seinen Oberschenkel und auf …
„Verdammter Mist!“
Als sich Rob in der Rinne aufsetzte, die er zum Schlafen am Strand gegraben hatte, sah er ein Dutzend kleine Krabben über seinen Körper kriechen. Sie waren die Vorhut für eine Truppe von Einsiedlerkrebsen, die seitwärts zum Meer marschierten. Und er saß direkt in ihrem Weg. Schnell stand er auf, und sie wuselten um ihn herum, ohne sich von ihrem Ziel ablenken zu lassen.
Rob lachte über ihre wilde Entschlossenheit, bis der letzte Nachzügler verzweifelt ins Meer hastete und verschwand. Es war die zweite Nacht, die er am Strand verbracht hatte, und Rob fand es überraschend normal, hier aufzuwachen.
Müde oder nicht, er wollte sich unbedingt die Emden aus der Nähe anschauen. Ursprünglich hatte er nur vorgehabt, die Gedenkstätte zu finden, aber jetzt, da er so viel Zeit hatte, ging ihm das gesunkene Schiff nicht mehr aus dem Kopf. Wie sie jetzt, hundert Jahre später, von Meeresorganismen bedeckt, wohl aussah?
Drei Stunden lang streifte Rob umher und erkundete die Insel. Da Honor in ihrem Zelt schlief, weil sie ja Nachtschicht gehabt hatte, brauchte er sich keine Gedanken darüber zu machen, Honor zufällig zu treffen.
Mit keinem seiner typischen Spielchen konnte er sie beeindrucken. Wenn überhaupt, verkrampfte Honor sich nur noch mehr. Und er wurde total nervös. Was hatte er denn, wenn nicht seine charmanten Tricks? Mit Sicherheit keine glänzende Persönlichkeit. Er war sich völlig im Klaren darüber, worin sein Wert lag: in seinem Geschäftssinn und seinem guten Aussehen. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Der Rest lief in der Familie Dalton unter Sonderausstattung. Nicht geschätzt und nicht erforderlich.
Zum siebten Mal näherte sich Rob der Gedenkstätte, blickte zum Riff und suchte nach Anzeichen dafür, dass ablandiger Wind aufgekommen war. Bis der Wind drehte, war die See zu rau zum Tauchen.
Rob hob sein Fernglas. Die Wellen mit weißen Schaumkronen rollten nicht mehr auf ihn zu, sondern von Ost nach West. Perfekt. Darauf hatte er den halben Vormittag gewartet. Seine Taucherausrüstung hatte er schon durch die Lagune zurück aufs Boot geschafft.
Leider hatte die Sache einen Haken: Nur ein Idiot würde allein nach einem Wrack tauchen, mit dem er nicht vertraut war. Er brauchte Honors Hilfe. Und darum zu bitten würde ihn fast umbringen.
Er traf Honor, die gerade aufgestanden war, im Lager an und packte den Stier bei den Hörnern. „Du musst mir einen Gefallen tun.“ Als sie die Augenbrauen hochzog, wusste Rob, dass er zu forsch gewesen war. Er schluckte seinen Stolz hinunter. „Ich muss dich um Hilfe bitten.“
Das klang nicht viel besser, aber zumindest ließ sie sich dazu herab, ihn fragend anzusehen.
„Würdest du mit mir aufs Boot kommen und mir beistehen, während ich nach der Emden tauche?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Ich arbeite.“
Rob hielt Vogelbeobachtung nicht für Arbeit, es wäre allerdings glatter Selbstmord, das zu sagen. „Kannst du nicht eine Pause machen? Ich wäre … dir dankbar.“
Ausdruckslos blickte Honor ihn an. Nein, eher gewollt gleichgültig. Er kniff die Augen zusammen.
„Kannst du nicht später tauchen?“, wich sie aus.
„Nein. Der Wind ist günstig, und ich weiß nicht, wie lange es
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