Julia Extra Band 0349
herrührte.
Worum ging es da eben eigentlich? überlegte Rob, während er Honor in den Wald folgte. Mit seinen intelligenten, sachlichen Fragen wollte er sein bisheriges taktloses Benehmen wiedergutmachen. Verdammt noch mal, er bemühte sich, ein Gespräch zu führen!
Und das war etwas Neues für ihn.
Rob Dalton fing keine Gespräche an. Das hatte er nicht nötig – sie flogen ihm einfach zu. Ziemlich oft drehten sie sich um ihn. Deshalb hatte er geglaubt, ein großartiger Gesprächspartner zu sein.
Wie sein Vater, der damit als Bauunternehmer zweifellos Erfolg hatte. Also das war ein Mann, der reden konnte! Rob junior hatte miterlebt, wie sein Dad die Leute beeinflusst hatte, bis sie ihm aus der Hand gefressen hatten. Allein indem er mit ihnen geplaudert hatte.
Ja, der kleine Rob hatte vom Besten gelernt.
Jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Er hatte Honor dazu bringen wollen, weiter über Meeresschildkröten zu sprechen. Nur um sie reden zu hören, um zu beobachten, wie sie lebhafter wurde.
Die Frau ging in ihrer Arbeit auf. Als hätte sie nichts anderes. Doch er hatte anscheinend das Falsche gesagt, und sie hatte sich wieder zurückgezogen.
Sie kamen an einem weiteren kleinen Strand wieder heraus. Honor blieb stehen, und Rob holte sie ein. Vor ihnen hockte ein weißes Flaumknäuel im Sand.
„Es ist ein Rotfußtölpeljunges.“ Honor sah in die Bäume hoch. „Es ist aus dem Nest dort gefallen. Die Eltern werden es nicht holen.“
„Tun wir es doch einfach wieder hinein.“
Traurig schüttelte Honor den Kopf. „Wir dürfen nicht. Die Nichteinmischungsregel.“
„Kann es allein überleben?“
„Nein. Es wird sterben.“
Rob umfasste ihren Arm. „Los, kehren wir um. Das musst du nicht mit ansehen.“ Nicht, dass er selbst scharf darauf war.
Aber Honor ließ sich in den Sand sinken. Das Vogeljunge hatte sie beide bemerkt und schleppte sich weiter heraus auf den Strand, womit es sich erst recht der Nachmittagssonne aussetzte. Rob ließ sich neben Honor fallen.
„Du willst ihm nicht helfen?“
Wieder schüttelte sie den Kopf.
„Aber du willst bleiben?“ In der untergehenden Sonne sah Rob eine Träne auf ihren Wimpern schimmern und blickte Honor scharf an. „Warum?“
„Damit es nicht allein ist“, erwiderte sie leise.
Normalerweise hätte er die Augen verdreht und über so einen sentimentalen Blödsinn gespottet. Nur war Honor keine naive, verwöhnte Partyprinzessin, die wegen eines Tierbabys rührselig wurde. Honor war reizbar, sarkastisch, aufbrausend und robust. Wenn sie bei dem jungen Tölpel blieb, hatte sie einen triftigen Grund.
„Möchtest du dein Logbuch haben?“, fragte Rob. Sie hatte es neben sich in den Sand geworfen.
„Nein.“
Also keine Arbeit? Die Frau war ihm ein Rätsel.
Rob beschloss, sich nicht länger lächerlich zu machen, indem er zu erraten versuchte, was in ihr vorging. Er würde einfach das Ende abwarten. Aber er fühlte sich unwillkommener denn je, als sie begann, Wache zu halten.
Er hatte nicht damit gerechnet, die halbe Nacht zu warten. Der Vollmond stand hoch und tauchte den Strand in ein schönes Licht. Der kleine Tölpel hatte sich schließlich an Robs und Honors Gegenwart gewöhnt und war zurück in den Schutz der Bäume getaumelt. Jetzt hatte er sich schon eine ganze Zeit lang nicht mehr bewegt.
„Honor? Soll ich nach ihm sehen?“
Nach kurzem Zögern nickte sie.
Rob stand auf und ging zu dem reglosen Vogelbaby. Fast hätte er es mit dem Zeh angestupst, hielt jedoch gerade noch rechtzeitig inne, sich bewusst, dass Honor ihn beobachtete. Stattdessen hockte er sich hin und hob es behutsam hoch. Es war tot und wog so gut wie nichts.
Einen Moment überlegte Rob, was er mit der kleinen Leiche tun sollte, dann versteckte er sie unter einer Dünenpflanze. Wahrscheinlich würde das Junge den Krabben als Nahrung dienen. Honor protestierte nicht.
Jetzt hatte er endlich einmal etwas richtig gemacht.
Das Mondlicht beleuchtete ihr Gesicht, und er konnte erkennen, wie deprimiert sie war. Hier ging es nicht um ein Vogeljunges. Rob brannte darauf, sie zu fragen, wusste jedoch, dass er nicht das Recht dazu hatte.
„Es war nicht allein, Honor“, sagte er, um sie zu trösten.
Tränen rollten ihr über die Wangen.
Verdammt! Nein, hier ging es um etwas anderes, und was auch immer es war, sie durchlebte es direkt hier noch einmal. Ohne zu überlegen, zog Rob sie hoch in seine Arme. Sofort wehrte sie sich gegen ihn, und er musste seinen Griff
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