Julia Extra Band 0349
besonders groß.“
„Äußerlichkeiten können täuschen“, verteidigte Amanda ihr Lieblingspony, während sie sich bemühte, mit ihren zitternden Händen weiter die schmalen Hufe zu fetten.
„Bald beginnt das Spiel.“
Wieso sagt er mir das? dachte Amanda und polierte weiter. Als Mitglied des britischen Trainerteams wusste sie ganz genau, wann das Spiel begann. Nero war Spielführer der gegnerischen Mannschaft. Nicht sie, sondern er sollte in diesem Moment ganz woanders sein.
Falls er gedacht hatte, er könnte einfach hier hereinplatzen und sie von der Arbeit abhalten, hatte er sich jedenfalls gründlich geirrt! Sie würde dem Killer die kalte Schulter zeigen.
„Ich möchte mit Ihnen über Misty sprechen.“ Nero betrachtete das Pony mit einem weiteren anerkennenden Blick.
„Jetzt ist ein schlechter Zeitpunkt“, erwiderte Amanda kühl.
„Wie Sie meinen.“ Nero zuckte mit den Schultern und nickte zum Abschied. Doch bevor er sich zur Tür wandte, fing Amanda seinen herausfordernden Blick auf.
Ärgerlich biss sie sich auf die Lippen. In ihrer finanziellen Situation war es ausgesprochen unvernünftig, es sich mit einem Mann wie Nero Caracas zu verscherzen. Durch die Rezession hatte sie einen Großteil ihrer Ersparnisse verloren, und in der Polowelt kannte jeder jeden. Ein einziger Fehler konnte ausreichen, um eine Karriere zu beenden. Aber sie würde keinen Fehler begehen!
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. „Also gut, was wollen Sie?“
Mit einer Kopfbewegung deutete Nero auf Misty. „Ich denke, dass es besser für Ihr Pony wäre, wenn ein Mann sie reiten würde, der sie wirklich zu schätzen weiß.“
„Ich kann Ihnen versichern, dass der Kapitän des britischen Teams Misty sehr genau zu schätzen weiß.“
„Aber glauben Sie, dass auch Misty seine Art genießt, sie zu reiten?“
Musste dieser Mann jedes Wort wie eine Einladung ins Bett klingen lassen? Amanda schaute unruhig auf ihre Uhr.
„Mache ich Sie nervös?“
Sie lachte. „Sicher nicht! Ich bin nur besorgt, weil Ihre Zeit knapp wird.“
„Mein Timing ist perfekt wie immer“, versicherte Nero.
Amandas Mund wurde trocken, als er geschickt Mistys Hals liebkoste. Unwillkürlich straffte sie ihre Schultern und stellte sich zwischen ihn und den kleinen Apfelschimmel. Mit verschränkten Armen sah sie zu ihm auf.
Doch Nero ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich hätte Sie bei diesem Wettkampf lieber auf meiner Seite, Amanda.“
Sie warf ihm einen ironischen Blick zu. „Vielen Dank, aber ich fühle mich sehr wohl dort, wo ich bin.“
„Vielleicht kann ich Ihre Meinung ja noch ändern …“
„Viel Spaß bei dem Versuch!“
„Falls das eine Kampfansage sein sollte, muss ich Sie warnen, Amanda – ich gewinne immer.“
Wieso bleibt Misty nur so ruhig? dachte sie ärgerlich. Normalerweise war das Pony in der Gegenwart eines Fremden sehr nervös. Doch seit Nero den Stall betreten hatte, wirkte es ausgesprochen entspannt und zufrieden.
Sie hob trotzig ihr Kinn. „Sonst noch was?“
Als er sie mit seinen dunklen Augen anschaute, begann ihr Herz schneller zu schlagen. Nero Caracas war schon fast übertrieben attraktiv.
Plötzlich wurde Amanda von einer wilden Begierde überrascht. Hastig wandte sie den Blick ab. Ihre Beine zitterten, und ihr Herz raste. Es kostete sie all ihre Kraft, sich nichts von ihren aufgewühlten Gefühlen anmerken zu lassen.
„Keine Sorge, ich gehe schon.“ Nero hob in einer Geste spöttischer Kapitulation die Hände. „Aber ich komme zurück, Misty“, raunte er dem ungewöhnlich zutraulichen Pony ins Ohr.
Amanda funkelte ihn wütend an. Sie hatte Gerüchte aufgeschnappt, dass der berühmte Argentinier vorhatte, ihr Pony zu kaufen.
Aber wieso gerade Misty? dachte sie entrüstet, das einzige Polopony, das sie von ganzem Herzen liebte.
An der Tür wandte Nero sich noch einmal um. „Sie haben gute Arbeit mit Misty geleistet, Amanda. Sie ist in einem ausgezeichneten Zustand.“
„Weil sie bei mir glücklich ist.“
Nero nickte nur selbstgefällig.
Ich werde Misty verlieren! ahnte sie plötzlich. Zurzeit gab es kein besseres Polopferd, und es war nur logisch, dass Nero Caracas es für sich ausgewählt hatte.
Aber was konnte sie schon gegen einen so mächtigen Mann ausrichten? Nur ein absoluter Dummkopf würde sich dem Argentinier in den Weg stellen und erwarten, danach noch eine Zukunft als Trainer zu haben.
Zu ihrem Entsetzen ertappte sie sich plötzlich bei dem Wunsch, mit
Weitere Kostenlose Bücher