Julia Extra Band 0349
Kolonialzeit mit seinen langen, schattigen Veranden war so groß wie ein kleines Dorf. Im Hof vor dem Haupthaus warf ein Springbrunnen Wasserfontänen hoch in die Luft, die im hellen Sonnenlicht wie Diamanten funkelten.
Der Garten konnte mit jedem englischen Park konkurrieren. An einem Ende gab es sogar ein Polofeld mit einem eigenen Klubhaus. Hinter dem Haus schimmerte ein See mit einem strahlend weißen Sandstrand in der Sonne. Und ein … nein, zwei Swimmingpools.
„Ein Pool ist für die Pferde“, erklärte Nero. „Wir benutzen ihn zum Muskelaufbautraining, aber am liebsten reiten wir einfach hinein.“
Amanda konnte einen begeisterten Aufschrei nicht unterdrücken, doch dann setzte ihr gesunder Menschenverstand wieder ein. Was, in aller Welt, hatte sie sich dabei gedacht, als sie dieser Reise zugestimmt hatte?
Neros Ranch war schon fast ein eigenständiges kleines Land. Sie war hier vollkommen isoliert, so als wäre sie mit ihm auf einer einsamen Insel mitten im weiten Ozean gestrandet. Wenn sie es nicht endlich schaffte, Neros erotische Anziehungskraft zu ignorieren, würde ihr Aufenthalt eine sehr schwierige Zeit werden.
Nero landete den Jet so geschickt, dass Amanda kaum das Aufsetzen spürte. Als das Flugzeug schließlich zu einem Halt kam und Nero die Motoren ausschaltete, war ihre Besorgnis reiner Vorfreude gewichen.
„Ich kann es gar nicht erwarten, endlich auszusteigen!“, rief sie aus. Sie konnte ihre Augen kaum von dem Steppengras lösen, das meilenweit im Wind wogte.
„Und die Sonne zu spüren und die Pferde zu reiten“, ergänzte Nero voller Begeisterung. „Es ist wunderschön hier, nicht wahr?“
Sobald Nero die Flugzeugtür öffnete, wurde Amanda von einem Schwall warmer, duftender Luft empfangen. Sie war so aufgeregt, dass sie nicht einmal Neros Hand abschüttelte, als er ihr die Treppen hinunterhalf.
„Das ist Ignacio“, stellte er einen älteren Mann vor, der bei einem Geländewagen stand und darauf wartete, sie zur Ranch zu fahren. „Er ist der Ranch-Manager und meine rechte Hand.“
Jetzt bin ich wirklich in der Pampa angekommen! dachte Amanda. Ignacio sah genauso aus, wie sie sich einen Gaucho vorgestellt hatte. Fasziniert betrachtete sie den Schlapphut, das rote Halstuch und die weiten Hosen mit ledernen Beinschützern.
„Willkommen auf der Estancia Caracas“, begrüßte er sie mit starkem Akzent und beugte sich kurz über ihre Hand.
„ Buenas tardes – guten Tag“, antwortete Amanda ebenso herzlich.
„Wir haben hier schon viel über Ihre Arbeit mit den englischen Pferden gehört“, fuhr Ignacio freundlich fort.
„Und gegen das Ergebnis hart auf dem Polofeld gekämpft“, ergänzte Nero.
Ignacio stimmte gutmütig in das Lachen ein. Seine Haut war von der Sonne gegerbt und faltig wie der Hals einer Schildkröte, aber in seinen schwarzen Augen lagen Güte und Freundlichkeit.
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Ignacio. Mucho gusto .“
Ignacio schmunzelte wohlwollend über Amandas Versuch, seine Sprache zu sprechen, und sagte etwas in sehr schnellem Spanisch zu Nero. Dieser antwortete mit einem vagen Brummen.
Amanda konnte nicht einschätzen, ob Nero ihre ungeschickten Bemühungen gefallen hatten oder nicht. Aber wenigstens Ignacio schaute sie voller Wärme an, und sie war sicher, dass sie soeben einen Freund gefunden hatte.
Alles hier war aufregend, sogar die holprige Fahrt durch die Steppe. Ignacio machte Amanda auf eine Gruppe Enten am Himmel aufmerksam, dann entdeckte Nero einen der riesigen Hasen, die es nur in der Pampa gab.
„Sehen Sie, Amanda!“, rief er aufgeregt aus und griff nach ihrem Arm.
Seine Berührung ist aufregender als alles andere, dachte sie. Allein Neros Anwesenheit raubte ihr den Atem.
„Schön, nicht wahr?“
„Fantastisch“, murmelte sie und sah in seine Augen.
Bald darauf fuhr Ignacio durch einen Torbogen auf die Ranch. Unwillkürlich musste Amanda dabei an alte Cowboyfilme denken, in denen riesige Tore mitten in einer kahlen Landschaft standen.
Ein langer, tadellos gepflegter Weg führte zu dem Ranchgebäude. Schließlich parkte Ignacio auf einem großen gepflasterten Platz. Der Hof war üppig mit Blumen bepflanzt, Ranken fielen über gekalkte Wände und Balkone. Alles war still, nur in der Ferne war leises Wiehern zu hören.
„Es muss schwer sein, so ein wunderbares Zuhause jemals zu verlassen“, sagte Amanda leise.
„Umso schöner ist es zurückzukommen“, stimmte Nero zu. „Sollen wir
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