Julia Extra Band 0349
Sie herumdrehen?“, fragte Amanda sarkastisch.
„Ich habe Sie tanzen sehen, erinnern Sie sich? Ich weiß also, dass Drehungen nicht gerade Ihre Stärke sind.“
Sie starrten einander an, als wäre es ein Duell. Keiner wollte aufgeben und zuerst wegschauen. Erst als der Bus mit den Jugendlichen auf den Hof fuhr, wandten beide den Blick ab.
Doch selbst während Nero die Kinder begrüßte, war er sich in jeder Sekunde bewusst, wie unglaublich gut Amanda in ihren schlichten schwarzen Reithosen und dem maßgeschneiderten blütenweißen Hemd aussah.
Die nächsten Stunden vergingen wie im Flug. Die Gauchos erklärten den Jugendlichen die Sicherheitsvorschriften auf der Ranch, dann stellten sie ihnen die Ponys vor. Auch Nero und Amanda blieb keine Zeit zum Ausruhen. Sie mussten sich Gedanken über das nahende Polospiel machen.
„Kommen Sie, lassen Sie uns anfangen!“, erklärte Nero.
Sie strich eine rebellische Haarsträhne zurück und folgte ihm zu den Ställen. „Hoffentlich bereuen Sie nicht, dass Sie mich einbeziehen.“
Für einen Moment verlor er sich in ihren Augen. Er wollte mehr von Amanda kennenlernen.
Nero war ein praktischer Mann. Normalerweise entschied er mit seinem Verstand, wie weit er bei einer Frau gehen wollte. Reizte sie ihn? Ja oder nein. Ganz einfach. Er vermied Komplikationen und beendete eine Beziehung, bevor ernsthafte Gefühle mit ins Spiel kamen.
Doch dafür war Amanda zu verletzlich. Sie versuchte, kühl und abgeklärt zu erscheinen, aber wie bei jeder Schauspielerin blieb es letztendlich nur eine Rolle.
Amanda hielt seinem Blick stand. „Ich habe Erfahrung darin, mit schwierigen Situationen zurechtzukommen“, sagte sie in gleichmütigem Tonfall.
Nero erinnerte sich, dass sie drei jüngere Geschwister hatte – Brüder. Keiner von ihnen hatte die Pferdezucht des Vaters übernehmen wollen. Amanda hatte dafür gesorgt, dass alle drei ein Studium abschließen konnten. Die Mutter war früh gestorben, und der Vater hatte alle Verantwortung seiner ältesten Tochter überlassen.
Hinter der schönen Eisjungfrau steckt viel mehr, als die meisten Leute auch nur ahnen, dachte Nero. Für einen Moment sah er wieder das Bild von ihr auf der Tanzfläche vor sich und musste ein Schmunzeln unterdrücken. „Ich hoffe, Sie finden bei all der Arbeit noch Zeit für Ihre Tango-Stunden.“
Amanda zögerte einen Moment. „Ignacio hat versprochen, mit mir an meiner Technik zu arbeiten“, erwiderte sie dann. „Das nächste Mal, wenn wir zusammen auf der Tanzfläche stehen, bin ich bereit für Sie!“
„Oh. Darauf bin ich schon jetzt gespannt!“
Nero presste die Lippen zusammen. Ignacio gab ihr also Tangounterricht! Was war hier los?
„Unterschätzen Sie Ignacio nicht“, warnte er sie. „Auch auf einem alten Fahrrad lernt man fahren. Er mag vielleicht nicht mehr der Jüngste sein, aber er ist noch lange nicht im Ruhestand.“
Zum ersten Mal seit langer Zeit lachte Amanda fröhlich. „Sind Sie etwa eifersüchtig, Nero?“
Nero schnaufte ärgerlich, drehte sich um und ging weg.
Sie lief hinter ihm her. „Ich würde gern etwas trinken, bevor wir anfangen, uns Gedanken über das Spiel zu machen“, sagte sie, als sie ihn eingeholt hatte.
„Reicht Ihnen Wasser?“
„Genau das Richtige.“
Nero führte sie in die Scheune. Hinter ihnen fiel die breite Tür zu, und plötzlich standen sie im warmen Halbdunkel. Alles war still. Nero ging zu einem Spülstein in der Ecke und füllte einen Kanister mit kristallklarem Wasser, das direkt über unterirdische Wasserläufe von einem Gletscher zu seiner Ranch geleitet wurde.
Er reichte Amanda den Kanister. Mit tiefen Schlucken löschte sie ihren Durst, dann gab sie ihm den Behälter zurück. Er trank, ohne den Rand abzuwischen. Amanda konnte ihren Blick nicht von seinem Mund abwenden. Es war fast, als hätten sich ihre Lippen berührt. Näher waren sie sich bis jetzt noch nie gewesen.
Nero setzte den Behälter ab und sah ihr in die Augen. An seinem leisen Lächeln erkannte Amanda, dass er ihr die Gedanken vom Gesicht ablesen konnte. Er hätte nur seine Hand ausstrecken müssen, um sie zu berühren.
„Kann ich noch einen Schluck haben?“ Sie griff nach dem Kanister.
Als Nero ihr den Behälter reichte, berührten sich ihre Finger, und sie fühlte sich, als würde ein Stromstoß durch ihren Arm fahren.
Nero räusperte sich. „Bevor wir gehen, sollten wir den Kanister noch einmal auffüllen.“
Ohne den Blick von ihren Augen zu lösen, nahm er
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