Das Meer in seinen Augen (German Edition)
Bei dir
Wenn es etwas gibt
Das ich vermisse
Hier
Dann das Meer
Die Weite
Grenzenlos
Die Ferne
Die Sonne
Das Wasser
Den Himmel
Hätt' so gerne
Alles
Hier
Doch wenn ich
In deine Augen seh
Finde ich all das
Und mehr
Bei dir
D. Gessen
G essen ließ sich von seinem Navigationssystem in eine der verzweigten Straßen des Gewerbegebietes leiten. Zu beiden Seiten standen kalte Bürobauten, wie es nicht anders zu erwarten war. Obwohl er absolut keinen Grund dafür hatte, wurde er allmählich nervös. Der Vertrag lag sicher schon für ihn bereit und er würde ihn nur noch unterschreiben müssen. Es war alles längst abgesprochen. Kein Zurück mehr. Er würde sich in Ruhe die Gegend und vor allem seinen neuen Arbeitsplatz anzuschauen können. Trotzdem schwitzte er leicht in seinem Anzug. Dabei lief die Klimaanlage schon auf höchster Stufe.
»Ziel erreicht«, meldete die elektronische Frauenstimme. Gessen sah sich nach einer Parkmöglichkeit um. Der weiße Büroturm mit den blauen Fenstern ragte gleich neben ihm in den Himmel. Er verließ die Straße und steuerte den Wagen einen schmalen Weg an dem Gebäude vorbei. Man hatte ihm versichert, dass ihm einer der Besucherparkplätze zur Verfügung stehen würde. Als er wieder aus dem Schatten des Büroturms hinausfuhr, befand er sich auf einem mittelgroßen Parkplatz, vollgestellt mit schwarzen und grauen Limousinen. Sein roter Mercedes stach hier sofort als Ausreißer hervor. Unsicherheit machte sich in ihm breit. Aber er durfte nicht unsicher sein. Nicht jetzt, da eine Umkehr schon zu spät war. Also fuhr er den Wagen am Ende des Platzes in eine freie Parkbucht und stellte den Motor ab. ›Nur für Besucher‹, mahnte das Schild vor ihm. Gessen lächelte verhalten. Ja, er kam als Besucher, aber er würde den Platz als zweithöchster Mann des Unternehmens wieder verlassen.
Gessen versuchte sich zu entspannen, indem er ein paar mal tief durchatmete. Dann stieg er aus dem Wagen in die Sommerhitze. Es fühlte sich an, als wäre er plötzlich in voller Montur in eine Sauna geraten. Schnell schnappte er sich seinen Aktenkoffer und ging um das Gebäude herum zum Haupteingang.
»Guten Tag, wo darf ich sie anmelden?«, sagte eine freundliche Blondine am Empfang, die offensichtlich für ihn ihre Arbeit am Computer unterbrach.
»Ich habe einen Termin bei der Elco GmbH mit Herr ...« Er zog die Visitenkarte hervor und las den Namen ab.
»Jobim«, half ihm die Empfangsdame auf die Sprünge, wobei sie das ›J‹ spanisch aussprach. Gessen versuchte sich den Laut einzuprägen. Wie eine Mischung aus ›Ch‹ und ›R‹.
»Ja, genau«, antwortete Gessen und ärgerte sich insgeheim, dass er sich den Namen seines zukünftigen Chefs so schlecht merken konnte. Aber verübeln durfte man es ihm nicht, schließlich hatte es bislang keinen Kontakt zwischen ihnen gegeben. Das Organisatorische war allein über die Mutterfirma abgelaufen, für die Gessen bis dato gearbeitet hatte. Es war ein mutiger Schritt, sich in ein fast fremdes Unternehmen versetzen zu lassen, auch wenn das Tätigkeitsfeld letztlich nicht sonderlich anders sein würde und sein Gehalt erfreulicherweise sprunghaft anstieg.
»Ja, ich schicke Herrn Gessen hoch«, sprach die Blonde vom Empfang in ihr Headset. Dann unterbrach sie die Verbindung mit einem Knopfdruck und lächelte ihn an. »Sie müssen in die fünfte Etage, dort werden Sie abgeholt.«
»Vielen Dank.« Gessen trat in die Richtung, die ihm gewiesen wurde und rief den Aufzug. Es dauerte nicht lange, bis die Metalltüren auseinander glitten und das mit getönten Spiegeln ausgekleidete Innere preisgaben. Kurz warf Gessen noch mal einen Blick zum Empfang, doch die Blonde hatte sich wieder an die Arbeit gemacht und tippte eifrig Daten in die Tastatur. Im Aufzug las er die Namensschilder der anderen Firmen. Zwei davon waren ihm bekannt - ebenfalls Tochtergesellschaften seines bisherigen Arbeitgebers. Ohne eine solche Verbindung wäre eine Bewerbung seinerseits wahrscheinlich vergebens gewesen. Gessen schüttelte den Kopf. Heutzutage lief nichts mehr ohne das berüchtigte ›Vitamin B‹. Aber ihm sollte es recht sein. So konnte er endlich mit seiner Familie den Traumurlaub buchen, den er sich schon immer gewünscht hatte.
Die Türen des Fahrstuhls öffneten sich und ein gelackter Typ sah ihn mit einem Lächeln an, das ohne weiteres für Zahnpasta hätte werben können.
»Hallo, Sie müssen Ansgar Gessen sein«, sagte der Fremde und streckte ihm
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