Julia Extra Band 0350
schnell durch seine Adern fraß und sich in seinem ganzen Körper ausbreitete. Seine Reaktion war instinktiv, eher ein Reflex … er griff nach ihr. Hektisch suchte sein säumiger Verstand nach einer Erklärung für das, was er fühlte. Wie konnte es einem Mann wie ihm, den die erotischsten Verführungsversuche der Frauen, die das Bett mit ihm geteilt hatten, ungerührt ließen, von einem harmlosen Atemzug an seiner Haut dermaßen erregt werden? Was hatte es mit dieser Frau auf sich, die seine Selbstbeherrschung zerstörte und diese primitiven männlichen Reaktionen in ihm hervorrief?
Natürlich würde er sie loslassen, schließlich gab es keinen Grund, sie festzuhalten. Und er hätte sie auch losgelassen, wenn sie nicht ausgerechnet in diesem Moment angefangen hätte, sich zu wehren. Ihre Versuche, sich loszureißen, forderten seinen männlichen Stolz heraus.
„Nein!“ Es erfüllte Lily mit Panik, wie ihr Körper auf die Nähe zu Marco reagierte – gerade so, als würde sie sich danach sehnen. Sie musste das hier beenden, bevor er merkte, welche Wirkung er auf sie hatte. Doch sie erkannte, wie der Ausdruck in seinen Augen sich schlagartig änderte. Er hatte ihre Furcht als Widerspenstigkeit fehlinterpretiert, und er hatte nicht vor, sie ungestraft davonkommen zu lassen.
Die Strafe folgte auf dem Fuß. Er presste den Mund auf ihre Lippen und ließ damit alle ihre Sinne auflodern. Es war Jahre her, seit sie das letzte Mal geküsst worden war, und nie, niemals, so. Dieser Kuss brannte sich in ihre Seele, und seine Männlichkeit fand die vollendete Ergänzung in ihrer Weiblichkeit.
Was passierte nur mit ihr? Lily hob abwehrend die Hand und riss die Augen auf, als ihre Fingerspitzen über sein Gesicht strichen. Die Fotografin, die Künstlerin in ihr wollte die Linien und Züge in diesem perfekten Gesicht erkunden. Sie wollte es. Ihre Lippen gaben nach, öffneten sich … Weil sie protestieren wollte, nur deshalb. Es konnte keinen anderen Grund geben. Und dieser kleine Laut, der aus ihrer Kehle stieg? Das war ein Ausdruck der Empörung, versicherte sie sich.
Für einen Augenblick schien es Lily, als hätten ihre beiden Körper einen eigenen Willen entwickelt, dann schob Marco sie abrupt von sich.
Was war nur los mit ihm? Er erlaubte nie, dass Gefühle sein Verhalten diktierten. Nie.
Von der anderen Seite her versuchte jemand, die Tür zu öffnen. Wortlos und ohne einander anzusehen, traten Lily und Marco gleichzeitig von der Tür zurück.
Und Marco ermahnte sich, auch Abstand zu den Emotionen zu gewinnen, die er verspürt hatte, als er Lily in den Armen gehalten und ihren Mund auf seinem gefühlt hatte. Seine ursprünglichen Zweifel an diesem Projekt waren also berechtigt gewesen. Er hätte seinem Instinkt vertrauen und sich nicht in diese Sache hineinziehen lassen sollen. Er hatte mit Problemen gerechnet, allerdings nicht mit dieser Art von Problemen. Vielmehr hatte er sich Sorgen darum gemacht, ob eine ausländische Organisation Italiens Kunst und Geschichte im Allgemeinen und der seiner Familie im Besonderen überhaupt gerecht werden konnte. Stattdessen hatte sich jetzt ein viel persönlicheres Problem ergeben …
Er warf einen Seitenblick auf Lily. Es gab keinen erkennbaren Grund, weshalb sein Körper sich ihrer derart intensiv bewusst war, oder warum seine Sinne so empfänglich auf sie reagierten, auf ihre Nähe, ihren Duft, ja sogar auf das Geräusch ihres Atems.
Mit zusammengebissenen Zähnen rief er seine Gedanken zur Ordnung und legte ihnen Zügel an. Mit der gleichen Anstrengung musste wohl in der Antike ein Streitwagenlenker seine Pferde kontrolliert haben.
Natürlich war Lily attraktiv, ja sogar schön, auf eine unaufdringliche Art. Diese stille Schönheit passte bestens zu der Rolle, die sie aktuell verkörperte. Zu der Person, die er im Studio angetroffen hatte, passte sie dagegen überhaupt nicht. Und er war sicher, dass die Frau im Studio, die Modefotografin, ihr wahres Gesicht war. Die Frage war nur, zu welcher dieser gegensätzlichen Personen fühlte er sich nun hingezogen?
Sollte er wie ein unerfahrener Teenager der lasziven Schönheit eines Pin-up-Girls verfallen sein? Gab es irgendwo tief in ihm einen Teil, der auf diesen Typ Frau reagierte? Die Vorstellung widerte ihn an, aber sie lieferte ihm auch die Antwort – selbst wenn sie schwer verdaulich war. Sein Körper war augenscheinlich ebenso empfänglich für Dr. Lillian Wrightington wie für die gewissenlose Fotografin in Jeans und
Weitere Kostenlose Bücher