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Julia Extra Band 0350

Julia Extra Band 0350

Titel: Julia Extra Band 0350 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Jordan
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gegeben hatte. „So einsam. Du lässt niemanden an dich heran. Nicht einmal mich.“
    Ich finde das sehr traurig, hatte Hannah gesagt. „Alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab, Varya.“
    Sie blickte zu ihm auf. „Ich will, dass du glücklich bist.“
    Glücklich? Sergej erinnerte sich nicht, wann er das letzte Mal Glück empfunden hatte. Befriedigung, ja. Triumph, ganz sicher. Aber ehrliche Freude? Niemals. „Kümmern wir uns erst einmal um dich“, lenkte er ab und half Varya aufzustehen. „Komm in die Wanne.“ Wie ein Kind zog er sie aus, und als sie schließlich entspannt zwischen den Schaumbergen in der Wanne lag, ließ er die Tür einen Spalt auf, um immer wieder nach ihr zu sehen.
    Es klopfte dezent an der Tür. Auf Sergejs Ruf hin trat Grigori leise ein. Er war kreidebleich bis auf das Feuermal, das der Grund gewesen war, warum man ihn als Kind ausgesetzt und auch im Waisenhaus das Leben schwer gemacht hatte.
    „Entschuldige, Sergej, es tut mir so leid. Der Wachdienst hat mich informiert, dass Varya nach dir gesucht hat, aber ich wusste nicht, dass sie im Restaurant aufgetaucht ist …“
    „Schon gut“, unterbrach Sergej seinen Assistenten. „Ich bin froh, dass sie mich gefunden hat.“
    Grigori schaute ihn besorgt an. Obwohl er Sergej nie gestanden hatte, dass er Varya liebte, war es nicht zu übersehen. „Ist sie …?“
    „Sie braucht ein Bad, eine warme Mahlzeit und zwölf Stunden Schlaf“, sagte Sergej.
    Grigori nickte. Sie wussten beide, dass Varya tatsächlich viel mehr brauchte, es aber nie annehmen würde. Das Leben auf der Straße hatte bei ihr noch viel tiefere Wunden hinterlassen als bei ihnen beiden. „Und Miss Pearl?“, erkundigte er sich zögernd.
    Sergej wich seinem Blick aus. Er glaubte immer noch, ihre zärtliche Hand auf seiner Wange zu spüren und ihre eindringlichen Worte zu hören. Sie hatte wirklich an ihn glauben wollen. Und er war froh, wenigstens diese Illusion zerschlagen zu haben. Entschlossen schaute er Grigori an. „Bitte sorg dafür, dass sie morgen Visum und Pass bekommt. Ich habe nicht vor, sie noch einmal wiederzusehen.“

5. KAPITEL
    Ein Jahr später
    Sergej blickte düster auf die Skyline von Manhattan, während seine Verhandlungspartner am Konferenztisch mit ihren Unterlagen raschelten.
    „Mr Kholodov …?“
    Widerstrebend widmete er den versammelten Vorstandsmitgliedern, die ihn ein wenig verunsichert ansahen, wieder seine Aufmerksamkeit. Er stand im Begriff, ihre Firma aufzukaufen, und dieses Meeting diente eigentlich nur der Unterzeichnung der fertigen Verträge. Er gab dem Mann, der ihm am nächsten saß, ein Zeichen.
    „Ich bin bereit, zu unterschreiben.“
    Mechanisch setzte er seine schwungvolle Unterschrift unter ein halbes Dutzend Dokumente, in Gedanken immer noch bei der eindrucksvollen Skyline.
    Hadley Springs … etwa vier Stunden nördlich von New York.
    Auch ein Jahr danach hatte er jede Einzelheit jenes Abends in Erinnerung. Alles, was Hannah Pearl betraf.
    Er schob die Papiere weg und lauschte nur mit halbem Ohr, als die wesentlichen Vertragspunkte noch einmal referiert wurden. Was bedeutete ihm schon eine weitere Firma? Rastlos stand er auf und ging zu dem Panoramafenster mit Blick auf den Central Park.
    „Reden Sie nur weiter“, sagte er mit dem Rücken zum Konferenztisch. „Ich höre Ihnen zu.“
    Tatsächlich aber war er mit seinen Gedanken ganz woanders. Ob sie immer noch so naiv und optimistisch und offen war wie an jenem Abend?
    Du bist ein besserer Mann, als du denkst.
    Er hörte ihre Stimme, als wäre es gestern gewesen. Vielleicht hatte das Leben sie inzwischen ja auch eines Besseren belehrt. Ob sie immer noch den Laden betrieb? Sie strickte nicht einmal gern und hatte dennoch aus Loyalität zu ihren Eltern … und vielleicht auch aus ungerechtfertigtem Optimismus … an dem kleinen Laden festgehalten. Aber Sergej wusste als erfahrener Geschäftsmann, dass sich ein winziger Laden mitten im Nirgendwo auf die Dauer nicht halten konnte.
    Hatte sie sich also schließlich etwas anderes gesucht? Irgendwo anders ein Leben aufgebaut? Vielleicht hatte sie ja tatsächlich ihr Studium wieder aufgenommen … oder war sogar verheiratet.
    Ich wüsste ja gar nicht, wohin ich gehen sollte.
    Erstaunlich, an was er sich alles erinnerte. Wie oft er noch an sie dachte. Wie viel ein einziger Abend verändert hatte.
    Einige Monate, nachdem Hannah – dank Grigoris Hilfe ausgestattet mit Ersatzpapieren und einem Erste-Klasse-Flugticket nach

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