Julia Extra Band 0354
sollte.
„Ach, Scheich Kaden, da sind Sie ja. Dr. Julia Somerton wird gleich ihren Vortrag halten. Sie hat in Burquat für ihre Abschlussarbeit geforscht. Vielleicht kennen Sie sich von damals? Inzwischen ist sie dafür zuständig, Drittmittel für archäologische Forschungen weltweit zu verwalten.“
Kaden musterte den rotgesichtigen Mann, der sich durch die Menge zu ihm vorgearbeitet hatte, und nickte vage. Der Geschäftsführer hatte ihn eingeladen, weil er sich davon Spendengelder erhoffte. Kaden versuchte zu verbergen, wie sehr es ihn schockiert hatte, den Namen Julia zu hören, und redete sich ein, es könne sich gar nicht um dieselbe Frau handeln. Zwar war er in Burquat nie wieder einer Julia begegnet, aber schließlich kamen viele ausländische Studenten in sein Heimatland. Und sein Interesse an Ausgrabungen war schlagartig erloschen, nachdem Julia das Emirat verlassen hatte.
Welch eine Ironie des Schicksals, dass er bei seinem ersten Ausflug in die Welt der Archäologie nach zwölf Jahren wieder auf eine Julia treffen musste. Diese hier hieß allerdings Somerton, nicht Connors. Vielleicht hatte sie inzwischen geheiratet. Er war ja schließlich auch verheiratet gewesen. Beim Gedanken an seine Ehe stieg kalte Wut in ihm auf, die er jedoch sofort im Keim erstickte. Er gehörte eigentlich nicht zu den Menschen, die sich ständig mit der Vergangenheit befassten.
Und doch wurde er jetzt wieder mit ihr konfrontiert. Falls es sich wirklich um Julia handelte. Urplötzlich schlug sein Herz schneller. Das Stimmengewirr im Saal verstummte. Die Welt schien für einen Sekundenbruchteil stillzustehen, als Kaden die schlanke Frau im schwarzen Cocktailkleid erblickte, die soeben die Stufen zum Podium heraufstieg. Julia! Sie war es tatsächlich! Sofort erinnerte er sich, dass er sie aus erotischer Lust auf ein Podest gehoben und gerade noch rechtzeitig erkannt hatte, dass sie dort nichts zu suchen hatte. So war ihm der größte Fehler seines Lebens erspart geblieben.
Schnell schüttelte er die verstörend lebhaften Erinnerungen ab und musterte die Julia von heute. Ihre rauchige Stimme hatte ihn schon bei ihrer ersten Begegnung fasziniert. Damals trug sie ein T-Shirt und staubige enge Jeans, das lange Haar fiel ihr lockig über die Schultern. Eine Art Tropenhelm schützte ihr Gesicht vor der brennenden Sonne. Ihre natürlich-sinnliche Figur hatte ihm die Sprache verschlagen. Und jetzt war sie womöglich noch schöner. Ihr Gesicht war schmaler geworden und die Wangenknochen traten stärker hervor. Die runden mädchenhaften Züge waren verschwunden und auch ihr Körper war schmaler geworden, doch der V-Ausschnitt ihres Kleides ließ ein verführerisches Dekolleté erahnen. Im Gegensatz zur Julia von damals wirkte die Frau auf dem Podium fast zerbrechlich.
Mit dem neunzehnjährigen Mädchen, das er in der staubigen Wüste getroffen und dessen Anblick sich unauslöschlich in seiner Erinnerung eingebrannt hatte, war diese elegante Erscheinung wirklich nicht zu vergleichen. Ihr langes blondes Haar war im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden; ein tiefer Seitenscheitel verlief bis hinter das Ohr, sodass ihr das Haar schräg über die Stirn fiel. Doch auch das elegante Äußere konnte nicht verhindern, dass ein erotischer Film vor Kadens geistigem Auge ablief und ihn in Erregung versetzte.
Sonderbar, dass er so heftig auf eine Exgeliebte reagierte! Es war ihm unbegreiflich. Allerdings musste er widerstrebend zugeben, dass keine andere Frau nach Julia ihn je wieder so erregt hatte. Nur bei ihr hatte er völlig die Kontrolle über sich verloren – jedes Mal. Nie wieder hatte die Eifersucht ihn fast zerfressen, so wie damals, als er Julia in den Armen eines anderen Mannes überrascht hatte, der sie geküsst, seinen Körper an ihren gepresst hatte. Auch dieses Bild quälte ihn jetzt. Er war zu benommen sich zu fragen, was das zu bedeuten hatte.
Diese Frau hatte ihn gelehrt, nie wieder seinen natürlichen Bedürfnissen zu folgen, sondern stets auf seinen Verstand zu hören. Doch bei ihrem Anblick geriet dieser Vorsatz empfindlich ins Wanken. Die Heftigkeit, mit der die Erinnerungen auf ihn einstürmten, verwirrte ihn. Es machte ihn geradezu wütend, dass Julias bloße Anwesenheit solche Emotionen entfesseln konnte.
Als eine Bemerkung von ihr plötzlich amüsiertes Gelächter bei den Zuhörern hervorrief, presste Kaden wütend die Lippen zusammen. Angespannt erklärte er dem Geschäftsführer, der noch immer neben ihm stand, er
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