Julia Extra Band 356 - Ebook
Augenschein nahm. Die Außengastronomie im Schatten von Bäumen und Sonnenschirmen machte einen Großteil seines Geschäftes aus, wobei nicht zuletzt der Duft von frischen Kräutern, die in Terrakottakübeln zwischen den Tischen gepflanzt waren, für ein angenehmes Ambiente sorgte. Die Küche war schlicht und mediterran mit einem Schwerpunkt auf Salaten. Tina merkte sich sofort eine einfache Vinaigrette aus Olivenöl, Balsamico und Honig, mit der sie in Zukunft etwas Flair von Athen nach Australien tragen wollte.
Genau wie ihre Mutter wartete Tina gespannt auf die Ankunft von Cassandra und George. Viel zu lange hatte sie ihre Schwester nicht mehr gesehen. Zwar hatte Cass sie zusammen mit George vor sechs Monaten in Sydney besucht, aber danach hatten internationale Aufträge die beiden durch die halbe Welt geführt. Jetzt waren sie gerade aus London eingeflogen, um eine Nacht in Athen zu verbringen, bevor sie nach Patmos weiter wollten, der Insel, auf der Georges Familie lebte.
„Da sind sie ja!“, rief Helen Savalas plötzlich.
Tina blickte auf … und erstarrte erschrocken.
Ja, da war ihre schöne Schwester, von Kopf bis Fuß das strahlende Supermodel. Dicht an ihrer Seite ging George Carasso, ganz der stolze Bräutigam, der den Blick nicht von seiner hinreißenden Braut lassen konnte.
Und neben ihm ging lässig und selbstbewusst … Ari Zavros.
„Ist das nicht der Mann, den wir in Dubai gesehen haben?“, flüsterte Helen Savalas ihrer Tochter überrascht zu.
Tina brachte kein Wort heraus. Wie konnte es passieren, dass sie ihm schon wieder begegnete, noch dazu, wo er jetzt von Theo wusste?
Alle waren aufgestanden und umringten das junge Paar, um es zu umarmen und zu küssen. Ari wurde als Georges Cousin und Trauzeuge vorgestellt. Sein Trauzeuge! dachte Tina entsetzt, denn sie war Cassandras einzige Brautjungfer und Trauzeugin. Der Albtraum, in den sie sich selber bugsiert hatte, wurde immer schlimmer, und es war kein Ende in Sicht. Wie sollte sie die Hochzeit ihrer Schwester unter den Umständen noch genießen können, wenn sie sowohl bei der Zeremonie als auch beim Empfang Aris Partnerin sein musste?
Wenn sie in Dubai nicht mit der Wahrheit herausgeplatzt wäre, hätte sie ihre frühere kurze Liaison vielleicht diplomatisch übergehen können. Darauf konnte sie jetzt nicht mehr hoffen. Ganz und gar nicht, wenn das herausfordernde Aufleuchten in Aris Augen ein Hinweis war, als er sich ihr nun zuwandte.
„Und das ist deine Schwester?“, fragte er Cass, die ihn sofort vorstellte.
„Ja. Tina! Wie schön, dich wiederzusehen!“ Cassandra umarmte ihre Schwester überschwänglich. „George und ich übernachten heute in Aris Athener Wohnung. Als wir ihm sagten, dass wir dich hier treffen, hat er darauf bestanden, mitzukommen, damit ihr auf der Hochzeit keine Fremden mehr seid.“
Keine Fremden! Er hatte also die Katze noch nicht aus dem Sack gelassen. Tina hoffte inständig, dass er es vorzog, es dabei zu belassen.
Cass hatte sich inzwischen Theo zugewandt, hob ihn hoch und drehte sich stolz mit ihm zu Ari um. „Und das ist mein Neffe Theo, der unser Blumenjunge sein wird.“
Ari lächelte Theo an. „Deine Tante Cassandra hat mir schon verraten, dass du diese Woche Geburtstag hast.“
Er hat bereits Erkundigungen eingezogen, dachte Tina erschrocken.
Ihr kleiner Sohn hielt stolz eine Hand hoch. „Ich werde fünf!“
„Und ich habe auch diesen Monat Geburtstag“, sagte Ari. „Da sind wir ja beide Leos.“
„Nein, ich heiße Theo, nicht Leo“, widersprach der Junge ernst.
Alle lachten, und Theo sah sich verwirrt um.
„Ari hat nicht deinen Namen gemeint, mein Schatz“, erklärte ihm Cassandra. „Je nach Geburtstag sind wir alle unter einem Sternzeichen geboren, und das Sternzeichen für deinen Geburtstag ist Leo, der Löwe. Und du hast auch noch bernsteinfarbene Augen, ganz wie ein Löwe.“
Sofort deutete Theo auf Ari. „Seine Augen haben dieselbe Farbe wie meine.“
Tina hielt den Atem an. Ihr Herz pochte wie wild. Dies war wirklich nicht der geeignete Ort oder Zeitpunkt für Ari, sich als Theos Vater erkennen zu geben!
„Da siehst du es, wir sind eben beide richtige Löwen, und ich freue mich sehr, dich kennenzulernen“, antwortete Ari ganz selbstverständlich und schüttelte dem Kleinen die Hand. „Und deine Mutter.“
Ihr fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Wie es aussah, meldete er noch keinen Anspruch auf die Vaterschaft an. Vielleicht würde er ja ganz darauf verzichten.
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