Julia Extra Band 357
Kind adoptierte, sollte es auch verheiratet bleiben. Da sie zu aufgewühlt war, um etwas zu erwidern, wandte sie sich ab und ging duschen. Beim Abtrocknen ließ sie sich alles noch einmal durch den Kopf gehen. Und sie musste sich eingestehen, dass sie sich hoffnungslos in Raja al-Somari verliebt hatte! Sie mochte alles an ihm: seine Stärke, seine Intelligenz, seinen Großmut. Er beschützte sie, war verständnisvoll und tolerant. Inzwischen war er für sie nicht mehr nur der wahnsinnig attraktive, verführerische Typ, sondern der Mann, den sie zu lieben gelernt hatte, obwohl sie sich dagegen gewehrt hatte.
Die Decke, die sie abends immer zwischen sie beide ins Bett legte, befand sich tagsüber im Kleiderschrank. An diesem Abend sah Ruby allerdings keinen Anlass dafür, eine Barriere zu errichten. Tatsächlich war sie sich nicht sicher, wer von ihnen diese am meisten gebraucht hatte.
Als Raja dreißig Minuten später ins Bett gehen wollte, fiel ihm zuerst die fehlende Decke auf. Im Halbdunkel legte er sich auf seine Seite. Genauso gut könnte dort eine hohe Mauer sein, überlegte er. Auf keinen Fall sollte Ruby denken, er würde eine Gegenleistung für seine Unterstützung beim Adoptionsverfahren erwarten. Dass das Kind ihr so am Herzen lag und sie bereit war, in ihrem Alter schon Mutter zu werden, während die meisten Frauen an ihrer Stelle das Luxusleben ausgekostet hätten, beeindruckte ihn sehr.
Ruby lag ebenfalls wach. Sie verspürte starkes Verlangen. Außerdem war ihr klar, dass es äußerst unklug gewesen wäre, wieder miteinander zu schlafen, bevor Raja und sie alles andere geklärt hatten. Trotzdem sehnte sie sich verzweifelt danach, dass er ihre unausgesprochene Einladung annehmen würde.
Er tat es jedoch nicht, und sie wälzte sich unruhig hin und her. Die Stunden vergingen, während sie an die kleine Leyla dachte. Ob man ihnen erlauben würde, das Mädchen zu sich zu nehmen, und Raja es auch irgendwann lieben würde? Eigentlich hätte sie ausführlicher mit ihm darüber sprechen sollen. Sie musste das Zusammenleben noch lernen, während es ihm offenbar leichter fiel. Und sie fühlte sich wie gerädert, als sie am nächsten Morgen aufwachte und ihr einfiel, dass sie Najar an diesem Tag zum ersten Mal besuchen und Rajas Familie kennenlernen würde.
9. KAPITEL
„Wajid meint, es würde uns eine fantastische Publicity verschaffen, wenn wir ein Kind aus Ashuri adoptieren“, eröffnete Raja ihr, als sie am nächsten Vormittag zum Flughafen fuhren. „Die Leiterin des Waisenhauses freut sich über unsere Entscheidung, zumal sie hofft, dass andere unserem Beispiel folgen werden.“
„Du hast ja wirklich viel bewegt“, bemerkte Ruby ein wenig schuldbewusst, weil er sich so für sie einsetzte. Nachdem sie im Morgengrauen aufgewacht war, Rajas gewohnter Aufstehzeit, war ihr so übel gewesen, dass sie sich gleich wieder hingelegt und dann prompt verschlafen hatte. Wahrscheinlich hatte sie nur eine Magenverstimmung gehabt, denn jetzt ging es ihr wieder gut. Oder war sie tatsächlich schwanger? Und wenn ja, wann würde sie es erfahren? Und vor allem wie, ohne dass irgendjemand es mitbekam?
Sie erschrak, als sie feststellte, dass sie vor dem Waisenhaus gehalten hatten.
„Ich möchte Leyla endlich richtig kennenlernen“, verkündete Raja, als er merkte, wie überrascht sie war. „Und du freust dich bestimmt, wenn du sie vor unserer Abreise noch einmal sehen kannst.“
Die Baldwins empfingen sie am Eingang, um sich für die großzügig bemessene Summe zu bedanken, die Raja für das Waisenhaus gespendet hatte. Er hatte es ihr nicht erzählt, und Ruby spürte sein Unbehagen über die Dankbarkeit der beiden. Man führte sie in ein Büro, wo Leyla zu ihnen gebracht wurde. Freudestrahlend lief sie auf Ruby zu, blieb jedoch stehen, als sie Raja sah. Daraufhin ging er in die Hocke und holte einen kleinen Ball aus der Hosentasche. Zögernd nahm sie ihn, während sie Raja argwöhnisch betrachtete. Aber er wirkte ganz locker und plauderte lächelnd mit ihr, bis sie zu kichern begann.
„Du kannst aber gut mit Kindern umgehen“, stellte Ruby erstaunt fest.
„Kein Wunder. Meine Schwestern haben zusammen fünf Kinder und meine Cousinen und Cousins bestimmt an die dreißig.“ Nun stand er auf und nahm Leyla auf den Arm. Zufrieden nuckelte sie am Daumen.
Dass er sich so viel Mühe gab und so nett zu der Kleinen war, verstärkte Rubys Gefühle für ihn. Dass er ihre Schwäche in der Wüste ausgenutzt hatte, spielte
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