Julia Extra Band 361
Wein ein. Plötzlich fühlte sie sich rastlos.
Vielleicht hätte sie vorher genauer überlegen sollen, auf was sie sich einließ. Es war ja nicht das erste Mal, dass ihr impulsives Wesen sie in Schwierigkeiten brachte. Ob es zu spät für einen Rückzieher war?
Aber der Gedanke an das Geld minderte ihre Zweifel. Sie musste das Ganze nur als Job betrachten – ein Sechsmonatsvertrag, nach dessen Auslaufen sie mit einem goldenen Handschlag verabschiedet wurde.
Allerdings hatte sie die dumme Angewohnheit, Probleme anzuziehen. Aber sollte sie sich deshalb auf ewig von Umständen herumschubsen lassen, über die sie keine Kontrolle hatte? Konnte sie denn etwas dafür, dass ihre Mutter Gisele abgegeben und sie behalten hatte? Nein, sie wollte nicht auf ihre Zwillingsschwester neidisch sein, trotzdem meldete sich das Gefühl, den Kürzeren gezogen zu haben. Gisele war immer gut versorgt gewesen, hatte Privatschulen besucht und in exotischen Ländern Urlaub gemacht. Sie war in einem großartigen Haus aufgewachsen, hatte nicht alle paar Monate ihre Sachen packen und weiterziehen müssen, wenn jemand mal wieder die Trägheit oder die vorlaute Art ihrer Mutter nicht länger dulden wollte. Gisele hatte einen Vater gehabt, der sie beschützt und vor allem Übel bewahrt hatte.
Sienna dagegen hatte sehr viel schneller als andere erwachsen werden müssen. Früh hatte sie gelernt, dass man sich auf niemanden verlassen konnte, dass jeder nur auf den eigenen Vorteil bedacht war.
Deshalb war sie genauso geworden.
Sie würde jeden Penny aus dieser Geschichte rausholen, den sie bekommen konnte. Und dann würde sie aus Andreas’ Leben verschwinden. Für immer.
Als Andreas von der Arbeit nach Hause kam, fand er Sienna auf der Ledercouch im Wohnraum. In der einen Hand hielt sie ein Glas Wein, in der anderen die Fernbedienung für den großen Flachbildschirm. Das Haar hatte sie in einem Pferdeschwanz zusammengefasst, sie trug eine schwarze Jogginghose und ein pinkfarbenes T-Shirt mit rundem Ausschnitt, das ihr von einer Schulter gerutscht war und gebräunte Haut freigab. Barfuß und mit rosa Nagellack auf den Zehennägeln sah sie unglaublich jung und absolut zum Anbeißen aus.
„Harter Tag im Büro?“ Sie sah nicht einmal zu ihm hin, zappte weiter durch die Kanäle.
„Könnte man sagen.“ Andreas zog sich die Krawatte herunter, schüttelte das Jackett von den Schultern und warf beides achtlos auf das andere Ende des Sofas. „Du fühlst dich schon richtig wie zu Hause, was?“
Sie nippte an ihrem Wein, bevor sie antwortete. „Und wie! Dein Wein ist wirklich gut. Und deine Haushälterin mag ich auch. Wir sind schon dicke Freunde geworden.“
„Man freundet sich nicht mit dem Personal an.“ Er runzelte die Stirn. „Die Leute machen ihre Arbeit und werden dafür bezahlt. Mehr wird von ihnen nicht verlangt.“
Sienna stand auf und kam mit ihrem schlenkernden Gang auf ihn zu. Die pure Provokation funkelte in ihren Augen, als sie sich vor ihn hinstellte. Das Ziehen in seinen Lenden wurde schmerzhaft, er musste sich zusammennehmen, um sie nicht an sich zu reißen und ihr zu zeigen, wie stark sein Verlangen nach ihr war. Er hatte beschlossen, dass er sie haben würde … aber wenn er es wollte und nicht, weil sie ihn manipulierte.
„Hast du schon gegessen?“
„Was ist das? ‚Pflichten einer Ehefrau, Lektion eins‘?“, spöttelte er.
Sie zuckte mit einer Schulter – der nackten! – und zog einen Schmollmund. „Ich wollte nur freundlich sein. Du siehst irgendwie müde aus.“
„Wahrscheinlich, weil ich seit der Testamentsverlesung nicht mehr richtig geschlafen habe.“ Er fuhr sich über das Kinn, das dringend eine Rasur brauchte, ging zum Barschrank und goss sich ein Glas aus der Weinflasche ein, die Sienna angebrochen hatte. „Die Heiratsgenehmigung liegt vor. Für Freitag.“
Ihre Augen weiteten sich unmerklich, doch ihr Tonfall war Unverschämtheit pur. „Du arbeitest schnell, wenn du etwas willst, was, Playboyprinz?“
„Warum die Dinge unnötig hinauszögern? Je eher wir heiraten, desto schneller können wir uns wieder scheiden lassen.“
„Klingt nach einem guten Plan.“ Sie drehte sich das Ende ihres Pferdeschwanzes um den Finger. „Was hast du Elena über uns erzählt?“
„Nur, dass wir so schnell wie möglich heiraten wollen. Wieso?“
„Sie scheint zu glauben, wir seien hoffnungslos ineinander verliebt.“
Er trank einen Schluck Wein. „Das sind die meisten Leute, wenn sie
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