Julia Extra Band 365
Schwester zu sein.“
Tosender Applaus setzte ein, während Kate allen ihr wunderbares Lächeln schenkte und die Tribüne verließ.
„Du warst großartig“, lobte Brody hingerissen.
Mit ihrer kurzen, aber eindringlichen Rede hatte sie es geschafft, die Menschen mit ihren Worten zu berühren.
Er mochte sie, mochte sie so sehr …
Jetzt musste er Kate endlich sagen, wer er war und warum er die Begegnung mit ihr in die Wege geleitet hatte. Auch in seiner Praxis erlebte er immer wieder, dass selbst eine niederschmetternde Wahrheit den Patienten half. Dann konnten sie eigene Entscheidungen treffen und sich mit der Wirklichkeit auseinandersetzen. Man musste Vertrauen in die seelische Kraft eines Menschen haben.
„Ich bin froh, dass ich es geschafft habe, ohne zu weinen“, gestand sie, und ihre Augen schimmerten feucht. „Manchmal fällt es mir immer noch sehr schwer, über Andrew zu sprechen.“
„Das verstehe ich gut.“ Brody hakte sie unter und führte sie durch den Saal zum Büfetttisch zurück.
Vielleicht konnten sie sich vor dem Essen für einige Minuten aus dem Raum stehlen und reden? Oder wäre es besser, bis nach dem Fest zu warten und dann in aller Ruhe mit Kate zu sprechen?
Plötzlich stand an einem der Tische ein Soldat auf und wandte sich freudestrahlend an Kate. „Hallo, Katie. Ist das schön, dich zu sehen!“
„Artie!“, rief sie überrascht. „Das ist ja eine halbe Ewigkeit her, seit wir uns zuletzt getroffen haben.“ Sie machte sich von Brody los und umarmte den Soldaten herzlich. „Wie geht es dir?“
Brody kannte das Gesicht. Er hatte es verbunden. An dem Tag, als Andrew starb.
„Ach, mir geht es ausgezeichnet“, antwortete Artie und blickte an ihr vorbei. Seine Augen wurden plötzlich groß. „Doc? Sind Sie das wirklich? Wow, ich hätte Sie fast nicht erkannt mit Jackett und Krawatte.“
„Schön, Sie zu sehen!“, meinte Brody und gab dem Soldaten die Hand.
Dass Artie es geschafft hatte, wieder völlig gesund zu werden, war eine bessere Belohnung als jede noch so großzügige Bezahlung!
Trotz seiner Freude betete Brody darum, dass Artie nicht mehr sagen würde.
Er wollte nicht, dass Kate es auf diese Weise erfuhr. Quasi im Vorbeigehen. Nein, er brauchte ausreichend Zeit, um die richtigen Worte zu finden.
Hier unter all den vielen Leuten war weder die richtige Zeit noch der richtige Ort für ein so bedeutsames Gespräch.
„Wir sollten noch einmal kurz zum Desserttisch“, wandte er sich an Kate. „Ich glaube, wir haben vorhin vergessen, eine Kuchenschachtel auszupacken.“
„Richtig.“ Sie drückte Artie die Schulter. „Wir sehen uns später und unterhalten uns, einverstanden?“
„Aber gern“, versicherte der junge Mann und setzte sich wieder zu seinen Kameraden.
An den Büfetttischen drängten sich bereits die ersten hungrigen Gäste. Hier war kein ungestörtes Gespräch mehr möglich.
„Dass du Artie auch kennst!“, meinte Kate. „Die Welt ist wirklich klein. Wie hast du ihn kennengelernt?“
„Er war … mal mein Patient“, antwortete Brody ausweichend.
„Und du erinnerst dich an ihn? Da hast du ja ein tolles Personengedächtnis.“
„Manche Menschen vergisst man eben nicht.“ Das war eine absolute Binsenwahrheit, und er wusste es. „Kate, könnten wir vielleicht woandershin gehen? Ich muss dir unbedingt etwas sagen.“
So, nun hatte er den Sprung ins kalte Wasser gewagt.
„Ich kann hier nicht weg, Brody. Zum einen habe ich General Martin versprochen, an seinem Abschiedsfest teilzunehmen, und zum anderen freue ich mich wirklich darauf, Andrews Kameraden zu treffen. Bleib bitte bei mir! Die Jungens beißen schließlich nicht, sondern sind sehr zivilisiert.“
„Nein, ich kann nicht … Ich … muss unbedingt mit dir reden, Kate.“
Sie legte ihm die Hand auf den Arm. „Ist alles in Ordnung? Du siehst plötzlich ganz blass aus.“
„Nein, nichts ist in Ordnung“, stieß er verzweifelt hervor. „Gar nichts!“
„Warum nicht?“, fragte sie sanft.
Nun war es soweit. Endlich war ihm absolut klar, dass er Kate einen schlechten Dienst erwies, wenn er ihr die Wahrheit weiterhin verschwieg.
Brody atmete tief durch. „Ich habe doch vorhin im Auto einen Patienten erwähnt, den ich bei meinem letzten Einsatz für Medizin ohne Grenzen verloren habe.“
„Ja, und?“
„Das war jemand, den du kennst.“
„Ich?“ Sie sah ihn erstaunt an.
Inzwischen kamen die Gäste am Büfett immer näher.
„Kate, kommst du bitte irgendwohin mit, wo
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