Julia Extra Band 366
kein Wort gesagt, um sich zu verteidigen. Andererseits war das der Zweck der Sache gewesen. Wenn sie die einstweilige Verfügung missachtet hätte, Stillschweigen zu bewahren, wäre sie im Gefängnis gelandet.
Er erinnerte sich an das verweinte Gesicht der betrogenen Ehefrau auf einem der Fotos. Was für ein Gegensatz zu Lucy Fitzgerald, die sich im Blitzlichtgewitter kühl und gefasst gezeigt hatte.
Normalerweise hätte Santiago so eine Story nicht weiter als bis zur ersten Zeile gelesen, aber er war gerade zu der Zeit in einer ähnlichen Situation wie der Werbeleiter gewesen, der vor Gericht gegangen war, um sich vor Lucy Fitzgerald zu schützen.
Die Frau, die Geld aus ihm hatte herausholen wollen – Santiago hatte vergessen, wie sie geheißen und wie sie ausgesehen hatte –, war eher opportunistisch als skrupellos gewesen. Und er war unverheiratet und machte sich nicht viel daraus, was die Leute von ihm dachten. Dadurch war er nicht so verwundbar gewesen wie Lucy Fitzgeralds Opfer. Der Werbeleiter hatte der Drohung seiner Geliebten, ihn bloßzustellen, nicht nachgegeben. Stattdessen hatte er eine einstweilige Verfügung beantragt, durch die ihr verboten worden war, sich zu äußern.
Erpressung war die Tat von Feiglingen, und eine Frau wie Lucy Fitzgerald verkörperte alles, was Santiago verachtete. Weshalb das Gesicht seiner eigenen Möchtegernerpresserin längst vergessen war, während das madonnenhafte Gesicht der hartherzigen Engländerin ihm im Gedächtnis haften geblieben war. Und ihr Körper auch.
Mir und dem Rest der männlichen Bevölkerung ist sie ins Gedächtnis gebrannt, dachte Santiago und verzog spöttisch den Mund, während er den Blick über die üppigen Rundungen wandern ließ, die sich unter dem Top und dem Rock aus Baumwolle abzeichneten. Die Frau hatte einen Körper, der dazu aufforderte, sündhafte Vermutungen anzustellen.
Für seinen Geschmack machte sie es allzu auffällig, aber Santiago konnte verstehen, warum sein Bruder, der leicht zu beeindrucken war, sich in sie verliebt hatte.
Und er hatte gedacht, Ramons neue Freundin würde einen positiven Einfluss auf ihn ausüben! Santiago unterdrückte ein bitteres Lachen. Positiv? Wenn Lucy Fitzgerald auch nur ein bisschen ihrem schlechtem Ruf gerecht wurde, war sie durch und durch verdorben!
Fast wehmütig dachte Santiago an die hohlköpfigen, hübschen, aber im Grunde harmlosen Partygirls, vor denen sich sein Bruder bis jetzt hatte selbst retten müssen. Santiago war ihm nicht zu Hilfe gekommen, weil er meinte, dass Ramon aus seinen Erfahrungen lernen würde. Das hier war jedoch eine völlig andere Situation. Er durfte nicht zulassen, dass Ramon ein Opfer dieser Frau wurde.
Hatte sie sich Ramon gezielt ausgesucht?
Das hielt Santiago für wahrscheinlich. Eine Femme fatale wie sie sah in seinem jüngeren Bruder wohl eine leichte Beute.
Wusste Ramon über ihre Vergangenheit Bescheid? Oder kannte er zumindest ihre entschärfte Version davon, in der zweifellos sie das unschuldige Opfer war? Bestimmt konnte sie sehr überzeugend sein, und sie hatte ihm offensichtlich völlig den Kopf verdreht. Andererseits, warum sollte sie ihre Vergangenheit wieder aufleben lassen, wenn Ramon doch noch ein Teenager gewesen war, als die Story Schlagzeilen gemacht hatte?
Ein Teenager!
Wütend presste Santiago die Lippen zusammen. Sie war nicht nur eine habgierige, durch und durch verdorbene Frau, die nur hinter dem Geld der Männer her war, sondern sie hatte auch ein Verhältnis mit seinem Bruder angefangen. Wie alt war sie eigentlich? Sie musste … um die dreißig sein, oder?
Santiago musste seinem Bruder recht geben, als er sein Pferd am Bachufer anhielt. Er hatte nicht übertrieben: Es war berechtigt, wenn er sie „Göttin“ nannte. Zutiefst unmoralisch, aber atemberaubend schön, sogar barfuß und in einem einfachen Baumwollrock. Bei jeder anderen Frau hätte Santiago angenommen, dass sie nicht wusste, wie durchsichtig der Rock war, wenn die Sonne direkt darauf schien. Lucy Fitzgerald hingegen hatte mit Sicherheit einkalkuliert, dass sich ihre wohlgeformten Schenkel unter dem dünnen Stoff abzeichneten.
Dass sie ihn nicht bemerkte, nutzte Santiago aus, um sie zu mustern. Sie war groß, hatte lange Beine und eine Sanduhrfigur. Die Blondine verströmte Sex, und Santiago ärgerte sich darüber, dass sein Körper auf ihren Anblick reagierte.
Während er sie beobachtete, schob sie die Hand in den Ausschnitt ihres Tops und versuchte, den BH-Träger
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