Julia Extra Band 366
ist?“
„Ich habe Kopfschmerzen“, gab sie zu.
„Erinnerst du dich, was passiert ist?“
„Natürlich. Ich bin heruntergefallen.“
„Santana hat dich abgeworfen.“
„Na schön, er hat mich abgeworfen. Weil ich die Kontrolle verloren habe, als ihn dieses kleine Schwein erschreckt hat.“ Tatsächlich war es ziemlich groß gewesen.
Dass Lucy wegen eines der im Wald lebenden Wildschweine nur ärgerlich das Gesicht verzog, ließ Santiago erstaunt blinzeln.
„Ich bin eine gute Reiterin. Ich reite schon mein ganzes Leben.“ Ihr wurde schummerig, und sie kämpfte dagegen an, indem sie einen Punkt hinter Santiago fixierte.
Forschend musterte er sie. „Bist du hart mit dem Kopf aufgeschlagen? Hattest du das Bewusstsein verloren, oder hast du mich kommen hören?“ Sie schwankte, und Santiago nahm an, dass sie nur aus reiner Halsstarrigkeit noch aufrecht sitzen konnte.
„Ich war … ich konnte nicht …“ Lucy vergaß, was sie sagen wollte. Ihr fielen die Augen zu.
Überzeugt, dass er es wenigstens mit einer Gehirnerschütterung zu tun hatte, streckte er die Arme aus, um Lucy aufzufangen. In dem Moment öffnete sie ihre tiefblauen Augen und sah ihn verwirrt an.
8. KAPITEL
„Es hat keinen Zweck, noch länger zu warten.“
Wenn er Lucy vor sich in den Sattel setzte und festhielt, konnten sie in ein paar Minuten im Schloss sein. Sie wären schon dort, wenn er nicht angenommen hätte, dass Hilfe unterwegs sei. Santiago stand auf, drehte sich um und schnippte dabei mit den Fingern. Nur kam das Pferd nicht. Ramons Wallach war nirgendwo zu sehen.
Santiago fluchte leise.
„Wir haben beide ein Pferd verloren.“
„Danke, dass du mich darauf hinweist, Lucy. Das ist sehr hilfreich.“
Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie, bis Lucy verlegen wurde. „Was ist?“, fragte sie gereizt.
„Ich habe nur über die Alternativen nachgedacht …“
Sie war so überrascht, dass sie sich nicht wehrte, als er sie fast ohne Anstrengung hochhob. Erst einen Moment später brachte sie atemlos heraus: „Was machst du denn da?“ Abgesehen davon, dass er ihr seine Kraft demonstrierte, von der Lucy sich – die ja keine kleine Frau war – nicht beeindrucken lassen wollte. Schließlich hatte sie nie davon geträumt, in den starken Armen eines Mannes geborgen zu sein.
Schon gar nicht in den starken Armen dieses Mannes!
„Ich verschwende nicht noch mehr Zeit mit Warten.“ Auf Hilfe, die anscheinend nicht kam.
Als Santiago mit Lucy auf dem Arm auf den Waldweg zuging, klammerte sie instinktiv die Hände um seinen Hals.
„Es wäre nett, wenn ich atmen könnte.“
Ihre Aufmerksamkeit wurde völlig von dem warmen, durchtrainierten Männerkörper beansprucht, an den sie gedrückt war. Deshalb dauerte es peinlich lange, bis Lucy auf die trockene Bemerkung reagierte. „Sehr witzig“, murmelte sie und lockerte den Griff.
„Schmollst du?“, hörte sie Santiago irgendwann fragen. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
„Nein, mir tut der Kopf weh“, gestand sie, zu müde, um die Augen zu öffnen.
Beim Anblick ihres blassen Gesichts ging Santiago schneller.
Als er die Stallungen erreichte, schaute er sich frustriert auf dem verlassenen Hof um, wo es normalerweise um diese Tageszeit wie im Bienenstock wimmelte.
Santiago nahm die Abkürzung zwischen den Wirtschaftsgebäuden hindurch und über den Rasen und betrat das Schloss durch die große Flügeltür an der Vorderseite. In der Eingangshalle war niemand. Er wollte gerade rufen, als Josef erschien. Sonst unerschütterlich, brachte es ihn vorübergehend aus der Fassung, seinen Arbeitgeber mit einer schläfrigen Frau in den Armen zu sehen.
„Wo ist mein Bruder?“
„Der Arzt ist bei ihm. Es geht ihm ziemlich schlecht.“
„Ramon auch?“ Einen Moment lang schloss Santiago die Augen. Zwei Kranke am Hals, und eine Ausreißerin, die er am Bahnhof abholen musste. Ein Unglück kam selten allein.
„Kann ich bei der jungen Dame helfen?“
„Nein, bitten Sie Martha und Sabina, mir in die Westflügelsuite zu folgen. Sagen Sie dem Arzt Bescheid, dass er dort gebraucht wird. Sorgen Sie dafür, dass der Hubschrauber in dreißig Minuten startklar ist. Gabby kehrt vorzeitig nach Hause zurück.“
Josef nickte und verschwand. Josef war ein Mann, der nicht viele Worte machte, das mochte Santiago an ihm.
„Sie sind so hübsch!“
Lucy blinzelte und versuchte, richtig wach zu werden. Nach einem Moment konnte sie die Gestalt am Fenster deutlich sehen. Zu ihrer
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