Julia Extra Band 366
besitzen. Doch waren es in Wirklichkeit Glück und ein paar Bußgelder für zu schnelles Fahren.“ Santiago blieb stehen und drehte Lucy herum, sodass sie ihn anblickte. „Was meinst du, warum ich hier bin?“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Santiagos warmes, wundervolles Lächeln gab ihr etwas zu verstehen, das sie nicht zu glauben wagte. „Sieh mich nicht so an.“
„Für eine intelligente Frau kannst du manchmal kolossal dumm sein, Lucy Fitzgerald.“ Er umfasste ihre Arme fester, und das spöttische Funkeln verschwand aus seinen Augen. „Du zitterst wie Espenlaub. Ich hätte den kleinen Mistkerl erwürgen sollen!“
„Es hat nichts mit ihm zu tun; es liegt an dir.“
Schockiert runzelte Santiago die Stirn.
Lucy war zu durcheinander, um sich eine Lüge auszudenken. „Du bringst mich zum Zittern, wenn du mich berührst. Ich kann nichts dafür … Autsch!“, schrie sie, als ihr ein Passagier seinen schweren Koffer in die Kniekehlen rammte.
„Entschuldigung!“
Santiago fluchte und bedachte die sich entfernende Gestalt mit einem mörderischen Blick.
„Beruhige dich. Das war ein Versehen. Mir geht es gut.“
„Mir nicht. In diesem überfüllten Terminal ist es unmöglich … Wir reden weiter, wenn wir in der Luft sind“, sagte Santiago energisch und nahm ihre Hand.
„Du hast wirklich ein Flugzeug bereitstehen?“
„Ja.“
„Heißt das, du kommst mit zur Hochzeit?“
„Bin ich noch eingeladen?“
Lucy verkniff sich ein Lächeln, als sie sich vorstellte, wie ihre Verwandten reagieren würden. Sie versuchten schon jahrelang, sie zu verkuppeln. „Oh ja, du bist noch eingeladen.“
„Worauf wartest du dann noch? Es gehört sich nicht, zu spät auf einer Hochzeit aufzutauchen und der Braut die Schau zu stehlen.“
„Ach, das würde ich nicht. Miranda ist bildschön“, erwiderte Lucy, außer Atem, weil sie fast rennen musste, um mit Santiago Schritt zu halten.
Er lachte. „Und du bist natürlich eine eher unscheinbare Frau. Man kann es mit der Bescheidenheit auch übertreiben. Du bist überall jederzeit die Schönste.“
Sein Kompliment brachte sie zum Stolpern. Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu. „Dass Gianni das meint, möchte ich bezweifeln.“
„ Ich meine das.“ Santiago öffnete die Tür zum VIP-Bereich und trat beiseite. Als Lucy wie eine Schlafwandlerin an ihm vorbei in den Raum ging und ihn mit ihren blauen Augen groß ansah, konnte er nichts gegen das Verlangen tun, das ihn überkam. Er zog sie zurück und küsste sie in der Türöffnung leidenschaftlich auf den Mund.
Dann rückte er die Krawatte zurecht, als wäre nichts gewesen. Lucy bemerkte, dass die Leute sie anstarrten. Doch wer konnte ihnen das verübeln? Ihr war ganz schwindelig, und sie fühlte sich wunderbar, was aber gleichzeitig empört, dass Santiago solches Aufsehen erregt hatte.
„Bitte lenk mich nicht ab, Lucy, wir sind auf die Minute da.“
„Ich lenke dich ab …?“, begann sie fassungslos, aber er zog sie schon hinter sich her. Sie war so außer Atem, dass sie sowieso kaum sprechen konnte.
Sobald der Jet in der Luft war, schnallte Santiago sich ab und streckte die langen Beine aus. „Jetzt das Gespräch, das wir unterbrochen haben.“
Lucy zupfte am offenen Kragen ihrer Bluse – Santiago verschlug ihr überall den Atem. In der Enge der, zugegeben, luxuriösen Kabine war er ziemlich überwältigend.
„Warum hast du nicht auf mich gewartet? Ich habe um fünfzehn Minuten gebeten.“
„Ich dachte, es hat keinen Sinn zu warten, da du offensichtlich Nein sagen würdest.“
„Offensichtlich“, spottete Santiago.
Lucy wurde rot. „Woher sollte ich das wissen?“
„Du hättest vielleicht einfach warten können …“
„Ja, gut, es tut mir leid, dass ich nicht gewartet habe. Ich habe eben nicht geglaubt, dass du Ja sagen würdest.“
„Warum hast du mich dann gefragt?“
„Hochzeiten können für eine fast dreißigjährige Frau ohne Partner ziemlich schrecklich sein. Die Leute mustern mich mitfühlend oder, noch schlimmer, versuchen, mich mit ihrem Neffen oder Bruder oder ihrem kürzlich geschiedenen besten Freund zu verkuppeln.“ Das stimmte tatsächlich, es war nur nicht der Grund, weshalb sie Santiago gefragt hatte.
„Also hast du mich eingeladen, damit du nicht dastehst wie eine Verliererin? Du verstehst es wirklich, einem Mann das zu Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein, Lucy“, erwiderte er mit ironischem Unterton.
Sie senkte den Blick und holte tief Luft. „Na
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