Julia Extra Band 366
aufgenommen hatte, lächelte er, dann lachte er laut auf.
Im Terminal überlegte er, wo er mit seiner Suche beginnen sollte. Dann erblickte er das Ehepaar. Er wusste, wer die Frau und der Mann waren, weil er sie oft auf Fotos in Zeitungen gesehen hatte. Eine Sekunde später entdeckte er Lucy. Im ersten Moment war Santiago erleichtert, doch sobald er den Ernst der Lage erkannt hatte, machte er sich große Sorgen.
Er eilte weiter, um einzugreifen, als er bemerkte, dass Lucy wie eine Königin hocherhobenen Hauptes auf das Paar zuschritt. Das blonde Haar umrahmte wie ein Glorienschein ihr schönes Gesicht. Sie strahlte Selbstbewusstsein und Entschlossenheit aus. Ein sexy Racheengel. Santiago spürte eine Welle von Stolz und leidenschaftlichem Verlangen in sich aufbranden. Lucy Fitzgerald war eine mutige Frau.
Mühsam unterdrückte Santiago den starken Wunsch, sich einzumischen und sie zu beschützen.
„So trifft man sich wieder … Du siehst gut aus, Lucy.“
Sie spürte den lüsternen Blick wie schmuddelige Hände über ihren Körper gleiten und schauderte.
„Nicht, Denis … komm doch, sie ist es nicht wert. Ich weiß nicht, woher sie die Frechheit nimmt, sich in der Öffentlichkeit blicken zu lassen!“
Denis Mulville schaute verächtlich seine Frau an, bevor er sich wieder Lucy zuwandte. „Nicht böse sein, Lucy.“
Sie lachte ungläubig über seine ausgestreckte Hand. „Geh weg, du erbärmlicher kleiner Mann. Du kannst mir nichts mehr tun.“
Blitzschnell verschwand seine Liebenswürdigkeit, und er kniff drohend die Augen zusammen. Als er einen Schritt näher kam, verzog Lucy angewidert das Gesicht. Der Mann roch wie eine Schnapsbrennerei; er hatte offensichtlich eine Menge getrunken. Es kostete sie all ihre Willenskraft, nicht zurückzuweichen.
„Du meine Güte, du bist wirklich heruntergekommen.“ Er grinste höhnisch, während er ihre Jeans, die lässige Bluse und die flachen Schuhe musterte. „Nicht mehr so etwas Besonderes, was, Miss Hochmut? Du Luder, dir hab ich’s gezeigt.“
„Denis, bitte …“, flehte seine Ehefrau.
Er blickte sich in dem überfüllten Terminal um und sprach lauter: „Das hochnäsige kleine Miststück meint, es wäre etwas Besseres …“
„Weil sie es ist.“
Die kühle Stimme ließ den aggressiven Mann verstummen. Denis torkelte ein Stück zurück, blinzelte erstaunt und schien zu schrumpfen, als er die Größe und Klasse des Mannes wahrnahm, der sich neben Lucy gestellt und ihr den Arm um die Taille gelegt hatte.
„Und wer sind Sie, mein Freund?“
„Ich bin nicht Ihr Freund, und Sie sollten mir danken. Es ist viel weniger demütigend, wenn man vor so vielen Leuten von einem Mann und nicht von einer Frau k. o. geschlagen wird.“ Santiagos strenge Miene wurde weicher, als er Lucy ansah.
Sein liebevolles Lächeln raubte ihr den Atem.
„Ja, ich weiß, dass du allein mit ihm fertig wirst, querida , aber vielleicht weiß er es nicht. Und ein Mann hat gern das Gefühl, gebraucht zu werden.“ Santiago spürte, dass sie zitterte, und zog sie fester an sich. „Wenn Sie nicht sofort Ihren dreckigen Mund zumachen, erledige ich das für Sie“, fügte er gefährlich leise hinzu.
„Wie reden Sie denn mit mir?“, fragte Denis empört.
„So, wie Sie es verdient haben. Doch ich habe keine Lust, mich länger mit Ihnen abzugeben.“ Santiago wandte sich ab, und der ältere Mann schnappte wie ein Fisch nach Luft.
Als er Lucy ansah, lächelte Santiago. „Der Privatjet steht bereit. Wir müssen ja wohl zu einer Hochzeit fliegen.“ Er nickte der unglücklich aussehenden Ehefrau zu. „Madam, Sie haben mein Mitgefühl.“
Die Hand auf ihrem Rücken, führte er Lucy weg. „Dreh dich nicht um. Blick nicht zurück.“ Zum ersten Mal seit langer Zeit tat er es auch nicht. Seine Augen waren fest auf die Zukunft gerichtet. „Lächle einfach.“
„Ich wollte mich gar nicht umdrehen. Doch mir ist nicht nach Lächeln zumute.“
„Sollte es aber. Du hast dich gerade deinem Dämon gestellt und ihm deine Verachtung gezeigt. Du bist die Siegerin, Lucy.“
Ihre Augen weiteten sich. „Bin ich, nicht wahr? Wohin gehen wir?“
„Du hast nicht zugehört … Privatjet?“
„Aber das war doch nicht dein Ernst?“ Damit hatte er ihnen einen netten Abgang verschaffen wollen, und sie war dankbar, dass Santiago diese Idee gehabt hatte. „Ich verstehe nicht, wie du genau im richtigen Moment auftauchen konntest.“
„Ich würde gern behaupten, übersinnliche Kräfte zu
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