Julia Extra Band 368
aber in ein paar Wochen kannst du ja wochentags im Dorf wohnen und nur an den Wochenenden hierherkommen.“
Ehe Kiki Einwände erheben konnte, fuhr Stefano fort: „Du hast hier völlige Ruhe, aber zumindest die nächsten zwei Wochen muss man uns zusammen sehen.“
Kiki verstand nichts. Wie sollte ihr das helfen? Sie wollte nicht jeden Tag daran erinnert werden, dass er sie hasste. „Warum etwas aufrechterhalten, was am Ende ohnehin zum Scheitern verurteilt ist?“
Stefano ging zum Fenster. „Weil mein Vater altmodisch ist. Er und meine ganze Familie warten verzweifelt auf einen Erben und sind am Boden zerstört, weil sie denken, dass ich die Frau, die mein Kind unter dem Herzen trug, im Stich gelassen habe. Wenn sie glauben, ich wäre mit dir verlobt, ist nicht alles verloren.“
„Dein Vater hat mich vom ersten Moment an verabscheut. Ich möchte gar nicht wissen, was er jetzt über mich denkt.“
„Das bildest du dir ein. Aber meinem Vater bedeutet der gute Ruf von Aspelicus viel. Er möchte, dass ich eine Frau von ähnlicher Herkunft heirate, aber das ist meine Entscheidung.“
„Und meine. Ich heirate dich nicht.“
„Aber erst mal sind wir verlobt, das bist du mir schuldig.“
Kiki starrte ihn an. „Ich bin dir überhaupt nichts schuldig.“
Stefano ging nicht darauf ein. „Sind zwei Wochen für den Schaden, der entstanden ist, zu viel verlangt?“
Kiki fühlte sich wie in einer Falle. „Reicht es nicht, wenn man uns zusammen in der Klinik sieht?“
„Alles zu seiner Zeit.“ Er stand auf. „Heute Abend gibt es einen formellen Empfang, bei dem du der Ehrengast bist. Ich hole dich um sieben Uhr ab. Schlechtes Timing, nächste Woche sind schon der Prince’s Cup und all die Geselligkeiten, zu denen ich muss.“ Er grinste zynisch. „Und du jetzt auch.“
Kiki hatte alles satt, war aber zu erschöpft. Was spielte es auch für eine Rolle? Sie betrachtete ihre zerknitterte Kleidung. „Ich werde toll aussehen.“
Stefano erhob sich. „Darum kümmert sich die Modeberaterin, sie hat schon ein paar Dinge bereitgelegt. Nimm nichts mit einem zu tiefen Ausschnitt.“
Kikis Augen funkelten. „Wie schade, dass es kein Kostümfest ist, dann hätte ich als Nonne gehen können.“
„Schwarz steht dir.“
„Mit Fähnchen in der Hand?“
Stefano drehte sich um und ging. Kiki sah ihm nach. Was sollte sie tun? Stefano war nicht mehr der Mann, den sie mal geliebt hatte. Sie saß allein auf einer Insel fest, wo die Herrscherfamilie über ihr Kommen und Gehen befand. Sie hatte keinerlei Verbündete außer ihrer Familie, und die wollte sie erst um Hilfe bitten, wenn es gar nicht mehr anders ging.
Es klopfte, und eine Dienerin kam mit Tee und Keksen herein. Vielleicht, dachte Kiki, sieht die Welt danach ja besser aus.
Anschließend kam die Modeberaterin, und sie besprachen, was sie für die nächsten zwei Wochen an Garderobe brauchen würde. Natürlich hatte Stefano vergessen zu erwähnen, dass auch eine Kosmetikerin sie in die Mangel nahmen, ehe die Friseurin eintraf …
Kiki fühlte sich wie eine Anziehpuppe, als ihr aufging, dass sie hier wirklich als Verlobte und künftige Prinzessin angesehen wurde. Für den Moment ließ sie Stefano seinen Willen. Kiki war erstaunt, dass sich alle gern um sie kümmerten, und fragte sich, warum sie ihr nicht übel nahmen, dass sie für einen Skandal gesorgt hatte.
Offenbar hatte Stefano ihr trotz seiner Wut die Rolle des Opfers zugewiesen, nicht die des Bösewichts. Ein Jammer, dass er das nicht selbst glaubte, dann wäre das alles viel besser zu ertragen. Kiki wusste nicht, ob sie dem Ganzen ohne seine Hilfe gewachsen war. Von Tag zu Tag war sie verletzlicher geworden, und jetzt war er da – der Abend vor dem Tag, der ihr seit Monaten bevorstand.
Sie hätte nie gedacht, dass er von etwas anderem überschattet werden könnte. Wie konnte Stefano es wagen, sie einfach alleinzulassen? Sah er denn nicht, wie schlecht es ihr ohne seine Unterstützung ging, egal, wie wichtig die Staatsgeschäfte waren?
Die Einzige, die sie vielleicht verstehen könnte, war Elise, aber bisher hatte sie die Haushälterin noch gar nicht zu Gesicht bekommen, außerdem war sie Stefano loyal ergeben. Schade, sie hätte gewusst, wie Kiki sich fühlte.
Um eins war Kiki allein. Eine Bedienstete brachte Salat, ein Brötchen und Kaffee.
„Ist Elise da?“, fragte Kiki
„Natürlich, Dr. Fender. Mrs Prost wohnt immer im Palast, wenn Prinz Stefano da ist.“
Das hätte sie sich ja denken
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