Julia Extra Band 368
können. So will er mich auch haben, dachte Kiki zynisch, jederzeit da, um seine Wünsche zu erfüllen.
Sie nickte. „Gut. Ich würde sie gern sehen, bitte.“
„Natürlich, Frau Doktor.“ Das Mädchen knickste und verschwand.
Als Elise kurz darauf kam, wusste Kiki gar nicht, was sie sagen sollte. Das Gesicht der Frau war ausdruckslos. Aber sie brauchte eine Verbündete, und die fand sie nur, wenn sie die Wahrheit sagte.
„Setzen Sie sich doch bitte.“
Unsicher nahm Elise Platz. „Ich hoffe, es ist alles zu Ihrer Zufriedenheit, Dr. Fender?“
„Wir haben einander doch mit Vornamen angeredet.“
„Da waren Sie noch nicht mit Prinz Stefano verlobt, jetzt gehört es sich nicht mehr.“
Kiki seufzte. „Na gut. Erst mal sollen Sie wissen, dass ich niemals etwas tun würde, was Prinz Stefano oder dem Haus Mykonides schadet.“
Die Augen der Frau blitzten auf. „Ich würde eher sterben.“
„Das dachte ich mir.“ Kiki lächelte. „Aber Sie sollen auch wissen, dass ich mit den Zeitungsberichten nichts zu tun habe.“
„Das hat Seine Hoheit erwähnt.“
„Der Prinz und ich haben uns einmal sehr zueinander hingezogen gefühlt. Mit Ihren Erfahrungen wissen Sie doch sicher, dass eine Mutter den Kummer über eine Fehlgeburt nicht in die Welt hinausposaunt.“
Elise schwieg und nickte schließlich.
Kiki spürte einen Funken Hoffnung. „Der Prinz ist ein guter Mensch und traurig über die Nachricht. Wissen Sie, dass ich versucht hatte, ihn zu kontaktieren? Ich wusste nicht, warum er sich nicht gemeldet hat. Auch nicht, dass er einen Unfall hatte.“ Elise hörte jetzt aufmerksam zu, und Kiki seufzte erleichtert. „Es gibt immer noch diese Verbindung zwischen uns. Für den Moment bleibe ich hier und tue so, als wären wir verlobt. Ich will ihn nicht wieder enttäuschen. Aber ich brauche Hilfe.“
„Ich verstehe.“ Für einen Moment wandte Elise den Blick ab. „Ihr Verlust tut mir leid.“ Sie stand auf. „Ich werde Ihnen helfen, die nächsten zwei Wochen gut zu überstehen. Ich komme gleich mit Ihrem Terminkalender zurück.“
Nach dem Gespräch mit Elise sah die Lage für Kiki etwas rosiger aus. Die Haushälterin half ihr enorm. Als Stefano sie um sieben Uhr zum Essen abholte, kannte sie die erforderlichen Grußformeln, die Namen der fünf wichtigsten Gäste und die Speisefolge.
Es war ein gutes Gefühl, wieder etwas unter Kontrolle zu haben. Elise hatte ihr einen wichtigen Rat von Stefanos Mutter mitgegeben: „Konzentrieren Sie sich immer nur auf eine Person zur Zeit, dann gelingt Ihnen alles.“
Kiki nickte. Das würde ihr helfen – anders als der Mann, dessen Unterstützung sie jetzt am meisten nötig hätte und der sie im Stich ließ. Wieder einmal.
Kiki trug ein langes schwarzes Kleid und hatte die dunklen Haare hochgesteckt. Sie fühlte sich wie eine Wachspuppe, aber sie spielte ja auch nur Theater.
Als Stefano an Kikis Tür klopfte, hoffte er, dass sie nicht immer noch so dasaß wie zuvor. Das erste Mal im Leben hatte er Angst. Kiki sah ihn so gleichgültig an, dass ihm das Blut in den Adern gefror.
„Ich bin fertig, Euer Hoheit.“
Sie sah aus wie ein Filmstar. Verschwunden war das leidende Opfer, an seine Stelle war eine elegante, selbstbewusste Frau getreten. „Dann lass uns gehen.“
Ohne zu zögern, griff Kiki nach seinem Arm, und jetzt war er derjenige, der die Distanz spürte.
Als sie eintraten, standen alle auf. Kiki lächelte leicht, nickte und knickste so anmutig vor seinem Vater, dass Stefano stolz auf sie war. Das hatte er nicht erwartet.
„Sie hat Ausstrahlung“, sagte sein Vater leise zu ihm, „aber wir müssen abwarten, ob du wieder ein Leben ruiniert hast.“ Stefano spürte die alte Zurückweisung und hoffte, dass Kiki nichts gehört hatte.
Seit er sie abgeholt hatte, war Kiki distanziert, aber Stefano versuchte sich einzureden, dass das gut so war. Jetzt unterhielt sie sich ruhig mit dem Bürgermeister, und Stefano war sich ihrer Nähe sehr bewusst. Er hatte sich darauf vorbereitet, sie zu beschützen und ihre Fehler auszubügeln, aber sie machte keine.
Kiki ließ sich durch die Opulenz, die sie umgab, nicht blenden. Sie merkte, dass sie mit Elises Rat, sich immer nur auf einen zu konzentrieren, gut fuhr.
Vor allem wenn sie Stefano ausblendete.
Auf den ersten Blick hatte er in seiner Galauniform überwältigend gewirkt. Nur kurz, aber das hatte sie wütend gemacht. Das war der Mann, der sie im Stich gelassen hatte und jetzt darauf wartete, dass sie
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