Julia Extra Band 369
schon abgereist, und die nächste kommt erst in ein paar Tagen.“
„Du hast das alles so geplant, stimmt’s?“ Sie wusste nicht, wie er es geschafft hatte, den Zeitpunkt ihrer Ankunft zu bestimmen, doch es musste so gewesen sein.
Asad machte sich nicht einmal die Mühe, mit den Schultern zu zucken, sondern warf ihr nur einen unergründlichen Blick zu.
5. KAPITEL
Nachdem Iris den größten Teil des Lagers gesehen hatte, schwirrte ihr der Kopf von den vielfältigen Eindrücken.
Sie hatte Frauen kennengelernt, die farbenprächtige Stoffe und Läufer webten, andere, die Perlen zu Ketten und Armbändern auffädelten, oder solche, die die herrlich duftende Seife herstellten. Schon übertraf das Leben hier all ihre Erwartungen.
„Aber wo sind die Herden?“, fragte sie, als Asad sie zu einem etwas abseits stehenden Zelt führte.
Es befand sich in der Nähe seines Zeltes, und sie wusste, dass die Besichtigungstour sich nun dem Ende zuneigte. Aus irgendeinem ihr unerklärlichen Grund wollte sie sich jedoch noch nicht von ihm trennen. Weil sie mehr über die Beduinen erfahren wollte, wie sie sich einzureden versuchte, aber sie hatte sich noch nie etwas vormachen können.
Scheich Asad bin Hanif Al’najid war genauso faszinierend für sie, wie es Asad Hanif damals gewesen war – nein, noch mehr, wie sie sich eingestehen musste. Sie musste so schnell wie möglich mit ihrer Arbeit anfangen, um sich abzulenken.
„Herden?“, wiederholte er seltsam ausdruckslos, nachdem er in den letzten zwei Stunden so lebhaft erzählt hatte.
„Die Ziegen und so. Ich habe gelesen, dass die Beduinen große Herden haben.“ Und abgesehen von einigen Pfauen, die man wohl für die Touristen hielt, hatte sie im Lager keine Tiere gesehen.
„Und du dachtest, alle Beduinen wären Ziegenhirten?“, hakte Asad gereizt nach.
„Sei nicht albern. Aber gehört das nicht zum traditionellen Beduinenleben dazu?“ Da die Sha’b Al’najid eigenständig und unabhängig waren, hätte es wenig Sinn gehabt, wenn sie ihr Fleisch und ihre Felle von woanders bezogen hätten. Außerdem erwarteten die Touristen es bestimmt.
„Wir besitzen tatsächlich viele Herden, aber die Tiere weiden am Fuß der Berge. Ansonsten wäre die Geruchsbelästigung für unsere Gäste zu stark.“
„Aha, verstehe.“ Allerdings wusste Iris nicht so recht, was sie davon halten sollte, dass sein Stamm derartige Zugeständnisse machte.
Spöttisch zog Asad eine Augenbraue hoch. „Freut mich, dass du so denkst.“
„Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“
Nun schüttelte er den Kopf. „Das bist du nicht. Es war nur ein Streitpunkt zwischen Badra und mir.“
Wieder einmal überrascht, dass er so offen über seine verstorbene Frau sprach, hakte sie nach: „War sie nicht damit einverstanden, dass ihr für die Touristen solche Kompromisse eingeht?“
Sein Lachen klang schroff. „Ganz im Gegenteil. Sie konnte den Geruch nicht ausstehen und hätte die Tiere am liebsten alle abgeschafft.“
Er hatte schon darauf angespielt, dass seine Frau untreu gewesen war. Iris fragte sich, welche Frau einen anderen Mann begehren konnte, wenn sie Asad im Bett hatte. Sein neuestes Geständnis ließ allerdings nur einen Schluss zu – die perfekte Prinzessin war eine ausgemachte Idiotin gewesen.
Sonst hätte ihr klar sein müssen, dass es völlig absurd war, wenn ein Beduinenstamm seine Herden aufgab.
„Die Heirat mit der jungfräulichen Prinzessin war anscheinend nicht das, was du erwartet hattest.“
„Stimmt. Und? Freut es dich?“, fragte Asad düster.
„Nein, auch wenn es dir schwerfällt, es zu glauben. Dich zu verlieren war schlimm für mich, aber ich habe dir nie etwas Schlechtes gewünscht.“ Ihre Ehrlichkeit überraschte Iris selbst. Allerdings war es ihr bis auf wenige Ausnahmen immer viel zu leichtgefallen, Asad ihre geheimsten Gedanken und Gefühle anzuvertrauen.
Bevor er das abseits stehende Zelt betrat, blieb er stehen und blickte auf sie herab. „Du bist ganz anders, kleine Blume.“
So hatte er sie früher in Anspielung auf ihren Vornamen immer genannt. Dass er es jetzt tat, verletzte sie allerdings nicht so, wie es bei habibti der Fall gewesen war.
„Ich glaube nicht. Wenn man jemanden liebt, möchte man, dass er glücklich ist, auch wenn er nicht bei einem ist.“ Diese Erkenntnis hatte ihr durch die dunkelsten Stunden geholfen.
Asad zuckte zusammen, als hätte sie ihm einen Peitschenhieb versetzt. „Du liebst mich?“
„Ich habe dich geliebt“,
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