Julia Extra Band 369
Jahr zählte vermutlich nicht, zumal sie nur über Steine gesprochen hatten. „Ach, egal“, wehrte Iris ab.
„Nein, das ist es nicht, wenn du dich wie eine Frau und nicht wie eine Wissenschaftlerin verhältst.“
„Das ist lächerlich. Ich bin immer erst Wissenschaftlerin.“
„Sicher – bis wir hierhergekommen sind. Du hast Scheich Hakim angeboten, einen männlichen Kollegen kommen zu lassen, wenn es ihm lieber wäre. Dieser Scheich Asad hat dich in Panik versetzt, obwohl er nur wenige Worte mit dir gewechselt hat.“
„Du nervst, Russell.“
„Das kann ich gut. Nur normalerweise macht es dir nichts aus.“ Nun wandte Russell sich zu ihr um und widmete ihr seine volle Aufmerksamkeit. „Also, raus mit der Sprache.“
Bisher hatte sie sich nie jemandem anvertraut, aber deshalb war sie auch so einsam. Vielleicht war es Zeit, Freunde zu gewinnen, echte Freunde …
Als Russell vor drei Monaten sein Praktikum bei CC&B begann, hatte sie sich auf Anhieb mit ihm verstanden. So hatte sie sich gefreut, als ihr Chef ihr den Studenten für diese Reise als Assistenten zur Verfügung stellte.
„Asad und ich waren in meinem zweiten Studienjahr für ein paar Monate zusammen“, räumte Iris deshalb ein.
„Wow!“
„Überrascht dich das?“
„Allerdings. Du bist nicht gerade der Typ Frau, der zu einem Scheich ins Bett hüpft.“
Sie spürte, wie sie errötete. „Damals war er noch kein Scheich.“
„Aber ich wette, in jeder anderen Hinsicht war er genauso wie jetzt.“
„Nein. Er hat damals viel öfter gelächelt.“
„Aha.“
„Was soll das heißen?“
„Du bist traurig, weil er nicht mehr so glücklich ist wie damals.“
„Sei nicht albern“, schimpfte Iris. „Ich habe nicht gesagt, dass er unglücklich war.“ Allerdings hatte sie das gemeint, und es war ihr erst klar geworden, als Russell es ansprach.
„Aber er ist es, stimmt’s?“
„Seine Frau ist vor zwei Jahren gestorben. Wahrscheinlich trauert er noch um sie.“
„Bestimmt nicht, so, wie er dich ansieht. Er verschlingt dich förmlich mit Blicken“, fuhr er fort. „Wenn eine Frau mich so ansehen würde, müsste ich mich sehr beherrschen, um nicht mit ihr ins Bett zu gehen.“
„Aha“, sagte Iris skeptisch. Soweit sie es beurteilen konnte, hatte er ebenso wenig Kontakte wie sie. „Du bist genauso ein Workaholic wie ich.“
„Aber für etwas so Intensives könnte ich mich von meinen Steinen losreißen.“
„Deswegen ziehst du also jeden Samstagabend um die Häuser.“
„Das tue ich nie … Vielleicht sollte ich es. Aber an deiner Stelle würde ich die Gelegenheit ergreifen.“
„Das würdest du nicht. Du bist genauso schüchtern wie ich.“
Eigentlich hätte er wissen müssen, was das für sie bedeutet hätte. Auch er litt an einem gebrochenen Herzen, wie er ihr während ihres ersten gemeinsamen Auftrags bei einer Flasche Wein anvertraut hatte.
„Das hast du schon mal gesagt. Zum Glück bin ich intelligent.“
Iris stieß einen verächtlichen Laut aus. „Intelligenz hat nichts mit gesundem Menschenverstand zu tun.“
„Willst du etwa behaupten, den hätte ich nicht?“
„Wie weit ist es von hier bis zu unserem ersten Untersuchungsort?“, wechselte sie dann schnell das Thema.
„Mein GPS sagt, ungefähr eine Stunde mit dem Jeep, wenn wir keine Umwege fahren müssen.“
Sie nickte.
„Wir sollten Scheich Asad fragen. Schließlich ist er unser Führer.“
„Er ist ein Scheich. Bestimmt hat er einen Mitarbeiter, an den wir uns wenden können.“
„Träum weiter. Das wird er keinem anderen überlassen, und das weißt du. Er möchte sich persönlich um dich … um uns kümmern.“
6. KAPITEL
Iris verdrehte die Augen, ging jedoch nicht auf seine Anspielung ein.
Wieder einmal hatte Russell recht. Asad hatte nicht nur darauf beharrt, dass sie sich mit allen Fragen an ihn wenden sollten, sondern würde sie sicher auch auf ihrer ersten Exkursion begleiten wollen. Sie hoffte nur, es würde dabei bleiben.
Ihr Instinkt sagte Iris jedoch, dass er ihr auf Schritt und Tritt folgen würde, egal, wie beschäftigt er sein mochte.
Ihre erste Annahme bestätigte Asad an diesem Abend, als sie alle zusammen in seinem Zelt aßen.
„Das ist nicht nötig“, versuchte Iris es ihm auszureden. „Ich mache das schon seit fast vier Jahren, Asad. Ich weiß, was ich tue, und Russell kann mit dem Kompass umgehen.“
„Nawar freut sich schon auf den Ausflug. Willst du ihr den Spaß verderben?“
Mit einem flehenden Ausdruck
Weitere Kostenlose Bücher