Julia Extra Band 375
Verhandlungen mit Xinhua liefen ausgezeichnet und Mr Huang Bin gefiel, was er bisher gesehen hatte.
Aus irgendeinem Grund begeisterte ihn dieser Gedanke nicht wie sonst.
Wahrscheinlich war er müde von den vielen Abenden, an denen er bis spät in die Nacht hinein Berichte geprüft hatte. Was kann man in Gilmore auch anderes tun, als zu Eishockeyspielen zu gehen oder zu Pancake-Frühstücken …
Er ließ sich in seinen Stuhl fallen, drehte sich zum Fenster und bewunderte wieder einmal die Schönheit der Aussicht. Ich habe mit meiner Spontaneität Elizabeths Tag gerettet, dachte er mit einem Lächeln.
Das, so stellte er fest, gab ihm eine viel tiefere Befriedigung als irgendwelche Verhandlungen.
7. KAPITEL
„Andrew, mach das Videospiel aus und hol dein Mathematikbuch raus!“
„Wozu? Mr Bishop ist ja noch gar nicht da. Soll ich vielleicht die Aufgaben anstarren, die ich nicht verstehe?“
Liz sah auf die Uhr. Charles würde jeden Moment hier sein und ihr blieb keine Zeit mehr zum Aufräumen. „Und schmeiß deine leere Wasserflasche in den Müll“, fügte sie hinzu und stupste ihn gegen das linke Bein.
„Jetzt gleich“, sagte sie, als der Junge sich nicht rührte.
„Okay, okay. Reg dich ab!“
„Ich bin gar nicht aufgeregt. Charles war so nett, seine Hilfe anzubieten.“
„Charles?“
Sie warf ihrem Sohn einen bösen Blick zu. „Es ist ja wohl das Mindeste, dass es nicht aussieht wie in einem Schweinestall, wenn er zu uns kommt.“
„Naja, Hauptsache du regst dich nicht auf“, murmelte er.
Ja, vielleicht bin ich ein bisschen aufgeregt. Die Ereignisse des heutigen Tages gingen ihr immer noch durch den Kopf. Die ganze Welt schien auf ihren Schultern gelastet zu haben, bis Charles ihr von einem Moment auf den anderen die Gehaltserhöhung gegeben und angeboten hatte, ihrem Sohn Nachhilfe zu geben.
Aber warum? Die Gehaltserhöhung, so dachte sie, hat er mir gegeben, weil er sich schuldig fühlt. Man kann schon ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn man sieht, wie die eigene Sekretärin vor einem zusammenbricht. Doch der Nachhilfeunterricht für Andrew?
Es klingelte an der Tür. Liz sprang auf. Verdammt, er ist absolut pünktlich! Nervös blickte sie sich um. Hat die Couchgarnitur immer schon so schäbig ausgesehen? Nichts in dem Raum schien zusammenzupassen.
„Sie wirken, als seien Sie in Gedanken ganz weit weg.“
Wieder sprang sie auf. Charles stand hinter ihr und zog seinen Mantel aus. „Alles in Ordnung?“
„Alles bestens“, log sie. „Ich habe Sie gar nicht gehört.“
„Jemand hat mir zugerufen, dass ich reinkommen soll.“
Das muss Andrew gewesen sein. „Wir arbeiten immer noch an seinem Benehmen.“
„Keine Sorge“, sagte er und legte den Mantel über die Couch. „Gleich kann ich mich revanchieren.“
Er war direkt vom Büro hierhergekommen, denn er trug noch immer den grauen Anzug und die Seidenkrawatte und sah wie immer umwerfend aus. Gepflegt, sexy und doch schien er sich inmitten der abgewohnten Möbel sonderbar wohlzufühlen.
„Ich habe Andrew gesagt, er soll den Tisch leer räumen, damit sie beide genügend Platz zum Arbeiten haben.“ Sie wies auf die lange Tafel, die sowohl als Esstisch als auch als Arbeitsplatz diente. Andrew stand am Kopfende und kramte in seinem Rucksack.
„Hey, Mom, weißt du, wo ich mein …“
„Im Korridor neben den Schuhen. An seinem Gedächtnis arbeiten wir auch noch“, fügte sie hinzu.
„Das hab ich gehört!“
„Solltest du auch“, gab sie zurück.
Liz und Charles lächelten einander zu. Man sah diesen Mann nicht oft lächeln, doch wenn er es tat, wurden einem die Knie weich. Sie musste sich an der Rückseite des Sofas festhalten. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich bin.“
„Ich habe es den fünf Malen entnommen, die Sie mir bereits im Büro gedankt haben.“ Sein Lächeln wurde wärmer, und für einen Moment schien es, als würde er noch etwas hinzufügen wollen.
Stattdessen lockerte er seine Krawatte und rief Andrew zu: „Was ist heute dran?“
„Ableitungen ersten Grades“, sagte Andrew, der gerade sein Mathematikbuch wiedergefunden hatte, und verdrehte die Augen. „Ich kann es kaum erwarten.“
„Andrew!“
Charles lachte. „Ich werde ihm zeigen, dass Mathe Spaß machen kann.“
Na, dann viel Glück, dachte Liz. Sie hatte das Gefühl, dass nichts Andrews Meinung ändern konnte – was Mathe und auch was alles andere anging.
Zum Glück schien die kleine Unterredung, die sie vorher
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