Julia Extra Band 375
abzunehmen, und ihre Fingerkuppen berührten sich. So kurz die Berührung auch gewesen war, sie löste eine warme Woge aus, die sich in seinem Körper ausbreitete. Liz fühlte es auch.
„Abwaschen oder abtrocknen?“ Sie ging zum Spülbecken und kehrte ihm den Rücken zu. Ihre Stimme klang höher, als sie sagte: „Da Sie ja noch ein Anfänger sind, sollten Sie vielleicht erst einmal bei den einfacheren Aufgaben bleiben und sich das Geschirrtuch nehmen.“
„In Ordnung.“ Was er eigentlich wollte, war, die Hände nach ihr auszustrecken, um sie noch einmal zu berühren. Doch die Lebhaftigkeit in ihrer Stimme hielt ihn zurück.
„Essen Sie jeden Abend mit Ihrem Sohn?“, fragte er stattdessen.
„So oft wie möglich.“ Elizabeth tauchte einen Topf ins Spülwasser und begann, ihn mit einem Schwamm auszuwischen. „Ich achte schon darauf. Doch zwischen Eishockey, der Schule und Victoria schaffen wir es nicht mehr so oft wie früher.“
„Ich könnte die gemeinsamen Essen mit meiner Mutter an einer Hand abzählen.“
„Hat Ihre Mutter viel gearbeitet?“
„So gut wie gar nicht.“ Er griff nach der Pfanne, die sie gerade abgespült hatte, und war enttäuscht, dass sie seinen Fingern auswich. „Obwohl, wenn man’s genau nimmt, hat meine Mutter eigentlich schon gearbeitet. Gott weiß, sie hat sich sehr bemüht, ihre Liebhaber bei Laune zu halten.“ Und ihr Kind zu ignorieren. Charles war sich sicher, dass sie ihn irgendwann in einem Hotel zurückgelassen hätte, wäre da nicht der Unterhalt gewesen, den Ron ihr gezahlt hatte.
„Ich hab den größten Teil meiner Kindheit versucht, die Abendessen mit meiner Familie zu umgehen“, sagte sie und tauchte einen weiteren Topf ins Wasser. „Das war nicht sehr schwer. Meine Mutter war sowieso mehr an meinem Stiefvater und ihrer neuen Familie interessiert. Meistens habe ich mir ein Sandwich gemacht und es dann in Bills Auto gegessen.“ Sie lächelte traurig. „Aus heutiger Sicht war es wohl nicht die beste Idee, die Zeit auf dem Rücksitz eines Autos zu verbringen. Aber ich war jung und verliebt.“ Und ich habe geglaubt, dass es ewig hält.
Er versuchte vergebens, das Bild einer jungen, verliebten Elizabeth, die sich davonstahl, um bei ihrem Freund zu sein, mit der Frau in Einklang zu bringen, die vor ihm stand.
„Ihre Familie muss stolz darauf sein, wie Sie Andrew großziehen“, bemerkte er, um sie auf positivere Gedanken zu bringen. Doch das Leuchten verschwand nun gänzlich aus ihren Augen.
Unglücklicherweise hatte er ein schlechtes Thema gewählt. „Sie haben ihn noch nie gesehen. Ich bin von zu Hause weggegangen, als ich schwanger war.“
„Also leben Ihre Eltern nicht in Gilmore.“
„Nein, ein paar Orte weiter im Süden“, antwortete sie. „Ich bin mit Bill hergekommen. Er hatte einen Job in Franklin in Aussicht. Als unsere Beziehung scheiterte, bin ich hiergeblieben.“
„Und Bill?“
„Er lebt jetzt in Florida.“
In Charles stieg eine unbändige Wut auf. Wie konnten sie ihr das nur antun? Doch war es andererseits mit meinen eigenen Eltern nicht genau dasselbe?
Seine Eltern hatten ihn auch im Stich gelassen, um ihr eigenes Leben zu führen. Nur war Liz’ Geschichte weitaus schlimmer. Seine Bewunderung für sie wuchs.
„Auf jeden Fall können Sie stolz darauf sein, dass letztlich alles gutgegangen ist“, sagte er. „Dass Sie Andrew allein aufgezogen haben, meine ich.“
„Ich hatte ja keine andere Wahl, als er erst einmal da war. Verstehen Sie mich nicht falsch“, fügte sie schnell hinzu, während sie eine weitere Pfanne abwusch und anschließend mit klarem Wasser abspülte. „Ich liebe Andrew über alles.“
„Das müssen Sie nicht erklären. Ich verstehe schon. Ich für meinen Teil, hätte mich wahrscheinlich genauso entschieden, wenn da jemand mit einem Auto wie Bill gewesen wäre. Vielleicht nicht unbedingt ein Bill, sondern eher eine Betsy oder eine Betty …“
Seine Worte brachen ab, als sich ihre Hände erneut berührten. Dieses Mal glomm der Funke länger. Charles ließ seine Hand vorwärts gleiten, bis seine Finger auf ihren lagen, und strich ihr über die glatte seifige Haut.
Ein kurzer Atemzug von ihr durchschnitt die Luft. Elizabeth betrachtete mit halb geschlossenen Lidern ihre Hand und ihr Atem ging immer schneller. Für einen Augenblick bewegte sich keiner von ihnen. Charles’ Puls raste. Er hatte das Gefühl, an der Schwelle zu etwas Großem und Unbekanntem zu stehen. Doch er war sich nicht sicher, ob
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