Julia Extra Band 377
Dafür garantiere ich, bis du wieder in London bist. Ich schlage vor, dass du jetzt ins Zelt kommst. Du kannst dich frisch machen, dann essen wir zu Abend. Ich jedenfalls habe Hunger.“
„Plötzlich kommt also der Pragmatiker in dir zum Vorschein.“ Frustriert musterte sie ihn. Zahir ließ sich einfach nicht aus der Ruhe bringen. „Wie kannst du mir nur so etwas antun, du Mistkerl? Ich hasse dich!“, stieß sie zornig hervor.
Zischend stieß Zahir die Luft aus. „Also gut. Du kannst ja nachkommen, wenn du dich wieder beruhigt hast.“ Er ließ sie einfach stehen und verschwand lautlos wieder im spärlich beleuchteten Zelt.
Frustriert stampfte Saffy mit dem Fuß auf und wäre in ihrer ohnmächtigen Wut am liebsten mit den Fäusten auf den Wagen losgegangen. Sie kam sich so blöd vor! Da hatte Zahir doch tatsächlich ihren Fluchtversuch beobachtet und sich den Spaß gemacht, ihn gründlich zu vereiteln! Sie wusste überhaupt nicht, wohin mit ihrer Wut. Normalerweise war sie eher ruhig und ausgeglichen. Nur Zahir mit seiner unerschütterlichen dominanten Art gelang es mal wieder, sie zur Weißglut zu bringen! Saffy biss die Zähne zusammen und lehnte sich zitternd vor Kälte an den Wagen. So eisig hatte sie sich die Wüstennächte nicht vorgestellt. Das dünne T-Shirt bot überhaupt keinen Schutz vor der Kälte. Verzweifelt rieb Saffy sich die Arme, um die Durchblutung wieder in Gang zu setzen.
Schließlich war sie so durchgefroren, dass ihr keine andere Möglichkeit blieb, als sich im Zelt aufzuwärmen. Es war größer, als sie gedacht hatte, verfügte über mehrere Räume und war mit kostbaren Kelims und sogar Sofas ausgestattet. An der Feuerstelle kniete ein alter Mann vor Zahir und reichte ihm Kaffee.
„Wo sind wir hier eigentlich?“, fragte Saffy knapp.
„In einem Camp, wo ich mich regelmäßig mit den Stammesfürsten treffe. Ich weiß, dass dir niemals im Traum einfallen würde, unter einer Zeltplane zu nächtigen, aber es ist komfortabler als du denkst. Das Badezimmer findest du hinter der zweiten Tür“, antwortete er mit unbewegter Miene.
Verlegen senkte Saffy den Blick. Musste Zahir sie unbedingt daran erinnern, was sie ihm vor fünf Jahren an den Kopf geworfen hatte? Taktlos hatte sie erklärt, Zelte und die Tradition der Nomaden wären nichts für sie. „Auf eine heiße Dusche werde ich hier wohl verzichten müssen“, murmelte sie vor sich hin.
„Musst du nicht. Frische Kleidung liegt auch für dich bereit.“
Unbehaglich sah sie auf und setzte sich dann in Bewegung. Hinter der von einem Wandbehang verhüllten Tür verbarg sich tatsächlich ein Badezimmer, das mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet war. Sie zog sich schnell aus. Ihre weiße Jeans hatte die Fahrt auf der rostigen Liegefläche nicht gut überstanden. Na ja, es gibt Schlimmeres, dachte Saffy, stellte sich unter die heiße Dusche und wusch sich mit vertrauten Markenprodukten. Als sie sich wieder sauber fühlte, wickelte sie sich in ein flauschiges Badetuch, kämmte das nasse Haar aus und föhnte es trocken. Hätte sie vor fünf Jahren gewusst, wie komfortabel so ein Wüstenzelt sein konnte, wäre sie begeistert auf Zahirs Vorschlag eingegangen, ihn kurz nach der Hochzeit auf einen Ausflug in die Wüste zu begleiten. Nein, vermutlich hätte sie doch abgelehnt, weil sie Angst vor zu viel Nähe hatte …
Sie schlüpfte in den bereitliegenden Seidenkaftan und in schlichte Pantoffeln und überlegte, ob sie am nächsten Morgen wieder die schmutzigen Sachen tragen müsste. Und wo soll ich heute Nacht schlafen? Mindestens zwei weitere Räume gingen vom Hauptraum ab. Ich werde mich nachher mal umsehen, dachte Saffy.
„Möchtest du jetzt etwas essen?“, fragte Zahir hinter ihr.
Sie wandte sich um und bemerkte erstaunt, dass auch er geduscht und sich umgezogen hatte. Sein Haar war noch feucht, er trug Jeans und sah so unwiderstehlich aus, dass ihr Puls sofort anfing zu rasen, als wäre sie noch immer ein verknallter Teenager. Dabei führte sie seit Jahren ein selbstbestimmtes Leben, war sehr erfolgreich in ihrem Beruf und eigentlich gelassen, weltgewandt und stets beherrscht.
„Hier sitzt man traditionell auf dem Boden“, erzählte Zahir und ließ sich geschmeidig auf Sitzkissen nieder.
„Kein Problem.“
Sowie auch Saffy sich gesetzt hatte, wurde das Essen aufgetragen.
„Du hast hier sogar eine eigene Küche?“, fragte sie erstaunt.
„Natürlich, ich bewirte hier oft Gäste.“
Ach ja, er hatte die Stammesfürsten
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