Julia Extra Band 377
und du siehst ihn nie wieder.“
Natürlich hatte Saffy das auch befürchtet. Schon nach zwei Dates wusste sie, dass sie sich unsterblich verliebt hatte. Daher war sie überglücklich, als Zahir berichtete, er wäre in vier Wochen wieder in England, weil er an einem Offizierslehrgang an der Militärakademie von Sandhurst teilnehmen werde. Sehr romantisch hatten sie damals unter einem blühenden Kirschbaum im Park gesessen. Zärtlich hatte Zahir eine rosa Blüte aus ihrem Haar gezupft. Später hielten sie beim Kaffeetrinken Händchen, lachten über eine Straßenpantomime. Von Anfang an hatte sie sich geborgen bei Zahir gefühlt, zumal er sie nicht gleich betatschte und mit ihr schlafen wollte. Gleichzeitig reagierte er sehr zurückhaltend, als Saffy erzählte, sie würde manchmal als Model arbeiten. Auch als sie ihm versicherte, nicht nackt oder in Dessous zu posieren, blieb er skeptisch. Er war eben sehr altmodisch. Doch darüber sah sie hinweg, denn sie bewunderte seine Ernsthaftigkeit, seine Intelligenz und seine unerschütterliche Liebe zu seiner Heimat Maraban.
Lange vor Ende des Lehrgangs bat Zahir sie, ihn zu heiraten und gab seine wahre Identität preis. Die Aussicht, bald mit einem Prinzen verheiratet zu sein, war natürlich märchenhaft. Saffy stellte sich ihre gemeinsame Zukunft in den schillerndsten Farben vor.
Wie naiv ich damals war, dachte sie nun.
Die kurze Trauungszeremonie fand in der Botschaft von Maraban in London statt – ohne Familie und ohne Erlaubnis seines Vaters. Es war wirklich sehr mutig von Zahir gewesen, ohne Zustimmung seines Vaters zu heiraten. Der König hätte einer Ehe mit einer Ausländerin niemals zugestimmt. Doch sie hatten im siebten Himmel geschwebt, und niemand sollte ihr Glück stören. Die Realität holte sie erst in Maraban ein. Die Hochzeitsnacht war eine Katastrophe gewesen, denn Saffy geriet in Panik und musste sich übergeben. Und ihr Leben in Maraban ähnelte einem Gefängnisaufenthalt. Die Ehe entwickelte sich auch ganz anders als in Saffys romantischen Träumen. Zahir und sie litten darunter, dass Saffy unfähig war, mit ihm zu schlafen. Schon bald blieben auch harmlose Zärtlichkeiten aus, und Zahir war ständig abwesend …
Der Pritschenwagen kam abrupt zum Stehen. Eine Tür wurde zugeworfen, und laute Stimmen ertönten. Als sie leiser wurden, lugte Saffy vorsichtig unter der Plane hervor und kletterte dann von der Ladefläche. Inzwischen war es dunkel geworden. Daran hatte Saffy bei ihrer Flucht nicht gedacht. Auch hatte sie nicht damit gerechnet, dass der Fahrer mitten in der Wüste in einem großen Zelt verschwinden würde, um seine Familie zu besuchen. Konsterniert blickte Saffy um sich. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Was nun? Ratlos griff sie nach ihrer Wasserflasche. In diesem Moment tauchte ein in eine beigefarbene Robe gehüllter Mann am Zelteingang auf. „Es ist kalt“, sagte er. „Komm rein!“
Fassungslos sah Saffy auf, als sie die vertraute Stimme hörte. „Zahir? Was tust du denn hier?“
Er zog sich die mit einer gold-schwarzen Kordel befestigte Kufiya vom Kopf und strich sich das schwarze Haar zurück, das ihm in der leichten Brise sofort ins Gesicht wehte. In der Dunkelheit leuchteten seine Augen wie Sterne. „Ich habe dich hergefahren.“
„Du hast … was?“ Ungläubig starrte sie ihn an.
„Die Festung ist mit einem hochmodernen Überwachungssystem ausgestattet“, erklärte Zahir. „Auf dem Monitor war deutlich zu sehen, wie du auf die Ladefläche des Pritschenwagens kletterst. Da habe ich mich entschlossen, dein Fahrer zu sein.“
„Ich habe über eine Stunde lang unter der Plane gelegen und bin so durchgeschüttelt worden, dass ich mich kaum noch bewegen kann!“ Entrüstet funkelte Saffy ihn an.
Zahirs Mitleid hielt sich in Grenzen. „Du hast es ja nicht anders gewollt.“
„Du bist so gemein.“ Inzwischen war ihr so kalt, dass sie Mühe hatte zu sprechen.
„Ich dachte, es tut dir vielleicht gut, etwas durchgerüttelt zu werden. Wie kannst du nur so dumm sein, zu einem Wildfremden ins Auto zu steigen? Du wusstest ja nicht mal, wohin die Fahrt gehen würde.“
Saffy platzte fast vor Wut. „Ich bin nicht dumm“, zischte sie.
Zahir dachte gar nicht daran, nachzugeben. „Es war sogar sehr dumm, so ein Risiko einzugehen“, konterte er.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn du mich nicht entführt hättest, wäre ich dazu auch nicht gezwungen gewesen.“
„In meiner Obhut bist du vollkommen sicher.
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