Julia Extra Band 377
Vittorio konnte nur hoffen, dass Chiara bald die Augen geöffnet wurden und sie stark genug wäre, diesen Schürzenjäger in die Wüste zu schicken. Seine Schwester hatte wirklich etwas Besseres verdient! Doch erst musste sie die komplikationsreiche Schwangerschaft überstehen und das Baby zur Welt bringen. Danach würde man weitersehen.
Ally schleppte zwei Koffer ins Wohnzimmer. Vittorio eilte ihr entgegen und nahm sie ihr höflich ab. Als ihre Hände sich dabei zufällig berührten, überlief Ally ein Prickeln am ganzen Körper. Hastig zog sie die Hand zurück. Verlegen schaute sie ihn an.
„Mehr nimmst du nicht mit?“, erkundigte er sich heiser.
„Nein.“ Sie senkte den Blick. „Ich hatte die Wohnung ja möbliert gemietet.“ Besorgt betrachtete sie Alex’ schäbigen Koffer, der im Vergleich zu ihrem eigenen gelben Designerkoffer unangenehm auffiel. Doch das ließ sich nun nicht ändern. Sollte Vittorio den Unterschied bemerkt haben, ließ er sich nichts anmerken.
„Mein Chauffeur wartet unten. Normalerweise sitze ich selbst am Steuer, aber mein Wagen steht ja in der Werkstatt und wird neu lackiert.“
Fast schuldbewusst, obwohl gar nicht sie seinen Ferrari zerkratzt hatte, verließ Ally hinter Vittorio die Wohnung ihres Zwillings. Nervös fragte sie sich, worauf sie sich eigentlich eingelassen hatte, um Alex zu schützen. Als Kinder hatten sie oft übermütig die Rollen getauscht, so erfolgreich, dass nicht einmal ihre Mutter den Schwindel bemerkt hatte. Doch dies hier war ja kein Spaß. Im Gegenteil! Dieser Rollentausch konnte auch ins Auge gehen …
Vittorio gab dem Chauffeur in rasantem Italienisch einige Anweisungen und übergab ihm die Koffer. Leider hatte Ally kein Wort verstanden. Doch die Körpersprache des Angestellten verriet, dass er etwas dagegen hatte, Ally zu fahren. Seltsam …
Höflich hielt Vittorio ihr die Tür zum Fond der Limousine auf und setzte sich neben sie. Nachdem er das Zeichen zur Abfahrt gegeben hatte, schob er die Trennscheibe zur Fahrerkabine zu. „Beppe hat was dagegen, dass ich mich mit einer geschiedenen Frau einlasse“, erzählte er. „In der Beziehung ist er reichlich altmodisch.“
Ally rückte so weit wie möglich weg von den langen muskulösen Oberschenkeln, die viel zu viel Platz beanspruchten. „Auf mich wirkst du nicht gerade wie jemand, der etwas auf die Meinung anderer Leute gibt“, sagte sie. „Sonst wärst du wohl kaum auf diese absurde Scharade gekommen.“
Vittorio streckte einen Arm auf der Rückbank aus, wobei er fast Allys Nacken berührte und ihren ganzen Körper in Aufruhr brachte. Sie atmete tief durch und fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die staubtrockenen Lippen.
„Niemand soll merken, dass es sich um eine Scharade handelt.“ Er schaute Ally tief in die Augen. „Nur Rocco weiß natürlich Bescheid.“
„Ich muss ihm doch wohl nicht begegnen, oder?“, fragte sie entsetzt.
„Wenn die Familie versammelt ist, lässt sich das nicht vermeiden. Du darfst ihn natürlich nicht anhimmeln, sonst nimmt uns niemand ab, dass wir eine Affäre haben.“
Sie wandte sich ab und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust. „Das wäre das Letzte, was ich tun würde“, stieß sie wütend hervor.
„Warum bist du eigentlich so wütend, dass er eure Beziehung beendet hat? Ihr habt doch höchstens zwei-, dreimal miteinander geschlafen. Und das auch nur, weil du dich ihm an den Hals geworfen hast.“
„Das ist nicht wahr!“ Ally erinnerte sich genau an Alex’ tränenreiche Beteuerung. „Er hat gesagt, dass er mich liebe und sich von seiner Frau scheiden lassen werde.“
Es fiel Vittorio schwer, sich zu beherrschen. „Hast du dir wirklich eingebildet, er würde seine wunderschöne Frau für ein dahergelaufenes Luder verlassen? Wie naiv bist du eigentlich? Er hat dich nur benutzt. So wie du ihn. Ihr seid in einer Absteige in die Kiste gesprungen, er hat dir Schmuck und Geld gegeben, und das war’s.“
Ally musterte ihn wütend. „Hat er behauptet, mich bezahlt zu haben?“
Vittorio hielt ihrem Blick stand. „Nein, aber das war auch gar nicht nötig. Du hast das Geld ja selbst genommen. Du wolltest dich mit der Trennung nicht abfinden. Du wolltest mehr, als Rocco zu geben bereit war. Deshalb hast du ihm das Leben zur Hölle gemacht, ohne zu bedenken, dass dein Verhalten sich auch auf die restliche Familie auswirken könnte.“
Ally fehlten die Worte. Sie konnte Alex’ Schmerz nachvollziehen, so rüde abgefertigt worden zu
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