Julia Festival Band 05
„Was ist mit Ihrem Wagen?“
„Der Motor springt nicht an“, erklärte Robbie.
Laura überlegte noch, ob es vielleicht ein Fehler war, dies dem Fremden mitzuteilen, als Tim sich zu ihr wandte.
„Haben Sie das Licht ausprobiert?“
„Nein.“ Sie erschrak über ihre hauchdünne Stimme. „Nein“, wiederholte sie etwas selbstbewusster.
Tim deutete auf den Wagen. „Schalten Sie es ein.“
Als Laura sich in den Wagen beugte, um den Zündschlüssel herumzudrehen, beobachtete Tim, wie ihr Rock über ihren langen, schlanken Beine hochrutschte. Das Licht funktionierte, allerdings brannte es nur schwach.
Zögernd wandte er den Blick von ihren Beinen ab und schaute ihr in die Augen. Kein schlechter Tausch, dachte er. Diese Frau raubte ihm fast den Atem. „Es liegt an der Batterie“, hörte er sich plötzlich sagen.
„Großartig“, bemerkte Laura ratlos, während sie sich gegen den Wagen lehnte.
Noch nie hatte Tim den Ritter in der glänzenden Rüstung gespielt. Doch in diesem Moment wünschte er sich nichts sehnlicher als das, auch wenn seine Rüstung ein roter Mantel mit einem Pelzbesatz war. „Ich habe ein Startkabel dabei.“
Laura bat Fremde nicht gern um einen Gefallen, schon gar nicht, wenn diese ein Weihnachtsmannkostüm trugen. Doch es war bereits sehr spät, und sie wusste, dass ihre Mutter sich Sorgen machen würde. Sie sorgte sich ständig … das war eins ihrer Hobbys.
Entschlossen drückte sie Robbies Hand noch etwas fester. „Würden Sie mir helfen?“
„Mom, meine Finger tun schon weh.“
Als sie Robbies Hand losließ, sah sie unter dem vollen weißen Haar ein freundliches Lächeln auf Tims Gesicht.
„Es ist mir ein Vergnügen. Ich bin gleich zurück. Warten Sie hier.“
Laura stützte sich auf der Motorhaube ab. „Als ob wir eine Wahl hätten“, murmelte sie zu Robbie. Im Stillen hoffte sie nur, dass die Sache gut ausgehen würde.
„Vielen Dank, lieber Weihnachtsmann, wer immer du sein magst“, sagte Tim, während er zu seinem Jaguar hinüberlief, um ihn zu holen.
Schon beim zweiten Versuch mit dem Starthilfekabel sprang der Motor an. Als Tim die Kabel von ihrer Batterie entfernte, ermahnte Laura ihren Sohn, sich zu beeilen und endlich einzusteigen.
„Haben Sie vielen Dank“, sagte sie hastig. Ihre Stimme klang schriller, als es ihr lieb war. Dies passierte ihr immer, wenn sie nervös war.
Sie setzte sich eilig hinter das Steuer und wollte die Tür hinter sich schließen. Doch Tim hinderte sie daran. Er legte seine Hand auf den Türrahmen. So aufdringlich war er sonst nicht, aber er hatte sich vorher auch noch nie verliebt.
„Nun, ich sollte auf jeden Fall hinter Ihnen herfahren … falls Sie unterwegs noch einmal liegen bleiben“, fügte er rasch hinzu, als er ihrem wachsamen Blick begegnete.
Laura zögerte. Nun gut, der Fremde hatte ihr geholfen, aber was wusste sie schon von ihm? Nichts, absolut nichts. „Ich möchte Ihnen nicht noch mehr Umstände machen.“
„Aber ich bitte Sie, es macht doch keine Umstände.“
Als sie die Spitzen seines falschen Barts im Wind flattern sah, fragte sie sich, ob sie nicht etwas übertrieben vorsichtig war. Aber warum nahm er nicht wenigstens diesen Bart ab? War er vielleicht entstellt? Hatte er ein fliehendes Kinn und schämte sich deswegen? Oder wollte er etwas ganz anderes verbergen?
„Sind Sie sicher?“, fragte sie langsam.
Während Tim darüber nachdachte, warum sie so misstrauisch war, wurde ihm klar, dass es sein größter Wunsch war, sie von diesem Misstrauen zu befreien. „Großes Ehrenwort.“ Er hielt drei Finger zum Schwur hoch. Dann beugte er sich zu ihr hinab. „Sie sind nicht sehr vertrauensvoll, stimmt’s?“
Laura zog die Augenbrauen hoch. Führt er doch etwas im Schilde?, schoss es ihr durch den Kopf. „Ich habe keinen Grund dazu.“
Man brauchte kein Psychiater zu sein, um zu wissen, dass diese Worte aus ihrem tiefsten Innern kamen. Warum? Was konnte eine so hübsche Frau wie Robbies Mutter so misstrauisch gemacht haben?
Laura wünschte, er würde endlich seine Hand von der Wagentür nehmen.
„Vielleicht können wir das ändern“, sagte Tim leise. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er ihren Namen immer noch nicht wusste. „Wie heißen Sie?“
Wieder zögerte Laura. Der Gedanke, dass dieser Mann ihr nach Hause folgte, gefiel ihr nicht besonders. Aber wovor fürchtete sie sich eigentlich? Ihre Mutter lebte bei ihr, und außerdem konnte sie jederzeit die Polizei rufen. Sie rutschte unruhig auf
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