JULIA FESTIVAL Band 78
es vor sie hin.
„Ich muss allein mit ihm reden“, sagte Rowena. Der Bankdirektor sollte nicht erfahren, worum es bei dieser Sache wirklich ging. Das wäre zu peinlich gewesen.
„Dann warte ich draußen.“ Harvey Ellis lächelte zuvorkommend und stand auf. „Werden zehn Minuten genügen?“
„Ja, danke.“
Oder nicht? Sobald er das Büro verlassen hatte, hob Rowena den Hörer ab und wählte hastig die Nummer von Delahunty’s, die sie im Kopf hatte, weil sie Phil schon öfter dort angerufen hatte. Sie wurde zu Simons Sekretärin durchgestellt.
„Guten Tag. Simon Delahuntys Büro. Was kann ich für Sie tun?“
Als sie die freundliche Stimme hörte, sah Rowena im Geiste die sympathische Frau vor sich. „Rowena Goodman. Könnte ich wohl mit Simon sprechen?“
„Einen Moment, Mrs. Goodman. Ich bin sicher, er wird Ihren Anruf gern entgegennehmen“, kam die herzliche Antwort.
Rowena fragte sich nervös, ob sich schon im ganzen Gebäude herumgesprochen hatte, dass sich Simon für Jamie und sie interessierte. Wenn ja, würde Phil vielleicht …
„Was kann ich für dich tun, Rowena?“, fragte Simon.
„Weiß Phil, dass Jamie bei dir war? Und dass du bei mir zu Hause gewesen bist?“
„Ich habe es ihm nicht gesagt.“
„Deine Sekretärin …“
„Alles wird streng vertraulich behandelt. Ist etwas passiert?“
„Nein, ich … ich bin in der Bank, Simon.“
„Ich hoffe, Harvey Ellis kümmert sich angemessen um dich.“
„Darum geht es nicht. Ich bin … Das viele Geld …“
„Kinder großzuziehen ist teuer“, sagte Simon. „Im Laufe der Jahre …“
„Ich kann es nicht annehmen!“, unterbrach ihn Rowena.
„Sieh es einfach als Vorsichtsmaßnahme.“
„Aber dreihunderttau…“ Rowena erinnerte sich zu spät daran, dass Sarah alles mitbekam und nichts vergaß. „Es ist zu viel.“
„An das Geld kannst du schnell heran, das ist wichtig. Ich habe gestern mein Testament geändert und dich und die Kinder als meine Erben eingesetzt. Falls mir etwas zustoßen sollte …“
„Simon! Um Himmels willen!“
„Das sichert dich ab, bis wir verheiratet sind.“
„Verheiratet? Ich bin verheiratet, Simon! Ich lebe gerade erst zweieinhalb Tage von meinem Mann getrennt. Wir können uns frühestens in einem Jahr scheiden lassen. Und ich lasse mich nicht drängen!“
„Du wolltest, dass ich dir beweise, wie viel mir an euch liegt. Ich möchte dir alles geben, was du brauchst.“
„Ich weiß nicht, ob ich dich heiraten werde“, erwiderte Rowena. „Vielleicht geht es nicht gut. Da ist so vieles …“
„Hör zu, ich verspreche, dich nicht zu drängen“, sagte Simon beruhigend. „Ich bitte dich nur, uns eine Chance zu geben. Wir machen einen Schritt nach dem anderen.“
„Dieser ist zu groß.“
„Nein, leicht. Setz einfach deinen Namen unter alles, was unterschrieben werden muss. Ich kann es mir leisten, deine Kinder finanziell abzusichern, und ich möchte es gern tun. Okay?“
„Es ist … Wahnsinn.“
Simon lachte. „Der schönste Wahnsinn überhaupt. Habt ihr vier morgen Zeit?“
„Ja. Es sei denn …“ Rowena zögerte. Vielleicht wollte Phil an diesem Samstag die Mädchen besuchen.
„Was?“
Vielleicht aber auch nicht. Er hatte nicht angerufen. Warum sollte sie mit den Kindern untätig zu Hause sitzen und darauf warten, dass es ihm und Adriana gerade passte? Phil hatte seiner Familie die Trennung aufgezwungen. Also führt jetzt eben jeder sein eigenes Leben, dachte Rowena trotzig. Außerdem zeigte Simon mehr Interesse, als es ihr Ehemann – Ex-Ehemann – jemals getan hatte. Viel mehr!
„Es ist nicht wichtig“, erklärte Rowena entschlossen. „Was hattest du im Sinn?“
„Ein Schloss.“
Sie stellte sich unwillkürlich Festungswälle und Türme vor. „Das ist nicht dein Ernst.“
„Na ja, in Wirklichkeit ist es ein Haus“, räumte Simon ein. „Aber wir können es Schloss nennen. Ich möchte, dass du es dir ansiehst. Ich hole euch um zehn ab. Ist dir das recht?“
Rowena lächelte. Der fliegende Teppich raste mit Überschallgeschwindigkeit durch die Luft, und sie hätte wirklich abspringen sollen. Doch sie war neugierig, wohin die Reise als Nächstes führen würde. „Ja, gut.“
„Und nun mach, was Harvey sagt, Rowena. Dann kannst du nach Hause fahren und brauchst keine Angst mehr vor der Zukunft zu haben.“
Nein, sie konnte es nicht tun, ganz gleich, welche Argumente Simon vorbrachte. Rowena wusste, sie würde sich fühlen, als hätte er sie gekauft.
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