JULIA FESTIVAL Band 78
bestimmt auch nicht.“
„Warum denn das nicht?“, fragte er neugierig.
„Ich habe nicht eine so grenzenlose Geduld mit Kindern wie Jocelyn. Kinder passen nicht zu meinem Leben. Wie gesagt, ich liebe meine Unabhängigkeit. Kinder würden bei mir nur verwahrlosen. Sie bekämen kein anständiges Essen, keine sauberen Sachen …“
„Wenn Sie sich erst einmal für Kinder entschieden haben, werden Sie bestimmt eine gute Mutter sein.“
Ungläubig sah Antonia ihn an. „Haben Sie mich denn nicht verstanden? Das passt nicht zu mir. Ich mache mich nicht von Menschen abhängig.“
„Na, das sehe ich aber anders. Haben Sie nicht gerade die Verantwortung für das Schicksal von siebenundzwanzig Menschen übernommen? Übrigens, wie viele Leute stehen denn noch auf der Liste?“
„Zwölf“, antwortete sie. Am Tag zuvor war es ihr gelungen, einen weiteren Mann zu vermitteln. „Das ist doch aber etwas völlig anderes“, fügte sie gereizt hinzu.
„Wenn Sie meinen …“ Scott stand auf.
Antonia verspürte einen kleinen Stich im Herzen, weil ihr wieder bewusst wurde, dass Scott die Regie führte.
„Ich freue mich darauf, Sie am Wochenende zu sehen“, sagte er.
„Scott …“, begann sie und stand ebenfalls auf. Sie musste unbedingt noch herausbekommen, worum es an diesem Wochenende ging. Nur … wie sollte sie das bewerkstelligen? „Wollen Sie wirklich, dass ich am Wochenende mitkomme?“
„Ja, natürlich. Wer weiß, welche gravierenden Veränderungen sich für unser Leben ergeben? Es könnte gut sein, dass ein oder zwei Dinge bekannt gegeben werden.“
Antonias Magen krampfte sich zusammen.
„Werden Sie sich mit Jocelyn verloben?“, fragte sie dann frei heraus, weil sie glaubte, sich besser zu fühlen, wenn sie Gewissheit hätte.
Er schwieg eine Weile. Schließlich erkundigte er sich: „Sie nehmen das an, nicht wahr?“
„Glauben das nicht alle?“
„Ich habe keine Ahnung, was andere Menschen glauben. Ich verrate meine Pläne jedenfalls erst, wenn ich es für richtig halte.“ Er ging zur Tür. Gleich darauf war er verschwunden.
Sie hatte das Gefühl, das Schwert des Damokles schwebe über ihrem Haupt, und auf Scotts Befehl hin könnte es jederzeit auf sie hinuntersausen. Ja, sie saß wahrlich in einer Falle!
Antonia lehnte sich in ihren Schreibtischstuhl zurück und überlegte verzweifelt, wie sie heil aus dieser komplizierten Sache herauskommen könnte. Nach einigen Minuten gab sie auf. Solange sie nicht wusste, was Scott vorhatte, würde sie zu keinem Ergebnis kommen. Zweifellos war er aber der durchtriebenste und hinterhältigste Mann, mit dem sie es je zu tun gehabt hatte. Warum fühlte sie sich nur körperlich so intensiv zu diesem Menschen hingezogen?
Egal. Viel wichtiger war, auf keinen Fall zuzulassen, dass Ray in diesem Spiel verletzt wurde, was Scott auch vorhaben mochte. Ihr größtes Kunststück musste sie leisten, indem sie herausfand, was Scott am nächsten Wochenende verkünden wollte. Bis ihr das gelungen war, würde sie Ray berichten, dass sich an der Situation nichts geändert hatte.
Da es keinen Sinn hatte, sich über Probleme den Kopf zu zerbrechen, die sich vorerst nicht lösen ließen, machte Antonia mit den Dingen weiter, die sie problemlos erledigen konnte.
Bis zum Freitag gelang es ihr, vier weitere Personen zu vermitteln, was bedeutete, dass nur noch acht Personen arbeitslos waren.
Auch mit Lillian sprach sie. Die schwärmte von Mr. Templetons Kochkünsten und verlor kein Wort darüber, dass ein Mann in ihrem Haus sie in irgendeiner Weise störte. Ganz im Gegenteil, Lillian Devereux und Mr. Templeton schienen sich sehr gut zu vertragen.
Antonia freute sich darüber und empfand auch ein bisschen Stolz, dass sie die beiden zusammengeführt hatte. Immer mehr kam sie zu der Ansicht, dass Mr. Templeton und Lillian füreinander wie geschaffen waren.
Der Tag der großen Auktion sollte in zwei Monaten sein. Antonia und Lillian ließen hierfür den großen Ballsaal des Regent Hotel reservieren. Lillian berief eine Versammlung der Mitglieder des Wohltätigkeitskomitees ein, auf der unter anderem die Liste der zu versteigernden „Wunschträume“, erstellt werden sollte. Man war dann einhellig der Meinung, dass es gelingen würde, all diese verrückten Dinge kostenlos aufzutreiben.
Das ist viel amüsanter, als langweilige Kühlschränke zu versteigern, dachte Antonia vergnügt. Die Einladungen für den Abend befanden sich bereits in Druck und konnten nächste Woche
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