JULIA FESTIVAL Band 84
nicht ohne Schutz miteinander geschlafen. Auch in dieser Hinsicht war Anthony verantwortungsbewusst gewesen. Meredith wusste nicht, was schiefgegangen war, aber sie war sich darüber im Klaren, dass ihre Schwangerschaft ein weiterer Schock für Anthony sein würde. Trotzdem würde er zu ihr stehen, daran zweifelte sie nicht. Er war nett, fürsorglich und anständig. Meredith konnte sich nicht vorstellen, dass er sie im Stich lassen würde.
Nach der Geburt des Babys wartete Meredith sehnsüchtig auf die erste Karte von Anthony. Sie war sich völlig sicher, dass er ihr wie abgemacht eine zu Weihnachten schicken würde. Auch wenn er jetzt in Amerika studierte, würde er doch an sie denken und ihr schreiben. Und dann hatte sie seine neue Adresse und konnte ihm mitteilen, was passiert war. Sie stellte sich vor, wie er das erste Flugzeug nach Hause nehmen und ihr gemeinsames Kind von seiner Schwester zurückfordern würde. Und dann würden sie heiraten und … Aber Meredith bekam keine Weihnachtskarte von ihm …
Nur das erste versprochene Päckchen mit Fotos von Kimberly traf pünktlich ein.
Meredith musste akzeptieren, dass es vorbei war. Entweder hatte Denise Graham die Wahrheit gesagt, und Anthony konnte sich nicht an die gemeinsam verbrachte Zeit erinnern, oder er wollte nichts mehr von ihr wissen. Auf jeden Fall war es zu spät. Meredith hatte ihr Baby weggegeben. Diese Entscheidung war unwiderruflich.
Aber Meredith konnte nicht aufhören zu träumen. Ein Jahr später gab sie der Versuchung nach und ging zum Haus der Grahams. Die Adresse hatte sie damals von Anthony bekommen, bevor er sie verlassen hatte. Seine zwei Jahre in den Vereinigten Staaten waren um, und Meredith hoffte, mit ihm sprechen zu können. Sie wollte Gewissheit haben und ihn fragen, wie es zwischen ihnen stand.
Die Grahams waren umgezogen. Keiner der Nachbarn wusste, wohin. Der einzige Weg zu Anthony war versperrt.
Das Leben geht weiter, hatte sich Meredith gesagt, und es war weitergegangen, doch sie hatte noch lange immer wieder davon geträumt, dass Anthony eines Tages kommen und alles in Ordnung bringen würde.
Jetzt war er da, aber er erinnerte sich nicht an sie.
Anthony tauchte aus der Küche auf, und Meredith wappnete sich. Sie musste ruhig und gelassen bleiben und ihn davon überzeugen, dass ihr das Wohl und Glück ihrer Tochter wichtiger als alles andere war und sie tun würde, was am besten für Kimberly war. Unwillkürlich blickte Meredith ihn jedoch sehnsüchtig an.
Je näher er kam, desto schneller schlug ihr Herz. Als er sich hinunterbeugte und den Teller mit überbackenen Sandwiches auf den Couchtisch stellte, bewunderte sie Anthonys lange, dichte Wimpern – seine Tochter hatte sie von ihm geerbt – und seinen sinnlichen Mund. Sofort musste sie an Anthonys leidenschaftliche Küsse denken und an die Erfüllung, die sie früher bei ihm gefunden hatte. Meredith erschauerte und war wütend auf sich, weil sie unfähig war, die Wünsche zu unterdrücken, die er in ihr weckte.
„Sind Sie verheiratet?“ Sie musste einfach wissen, ob er unerreichbar für sie war. Wenn ja, konnte sie vielleicht aufhören, sich von ihren Gefühlen für ihn verwirren zu lassen, und sich stattdessen völlig darauf konzentrieren, dass das Treffen mit Kimberly zustande kam.
„Nein.“ Anthony warf Meredith einen scharfen Blick zu und setzte sich dann in den Sessel auf der anderen Seite des Couchtisches.
Meredith verzog keine Miene. Er sollte glauben, dass sie diese Frage nur gestellt hatte, weil sie sich dafür interessierte, was für ein Zuhause ihre Tochter bei ihm hatte. Die Antwort stimmte Meredith hoffnungsvoll, und einen Moment lang malte sie sich alle möglichen wundervollen Dinge aus. Dann fiel ihr etwas ein. „Leben Sie mit einer Freundin zusammen?“
„Nein.“
Meredith hatte Angst, dass er ihr ansah, wie erleichtert sie war.
Seine Miene verriet nicht, was er dachte, als er langsam hinzufügte: „Ich habe eine Haushälterin, die immer da ist, wenn Kimberly aus der Schule kommt, und die sich auch um meine Nichte kümmert, wenn ich abends weggehen muss. Sie ist jetzt bei ihr. Die beiden verstehen sich sehr gut.“
Anthony versicherte ihr, dass nichts daran auszusetzen war, wie er seine Aufgabe als Vormund erfüllte. Meredith lächelte. „Das ist schön“, sagte sie und meinte etwas ganz anderes. Sie war überglücklich, dass er nicht mit einer Frau zusammenlebte.
Er sah sie so lange starr an, dass ihr Lächeln verschwand. Hatte er
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