JULIA FESTIVAL Band 89
wie beim Einreißen der Wand.
Taylor runzelte die Stirn und stemmte ungeduldig die Hände in die Seiten. „Wir haben immer noch nicht geklärt, weswegen Sie einen Tag zu früh anfangen.“
Er schaufelte weiter, bis die Schubkarre unter ihrer Last fast zusammenbrach. Langsam richtete er sich auf, und Taylor konnte nicht die kleinste Spur von sexuellem Interesse in seinem Blick erkennen. Hatte sie sich das Knistern zwischen ihnen etwa nur eingebildet?
„Ich dachte mir, ein Tag früher dürfte für Sie kein Problem sein.“ Er warf die Schaufel zur Seite und packte die Griffe der Schubkarre. Die Muskeln an seinen Oberarmen spannten sich an.
Mühsam riss Taylor den Blick von ihm los. „Ich brauche diesen letzten Tag, bevor in den nächsten drei Monaten hier nur noch Lärm und Chaos herrschen. Diesen Ruhetag haben Sie mir verdorben.“
Mit dem Unterarm wischte er sich über die Stirn. Taylor erkannte, dass er erschöpft, verschwitzt und schlecht gelaunt war. „Ich glaube eher, dass dieser Anruf Ihnen den Tag verdorben hat.“
Trotz ihrer Verärgerung empfand sie immer noch dieses erotische Prickeln. „Mir wäre es wirklich sehr lieb, wenn Sie jetzt gehen und erst morgen wieder kommen würden.“
„Das ist ein Scherz, oder?“, entgegnete Mac.
„Nein.“
„Ihre Ruhe ist Ihnen wichtiger als der Beginn der Renovierungsarbeiten, die Sie selbst in Auftrag gegeben haben?“
„Allerdings.“
„Na schön.“ Er ließ die Schubkarre stehen und stützte die Hände in die Seiten. „Wie Sie wollen, Prinzessin. Dann eben morgen, aber treiben Sie dieses Spielchen nicht noch einmal mit mir. Ich werde diesen Job nicht weiter aufschieben, egal in welcher Laune Sie gerade sind.“
Hatte er sie wirklich gerade Prinzessin genannt? Der Kerl konnte was erleben! Taylor riss sich den Strohhut vom Kopf, für den sie seinerzeit ein hübsches Bündel Scheine hingeblättert hatte. Diesen Mann ging es nichts an, dass sie ihre helle Haut vor der Sonne schützen musste. Auch wenn er sie vermutlich wegen dieses Huts für zimperlich hielt. „Morgen ist mir sehr recht“, stieß sie hervor.
Mac reckte sich, und das T-Shirt spannte sich über seiner Brust. Taylor sah lieber nicht genauer hin, um nicht abgelenkt zu werden. Dann rieb er sich die Augen. „Gut, ich verschwinde. Aber wenn Sie ohnehin schon vor Wut kochen, dann könnten Sie uns beiden doch einen Gefallen tun.“ Er hob den Vorschlaghammer hoch und hielt ihn Taylor hin. „Schlagen Sie den alten Putz von den Wänden. Betrachten Sie es als eine Art Therapie.“
Taylor blickte auf den schweren Hammer. Sie konnte sich nicht entsinnen, jemals in ihrem Leben auch nur einen Schraubenzieher benutzt zu haben. Das lag zwar in erster Linie an ihrer vornehmen Familie, doch sie lebte jetzt schon so lange allein, dass sie sich den Umgang mit Werkzeugen längst hätte beibringen können.
Es wäre bestimmt eine Genugtuung, jetzt den Hammer zu schwingen und diesen Mann dadurch zu verblüffen. Liebend gern würde sie sehen, wie ihm das überhebliche Grinsen verging.
Einladend wedelte er mit dem Vorschlaghammer.
Seltsam, dachte Taylor. Es juckt mir in den Fingern, dieses Werkzeug zu halten, mit aller Kraft zu schwingen und gegen die Wand krachen zu lassen, mag es auch noch so roh und gewalttätig sein.
„Sie wollen es doch“, forderte Mac sie mit leiser tiefer Stimme auf. „Fassen Sie ihn an.“
Taylor hob die Augenbrauen und blickte den Mann mit aufreizendem Augenaufschlag an. „Haben die alle dieselbe Größe?“
Sofort blitzte es in seinen Augen auf, und Taylor erkannte, dass sie sich die erotische Spannung vorhin nicht bloß eingebildet hatte. „Ich dachte, die Größe spielt keine Rolle?“
Sie hob eine Schulter. „Das ist nur so eine Geschichte, die eine Frau in die Welt gesetzt hat, um ihren armen Ehemann zu trösten, der … nicht richtig ausgestattet war.“
„So, so.“ Wieder hob Mac den Vorschlaghammer, und jetzt lächelte er belustigt. „Auf die richtige Ausstattung kommt es also an, ja?“
„Genau.“
Kurz sah er zu dem Vorschlaghammer und dann wieder in Taylors Augen. „Anscheinend habe ich ja die richtige Ausstattung. Greifen Sie jetzt zu?“
Ja, das würde sie. Jedenfalls was den Hammer betraf. Im Moment konnte sie ihren Zorn kaum bändigen. Sie ärgerte sich über ihren verstorbenen Großvater, der sich wahrscheinlich von irgendeiner Wolke aus gerade königlich über sie amüsierte. Sie war wütend auf ihre Mutter, der alles außer ihrer eigenen
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