JULIA FESTIVAL Band 89
Jahren hinter sich gelassen, als er fortgegangen war. Mittlerweile dachte er nur noch selten an jene Zeit zurück.
Heute konnte ihn nichts und niemand mehr verletzen. Er sorgte dafür, dass beständig mehr Geld auf sein Konto kam, und das schaffte er mit Arbeit, die ihm gefiel. Und wenn er hin und wieder eine der Schönheiten Kaliforniens in sein Bett bekam, dann hatte er nichts dagegen.
Ty musste an heute Morgen denken – an Dr. Nicole Mann. Sie gehörte nicht zu den typischen Schönheiten, die hier in Kalifornien herumliefen. Doch dass sie trotz ihrer offensichtlichen Erschöpfung voller Kampfgeist gewesen war, das machte sie in seinen Augen zur aufreizendsten kleinen Frau, die ihm je begegnet war. Klein war sie in der Tat. Sie reichte ihm ja kaum bis zur Schulter. Dennoch war ihr Körper perfekt geformt, und ihre Kurven waren aufregend. Diesen Körper verdankte sie bestimmt nicht ihrer unausgewogenen Ernährung. Viel eher hatte sie ihn sich mit eisernem Willen erkämpft. Denn einen eisernen Willen hatte Frau Doktor. Wenn Blicke töten könnten, würde er nicht mehr auf den Beinen stehen.
Er dachte an ihre langen dunklen Wimpern und die großen grauen Augen. Das kurze schwarze Haar, das ihr bis an Kinn reichte, schimmerte seidig.
Ty wollte darüber lachen, was für eine eindringliche Wirkung sie auf ihn gehabt hatte, doch daran war überhaupt nichts Lustiges. Nicole unterschied sich von allen anderen Menschen, und genau deswegen beeindruckte sie ihn auf eine Art, die ihm gar nicht gefiel. Am besten, er dachte nicht mehr an sie und ihren perfekt geformten Mund, der wie geschaffen war für heißen Sex.
Ty richtete sich auf und stellte die Füße auf den Boden. Genau, dachte er. Immer auf dem Boden bleiben. Halt dich von anderen Menschen fern, besonders von der sexy Ärztin. Er drehte sich mit seinem Stuhl herum und rollte zu seinem Computer. Um sich von diesen grauen Augen und den sinnlichen Lippen abzulenken, würde er weiterarbeiten.
Er startete den Computer und fragte seine E-Mails ab. Achtundzwanzig waren eingetroffen, und er öffnete eine nach der anderen. Manche druckte er aus, manche beantwortete er, und danach würde er sie alle löschen.
Bei allen Nachrichten ging es um laufende Aufträge. Nur der Absender der letzten Nachricht war ihm fremd. Dennoch dachte Ty sich nichts dabei, als er die E-Mail öffnete.
„Bist Du Ty Patrick O’Grady aus Dublin?“
Ty wäre fast vom Stuhl gesprungen. Er starrte auf den Bildschirm. Er fuhr sich durchs Haar und drehte sich mit dem Stuhl langsam im Kreis. Niemand wusste, woher er stammte. Niemand.
Doch als er wieder zum Monitor sah, stand die Nachricht immer noch unverändert dort?
Ja, er war Ty Patrick O’Grady aus Dublin. Aber wer wollte das wissen? Und wieso? Es gab nichts Gutes an seiner Vergangenheit. Im Grunde verband er so viel Schlechtes damit, dass er schon bei der Erinnerung daran Magenkrämpfe bekam.
Er wollte die Nachricht gerade löschen, doch dann zögerte er.
Wer war der Absender?
Nein, das spielte keine Rolle.
Ty stand auf und ging in seinem Büro hin und her. Schließlich stieß er einen Fluch aus und kehrte zum Computer zurück. Reglos betrachtete er einen Moment die Nachricht, dann streckte er die Hand aus und löschte sie.
2. KAPITEL
Nach zwei höllisch anstrengenden Arbeitstagen fuhr Nicole nach Hause. Dass sie ausnahmsweise weder in tiefster Nacht noch ganz früh am Morgen zu Hause ankam, merkte sie daran, dass sie weit und breit keinen freien Parkplatz in South Village fand. Schon gar nicht in der belebten Straße, in der sie wohnte.
In den Geschäften, Galerien und Restaurants tobte das Leben, und Nicole fiel wieder einmal auf, dass offenbar alle Menschen außer ihr ein Privatleben hatten. Andererseits hatte sie schon vor langem entschieden, dass die Medizin ihr Leben war. Im Moment fehlte ihr nur noch ein Parkplatz zum Glück. Nachdem sie immer wieder fluchend um den gesamten Block gekurvt war, fand sie endlich eine Parklücke in ihrer Straße. Der Weg zum Haus tat ihr gut, und beim Gedanken an die frischen Croissants, die sie sich unterwegs gekauft hatte, wurde sie richtig glücklich. Die würde sie gleich essen und dazu die Hamburger, die sie in der zweiten Papiertüte bei sich trug.
Nicole erreichte das Haus mit den Erkern, Türmchen und winzigen Balkons. Die beiden Schaufenster im Erdgeschoss waren leer, doch Suzanne wollte dort ihren eigenen Party-Service aufmachen. Taylor beschäftigte sich Tag und Nacht mit der
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