JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
nicht tun“, stöhnte David an ihren Lippen. „Und ich sollte es dich nicht tun lassen.“
„Komm nach Hause“, drängte Honor ihn.
„Nach Hause?“ Er lächelte schief.
„Ja, nach Hause“, wiederholte sie.
Einen Moment lang dachte sie, er würde weitergehen. Sie hielt den Atem an, bis er kehrtmachte.
Gähnend sah Honor auf die Uhr. Es war nach drei Uhr morgens. Sie konnte kaum glauben, dass David Laurence Crighton – er hatte ihr seinen vollen Namen genannt – und sie schon so lange redeten.
Er hatte ihr alles erzählt und nichts ausgelassen. Mehr als einmal waren seine Augen feucht geworden.
„Ich würde ihn gern kennenlernen“, sagte sie, nachdem er ihr von Pater Ignatius berichtet hatte.
„Das würde mich freuen“, erwiderte er und zog sie fest an sich. „Er hat mich so viel gelehrt und mir geholfen, mein wahres Ich zu finden. Ich habe ihnen so viel zu erklären, so viele Wunden zu heilen …“ Er machte eine kurze Pause. „Ich habe Jack heute gesehen“, erzählte er dann schließlich. „Ich glaube, er arbeitet bei deinem Cousin. Jon war ihm ein guter Vater, das sieht man.“
„Er ist dein Sohn, David.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe ihn gezeugt, mehr nicht. Ihn und Olivia. Das arme Mädchen. Mein Vater war sehr schlecht zu ihr, und ich habe alles nur noch schlimmer gemacht.“
„Dein Vater hat sich eine Menge vorzuwerfen“, fand Honor.
„Nein. Ihm die Schuld zu geben ist zu leicht. Ich hätte stärker sein können. Sein müssen. Irgendwann kommt immer der Punkt, an dem man sich entscheiden muss, an dem man sich eingestehen muss, welche Einflüsse einen geprägt haben und ob man sich damit abfindet oder nicht. Bist du sicher, dass ich hierbleiben soll?“, fragte er leise.
„Ja.“
„Das wird deiner Familie nicht gefallen“, warnte er. „Deine Töchter …“ Er sah ihr ins Gesicht. „Oder weißt du schon jetzt, dass das zwischen uns so kurz und schnell vorüber sein wird, bevor du …“
„Nein!“, unterbrach Honor ihn leise, aber so energisch, dass es sie selbst ein wenig schockierte. Sie hatte nicht an ihre Familie oder ihre Zukunft gedacht, als sie ihm nachgerannt war. Sie hatte nicht einmal gewusst, warum es so wichtig war, dass er blieb. Aber jetzt wurde es ihr schlagartig klar.
„Sieh mich nicht so an“, hörte sie David mit einem Seufzen sagen, als er sie an sich zog. „Ich verdiene es nicht, Honor. Ich verdiene dich nicht.“
„Ich will dich bei mir haben, David“, hauchte sie. „Ich will, dass du bleibst.“
Nein, sie würde nicht sagen, dass sie ihn liebte. Das wäre viel zu banal und einfallslos, um auszudrücken, was sie für ihn empfand.
„Du verdienst einen Märchenprinzen, Honor, einen Ritter in schimmernder Rüstung“, wisperte er zurück. „Einen Mann mit Mut und Kraft.“
„Du hast Mut und Kraft“, begann Honor, doch er schüttelte den Kopf.
„Sag es nicht“, bat er. „Wir wissen beide, dass es nicht wahr ist.“
„Es ist wahr, David“, beharrte sie ernst. „Die Wahrheit ist immer das, was gerade passiert. Vielleicht stimmt das nicht für die Vergangenheit, aber du warst couragiert genug, um zurückzukommen. Du hast Kraft und Mut gezeigt.“
„Aber warum bin ich zurückgekommen? Ich weiß es einfach nicht.“
„Manchmal ist das Leben wie die Biegung eines Flusses“, sagte sie. „Wenn man sich ihr nähert, kann man nicht sehen, was dahinter liegt, also braucht man Hoffnung und Zuversicht.“
„Du bist meine Hoffnung und meine Zuversicht“, erwiderte er.
Zärtlich berührte sie sein Gesicht, und ihre Augen wurden feucht, als er ihre Hand ergriff und jeden Finger küsste … und dann die Handfläche … das Handgelenk … und …
„Seit der Trennung von Tiggy habe ich keine Frau mehr angefasst. Ich hatte kein Bedürfnis danach“, gestand David später, als Honor in seinen Armen lag. Er hielt sie ganz fest, als hätte er Angst, sie wieder zu verlieren. „Und für eine lange Zeit während der Ehe war ich nicht … habe ich nicht … Was ich für dich fühle, habe ich noch nie gefühlt. Ich kann es nicht beschreiben. Du sollst wissen, dass das, was ich für dich fühle, mein Bestes ist, Honor.“
„Ich weiß es“, versicherte Honor ihm.
David war so verwirrt über die Stärke seiner Gefühle, dass sie den Wunsch verspürte, ihm Geborgenheit zu schenken. Die Vergangenheit mit ihren Fehlern und Schmerzen lag hinter ihm. Honor fand, dass ein Mann, der Fehler begangen hatte, der aber zu ihnen stand und sie
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