JULIA FESTIVAL EXTRA Band 06
bereute, ehrenwerter war als einer, der behauptete, nie welche gemacht zu haben.
Natürlich wären Abigail und Ellen entsetzt. Ihre Töchter würden sie daran erinnern, dass sie als ziemlich wohlhabende Frau einen ganz bestimmten Männertyp anzog. Einen, der sie ausnutzen und sich an ihr bereichern wollte. Aber Honor wusste, dass David kein solcher Mann war.
„Erzähl mir von ihm“, bat David plötzlich. Es hörte sich an, als wäre ihm die Frage äußerst peinlich. „Wie sah er aus? Was hat er gesagt? Hat er mich erwähnt, oder …“
„Dein Vater?“, fragte sie. „Er …“
„Nein, nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich meine Jon. Du hast gesagt, dass er in Queensmead war.“
Jon, sein Bruder, sein Zwilling. Jetzt verstand sie, warum er zurückgekommen war, auch wenn es ihm selbst noch nicht bewusst war.
„Ja, er war da“, bestätigte sie. „Er …“ Sie zögerte. „Ich mochte ihn“, sagte sie nur. „Er versteht sich großartig mit seinem Sohn.“
„Mit seinem Sohn.“ David runzelte die Stirn. „Mit welchem? Er hat zwei. Max und Joss.“
„Ich meine Max. In Queensmead habe ich ihn mit Max gesehen.“
„Mit Max?“ David wehrte sich gegen den Neid. „Max und Jon sind nie gut miteinander ausgekommen. Als Junge stand Max mir viel näher als Jon.“ Als er Honors Blick wahrnahm, zügelte er sich. „Ich freue mich allerdings für die beiden. Eigentlich war es mein Vater, der immer sagte, Max hätte mein Sohn und Olivia Jons Tochter sein müssen.“
Honor erwiderte nichts. Offenbar war David die Beziehung zu seinem Zwillingsbruder sehr wichtig. Sie ahnte jedoch, dass er das nie zugeben würde.
„Jon wird mich nicht wiedersehen wollen“, fuhr David fort. „Na ja, ich kann es ihm nicht verdenken. Tante Ruth hat also das Geld zurückgezahlt, das ich unterschlagen habe?“, fragte er plötzlich und schloss die Augen. „Manchmal wache ich nachts auf und schwitze wieder vor Angst. Wie damals. Ich wollte mir das Geld nur leihen. Ich bekam diesen tollen Tipp: Aktien. Aber der Markt …“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich war so sicher, dass ich einen Riesengewinn machen würde, und als der Kurs fiel, hatte ich plötzlich ein paar tausend Pfund Schulden. So fing es an. Tiggy und ich lebten weit über unsere Verhältnisse. Sparsamkeit war für sie ein Fremdwort, und ich … wahrscheinlich hat sie einen Ausgleich gebraucht, weil ich sie nicht lieben konnte.“ Er öffnete die Augen. „Ich kann nicht erwarten, dass Jon mir zuhört, nach allem, was passiert ist.“
„Vielleicht doch“, entgegnete Honor ruhig. „Sie haben sehr offen darüber gesprochen, wie sehr dein Vater sich nach dir sehnt. Allein seinetwegen …“
„Wie krank ist er?“, fragte David leise.
„Körperlich ist er ziemlich kräftig, aber seelisch … Er ist alt, David, und er trägt eine schwere emotionale Last.“
„Meinetwegen?“
„Nein“, widersprach Honor entschieden. „Eigentlich ist er gesund genug, um noch zehn Jahre zu leben, und wenn er seine beiden Söhne von Herzen lieben könnte … Er will dich zurück, aber er will das Bild zurück, das er sich von dir gemacht hat.“
„Du erinnerst mich immer mehr an den Priester“, meinte David leise. „So etwas hat er auch irgendwann einmal zu mir gesagt. Vielleicht sollte ich mich doch von meiner Familie fernhalten.“
„Und dich für immer bei mir in Foxdean verstecken.“ Honor lachte. „Na ja, ich hätte nichts dagegen.“
„Ist dir denn nicht klar, dass ich nicht mehr besitze als das, was ich am Leib trage?“, fragte er. „Dass ich dich niemals finanziell unterstützen kann?“
„Geld ist nicht wichtig. Mir jedenfalls nicht“, versicherte sie ihm. „Du kannst das Loch in meinem Dach flicken. Und das in meinem Herzen“, fügte sie leiser hinzu.
„Vielleicht ist dir Geld nicht wichtig, aber in den Augen der Welt …“
„Die Augen der Welt sind mir auch nicht wichtig. Es kommt darauf an, was ich mit meinen Augen sehe“, erklärte sie.
„Und was siehst du?“, fragte er, und sie hörte, wie viel ihm ihre Antwort bedeutete.
„Ich sehe dich, David. Ich sehe einen Mann, dessen Menschlichkeit und innere Kraft mein Herz erwärmt. Ganz zu schweigen davon, was deine … sonstigen Vorzüge in meinem Körper bewirken“, setzte sie lächelnd hinzu.
„Also fühlst du gar nicht Liebe, sondern Lust, was?“
„Hmm …“ Honor legte den Kopf schief und tat, als müsste sie überlegen. „Ich würde sagen, es ist eine ausgezeichnete Mischung,
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