JULIA FESTIVAL EXTRA WEIHNACHTSBAND Band 03
Mann überlassen, der dich schlug?“
„Er hat mich nicht geschlagen!“, widersprach Steven, „sondern mir Disziplin beigebracht. Mein Leben lang hatte man mich gleichgültig behandelt, na ja, Nathan war ich nicht egal. Irgendwann fing ich an, ihn zu respektieren, und später liebte ich ihn. Ich habe eifrig gelernt, Dinge getan, die vorher nie für mich in Frage gekommen waren … Wieder eine Seele gerettet.“
„Du glaubst, ich bin zu nachsichtig mit Robbie?“, fragte Selina leise und sah aus dem Fenster in die neblige Landschaft. „Denkst du, er könnte so werden wie du?“
„Nein. Aber Kinder brauchen nicht nur Zuneigung. Sie müssen auch die Spielregeln kennenlernen. Du darfst Robbie gegenüber nicht zu nachgiebig sein, sonst wird er irgendwann glauben, immer seinen Kopf durchsetzen zu können. Und wenn du nicht aufpasst, verachtet er dich eines Tages vielleicht, weil du zu schwach warst, so, wie ich meine Lehrer verachtet habe.“
„Er braucht also eine starke Hand. Deine.“
„Ja, ich denke schon, obwohl ich auch kein Fachmann bin. Ich meine nur, wir sollten alles für ihn tun.“
„Das heißt, heiraten.“
„Ja“, bestätigte Steven.
„Und hier leben?“
„Wenn du glaubst, du wärst dazu in der Lage. Es sind noch einige Reparaturen nötig.“
Doch es könnte sehr schön werden, dachte Selina, während sie die Aussicht betrachtete. Das Haus lag abseits, aber trotzdem nicht abgeschieden – ein Wald und Felder erstreckten sich kilometerweit, von der Straße war nichts zu sehen. Ein idealer Platz für einen Jungen. Ideal auch für sie? Wenn sie zustimmte, dass sie hier zusammenlebten – sich liebten, würde Steven ihr genügend Freiraum lassen? Warum wollte er nur unbedingt, dass sie seine Frau wurde? Allein wegen Robbie?
Selina drehte sich zu Steven um, sah ihm in die Augen, um irgendeine Spur von Gefühl darin zu entdecken, und meinte ratlos und ein wenig enttäuscht: „Ich bin mir nicht sicher. Hast du wirklich alle Folgen bedacht?“
„Ich denke schon. Wir sind uns nicht gleichgültig, manchmal bin ich sogar davon überzeugt, dass du mich ganz gern magst“, fügte Steven schmunzelnd hinzu. „Du bist eine schöne, begehrenswerte Frau, deine Gesellschaft ist mir nicht unangenehm.“
„Aber …“
„Aber du könntest irgendwann einen anderen Mann kennenlernen und dich verlieben“, vollendete Steven leise und lächelte bitter.
„Liebe gibt es tatsächlich, Steven“, versicherte Selina sanft. „Meine Eltern lieben sich. Sie sind seit achtundzwanzig Jahren verheiratet …“
„Und waren immer glücklich?“
„Oh Steven, bei niemandem hängt der Himmel ständig voller Geigen. Natürlich gibt es Streitereien zwischen ihnen, aber das heißt nicht, dass sie sich nicht lieben.“ Sie blickte wieder aus dem Fenster. Es fiel ihr leichter nachzudenken, ohne ihn dabei anzusehen. „Was ist, wenn wirklich ein anderer Mann auftaucht? Oder wenn du dich verliebst?“
„Das steht in den Sternen. Bisher ist mir keine Frau begegnet, für die ich bis ans Ende der Welt gehen würde. Außerdem halte ich es für sehr unwahrscheinlich, mich zu verlieben.“
„Und ich hätte hier draußen wohl kaum Möglichkeiten, es sei denn, ich vergucke mich in den Farmer oder den Milchmann“, vermutete Selina, während sie sich zu Steven umwandte.
„Nicht einmal das wird passieren. Ich werde dich vollauf beschäftigen“, neckte er sie. „Dir wird keine Zeit für andere Männer bleiben.“ Er blickte Selina tief in die Augen, während er langsam auf sie zuging.
„Nein!“, wehrte sie heiser ab und wich zurück, bis sie mit dem Rücken an die Wand stieß. „Steven!“
„Was ist?“, fragte er gespielt harmlos. Ohne ihren Widerstand zu beachten, schloss er sie fest in die Arme. „Wir könnten morgen Vormittag heiraten“, meinte er schmunzelnd.
„Nein, wir …“
„Ja, wir könnten. Als ich nach England zurückkam, habe ich mich um eine Sondergenehmigung gekümmert.“
„Warst du dir deiner Sache so sicher?“
„Nein, Selina, keineswegs. Aber ich wollte auf alles vorbereitet sein.“
„Das hört sich an, als müsstest du eine bittere Pille schlucken. Nase zuhalten und schnell hinunter damit.“
Nach kurzer Überlegung und einem Ausdruck in den Augen, den Selina nicht deuten konnte, gab Steven leise zu: „Ich denke, da steckt ein Körnchen Wahrheit drin. Trotzdem halte ich eine Heirat für die beste Lösung. Warum also warten?“, fragte er, da sie immer noch nicht überzeugt
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