Julia Gold Band 0045
Übelkeit.
Im Übrigen waren Probleme vorprogrammiert, wenn sie bei diesem Mann angestellt und damit von ihm abhängig war. Denn er mochte sie genauso wenig wie sie ihn.
„Bitte entschuldigen Sie, Exzellenz, aber ich muss Ihr großzügiges Angebot ablehnen, für das ich Ihnen trotzdem danke“, erklärte Leah entschlossen. „Ich fühle mich hier wohl und bin auch vertraglich gebunden.“
„Ihr Vertrag wird beendet.“
„Mit welcher Begründung?“
Ihre offensichtliche Naivität belustigte ihn. „Vielleicht haben Sie vergessen, dass wir uns nicht in Ihrem Land befinden, Miss Marlow. Sie arbeiten hier, weil wir, nicht jedoch Sie es wollen. Es ist ganz leicht, einen Grund zu finden, Sie loszuwerden. Einer wäre zum Beispiel, dass Sie sich gegen einen gut gemeinten Rat auflehnen. Man würde Ihnen eine angemessene Abfindung zahlen, Sie ausweisen und nie wieder einreisen lassen.“
„Die königliche Familie war bisher mit meinen Leistungen sehr zufrieden“, wehrte sie sich. „König Rashid …“
„König Rashid ist vor allem am Wohl seiner Tochter interessiert, Miss Marlow. Es sei denn, er wünscht Ihre Anwesenheit aus sehr persönlichen Gründen.“
Leah errötete vor Zorn über diese unverschämte Unterstellung. „Das Wohl der Kinder …“, begann sie.
Er ließ sie jedoch nicht ausreden. „Darum wird man sich kümmern. Viel wichtiger ist es, Prinzessin Samira zu helfen, sich an das neue Leben zu gewöhnen.“
„Ich habe also keine andere Wahl, als Ihr Angebot anzunehmen?“
„Richtig.“
Oh nein, sagte Leah sich entschlossen.
„Vielleicht habe ich mich schon viel zu lange im Mittleren Osten aufgehalten“, meinte sie geringschätzig. Sie wollte ihm damit zu verstehen geben, was sie von seinem Plan hielt.
Aber er zeigte sich nicht im Geringsten beeindruckt von ihrer herausfordernden Bemerkung, sondern zog amüsiert eine Augenbraue hoch. „Vielleicht Ihr Bruder auch, Miss Marlow. Möchten Sie schuld daran sein, dass man ihm kündigt?“
Nun kochte Leah vor Wut. Das ist eine schamlose Erpressung, fuhr es ihr durch den Kopf. Allerdings wusste sie, dass es zur arabischen Kultur und Tradition gehörte, Familienmitglieder füreinander verantwortlich zu machen. Glen zuliebe hatte man sie, Leah, freundlich aufgenommen. Und ihretwegen würde vielleicht Glen den Job verlieren, den er so sehr liebte.
„Ich werde die Angelegenheit mit meinem Bruder besprechen“, sagte Leah steif.
„Tun Sie das, Miss Marlow.“
Ein vieldeutiges Lächeln auf den Lippen verließ er den Garten. Leah stand da und schaute blicklos hinter ihm her. Irgendwie konnte sie noch nicht begreifen, dass sich ihr Leben, das ihr bisher so sicher erschienen war, von heute auf morgen nur auf einen Wink Sharif al Kaders so drastisch ändern sollte.
Trotz der Nachmittagshitze fröstelte Leah. Sie wusste, sie würde sich im Palast des Scheichs niemals wohlfühlen. Denn sein Verhalten ihr gegenüber war nicht so väterlich-nachsichtig wie das von König Rashid, sondern – ja, wie eigentlich?
Unwillkürlich schreckte Leah davor zurück, sich darüber Rechenschaft abzulegen, was sie in Sharif al Kaders Gegenwart empfand. Sie wollte einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Bestimmt würde Glen ein gutes Wort für sie beim König einlegen. Ja, alles wird gut werden, versuchte sie, sich zu beruhigen. Glen war ein ausgesprochen guter Pilot. Er hatte König Rashid einmal das Leben gerettet, als sie wegen eines Maschinenschadens notlanden mussten. Deshalb würde der König bestimmt nicht auf Glens Mitarbeit verzichten wollen. Außerdem war allgemein bekannt, dass ihr Bruder Nerven wie Drahtseile hatte.
Auf einmal umspielte ein Lächeln Leahs Lippen. Sie bezweifelte sehr, dass irgendjemand ihren Bruder so gut verstand wie sie. Glen interessierte sich für nichts anderes als für Flugzeuge, Fliegen war sein Leben. Er hatte ein sehr feines Gespür für die Maschinen, die er lenkte, und fühlte sich unmittelbar damit verbunden. Seit dem Zwischenfall mit der Notlandung sah man in ihm einen Helden.
Leah überlegte, ob Sharif al Kader sich dessen bewusst war. Und wenn ja, würde er trotzdem seine Wünsche durchzusetzen versuchen?
Sie setzte sich wieder vor den Wandteppich und wünschte, ein anderes Motiv gewählt zu haben. Nur weil nackte Frauen darauf abgebildet waren, die von Männern auf Pferden entführt wurden, hieß das noch lange nicht, dass Leah gern etwas Ähnliches erlebt hätte.
Männer haben immer nur eines im Sinn, wenn es um
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