Julia Gold Band 47
umso besser! Du bist ein herrischer, gefühlloser Tyrann! Ich werde deinen Vater auf Knien anflehen, mich des Landes zu verweisen. Kein Wunder, dass du dir in England eine Frau suchen musstest!“
Raschid stand wie vom Donner gerührt da und sagte kein Wort. Polly drückte sich tiefer in die Polsterung und blinzelte aus tränennassen Augen zu ihm auf. „Keine Frau, die auch nur halbwegs bei Trost ist, würde dich heiraten, um den Rest ihres Lebens in Ketten zu verbringen. Und dabei dürfte sie sich noch nicht mal anmerken lassen, wie glücklich sie ist, wenn du möglichst weit fort bist …“
„Ich finde, es wird Zeit, dich auszunüchtern.“ Raschid beugte sich über Polly, aber sie war schneller.
Mit einem durchdringenden Schrei schoss sie blitzschnell von ihrem Sitz hoch, flüchtete in die äußerste Ecke der Couch und riss sich einen Schuh vom Fuß, um ihn als Waffe zu ihrer Verteidigung zu benutzen.
Die Kabinentür flog auf, und der Steward und die Stewardess stürmten herein. Polly war in einer Verfassung, in der sie nichts mehr in Verlegenheit bringen konnte. Voller Angst kauerte sie sich tränenüberströmt in die Couchecke.
Raschids Gesicht rötete sich. Er sprach zu den beiden auf Arabisch, dann schickte er sie fort. Beherrscht wandte er sich Polly zu, nahm ihr den kampfbereit gepackten Schuh aus der Hand und warf ihn beiseite. „Einer Frau gegenüber würde ich niemals Gewalt anwenden“, erklärte er geringschätzig.
„Ich bin so betäubt, dass ich es sowieso nicht spüren würde“, flüsterte Polly verstört.
Ehe sie wusste, wie ihr geschah, hob Raschid sie von der Couch auf. „Am besten, du schläfst erst mal und beruhigst dich.“ Damit trug er Polly ins Schlafabteil und legte sie unerwartet sanft auf das Bett. Nachdem er ihr den zweiten Schuh abgestreift hatte, drehte er sie gelassen um und zog den Reißverschluss ihres Kleides herunter.
Polly spürte einen kühlen Lufthauch im Rücken und wollte sich entsetzt wegrollen, aber Raschid hielt sie fest. „Glaubst du wirklich, es könnte mich reizen, dich in diesem Zustand zu lieben? Ein hysterisches Kind weckt bei mir keinerlei Verlangen.“
Raschid merkte, dass Polly ihren Widerstand aufgegeben hatte, und setzte sich zu ihr aufs Bett, um ihr das Kleid auszuziehen. Als sie im Unterrock zitternd vor ihm lag, deckte er sie behutsam zu. Polly begann, sich von dem schockierenden Zwischenfall zu erholen, und verspürte Reue. Sie hatte Raschid nicht nur vor dem Personal blamiert, sondern ihm auch unrecht getan.
Beschämt flüsterte sie: „Ich weiß nicht, was plötzlich über mich gekommen ist …“
„Du brauchst mir nichts zu erklären. Ich hätte merken müssen, dass du Angst hast, und darauf Rücksicht nehmen sollen. Aber ich habe auch Gefühle, Polly“, gab er zu bedenken. „Geldgier passt zu einer Geliebten, aber nicht zu einer Ehefrau. Deswegen habe ich dir wenig Grund gegeben, dich über den Handel zu freuen.“
Polly spürte plötzlich, dass sich hinter Raschids kühler Unnahbarkeit eine empfindsame Seele verbarg. Zum ersten Mal hatte sie das Bedürfnis zu erfahren, was in ihm vorging. War er verbittert? Enttäuscht? Sein Zorn war jedenfalls verraucht. Instinktiv fühlte sie, dass Raschid etwas belastete, aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, worum es sich handeln könnte.
Raschid verachtete sie, weil sie ihn nur des Geldes wegen geheiratet hatte. Ihre Gründe für diesen Entschluss interessierten ihn nicht. Und die Enthüllung, dass sie einen anderen Mann liebte, würde seine Meinung von ihr nicht bessern. Beschämt sagte Polly: „Ich hatte das vorhin nicht so gemeint.“
Raschid zog die Brauen hoch. „Du brauchst mir nichts vorzumachen. Eins wüsste ich aber gern: Warum hast du mich überhaupt geheiratet, wenn du so denkst?“
Polly brachte es nicht über sich, sich als Märtyrerin hinzustellen und Raschid von dem finanziellen Dilemma ihrer Eltern zu erzählen.
Als sie nicht antwortete, strich Raschid ihr seufzend eine blonde Locke aus dem Gesicht. „Dein Anblick bereitet mir Vergnügen. Und obwohl du das Gegenteil behauptest, könnte ich deine Abneigung gegen mich schnell ins Gegenteil verwandeln, Polly. Wenn du mich ansiehst, merke ich, dass du mich begehrst.“
„Das ist nicht wahr!“, widersprach sie heftig.
Raschid strich mit der Fingerspitze langsam über ihre Unterlippe. „Oh doch, es ist wahr, meine kleine Polly.“
Sie war sich seiner Nähe überstark bewusst. „Du bist nicht mehr wütend?“,
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