Julia Gold Band 53
Gewehre …“
Khalil starrte sie beinahe verzweifelt an. „Meine Diener? Mein Gott, Hannah, es muss dir doch bekannt sein, dass arabische Männer mit Gewehren herumlaufen, ohne dass das etwas Ernstes zu bedeuten hätte.“ Er fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Offensichtlich haben wir völlig aneinander vorbeigeredet, Hannah. Ich dachte, du lehntest meine Familie ab, während du dachtest, du müsstest mich in meine Schranken verweisen. Kein Wunder, dass du mir vorwarfst, ich fülle mein Haus mit Straßenmädchen! Hannah, hast du überhaupt eine Vorstellung davon, was für eine Beleidigung das war? Das ist mein Zuhause, in dem meine Nichten und Neffen ein und aus gehen. Mit solchen Frauen habe ich nichts zu tun.“
„Oh, Khalil, es tut mir furchtbar leid“, rief Hannah. „Verzeih mir! Wie konnten wir einander nur so missverstehen?“
„Wir haben einen Tag unseres Lebens vergeudet, Hannah!“
„Viel mehr als das!“, sagte sie nachdenklich und erzählte ihm dann die Wahrheit über ihre Beziehung zu Dermot.
„Aber du hast einmal erwähnt, dass du ihm alles geopfert hast“, erinnerte Khalil sie leise.
„Ja, das habe ich“, flüsterte sie. „Jede Möglichkeit zu einer eigenen Liebe.“
„Was meinst du damit?“
„Dermot und später die schrecklichen Gerüchte haben jede mögliche Liebesbeziehung von mir im Keim erstickt“, antwortete sie so allgemein wie möglich. Ihr Stolz ließ es einfach nicht zu, dass Khalil erfuhr, wie sehr sie ihn liebte und wie grausam der Verlust seiner Liebe für sie war.
„Aber warum ließ er alle bewusst in dem Glauben, du seiest seine Geliebte?“, fragte Khalil nachdenklich.
„Darüber habe ich viel nachgedacht. Ich glaube, du hattest recht, er hat mich ausgenutzt. Ich diente ihm dazu, seinen Ruf als der Teufelskerl zu untermauern, der er ja in Wirklichkeit gar nicht war.“
„Wenn das alles wahr ist, wie konntest du dann tatenlos zusehen, dass dein Name so in den Schmutz gezogen wurde?“, fragte Khalil, immer noch skeptisch.
„Oh, Khalil, ich habe Dermot wie einen Vater geliebt und ihm vertraut, ich hatte doch nur ihn. Er versicherte mir, dass er alles versuchte, den Presserummel zu stoppen. Heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob er wirklich etwas unternommen hat.“
„Aber die Tatsache bleibt bestehen, dass ich selbst dich in Dermots Bett gesehen habe.“
„Erinnere dich, Khalil! Mit Sicherheit wusste er, dass seine letzte Nacht gekommen war“, flüsterte Hannah. „Er war furchtbar verängstigt und brauchte dringend Trost. Also habe ich ihn umarmt. Ich brachte ihn zum Lachen, er fiel in seine Kissen und riss mich mit sich. Sein Hustenanfall war so schlimm, dass ich mich nicht zu rühren wagte. Bitte, Khalil, führe dir die Szene noch einmal vor Augen. War das der Anblick eines Liebespaares?“
„Wahrscheinlich – nicht“, gab er zögernd zu, nahm ihre Hand und schaute ihr forschend in die Augen. Beschwörend erwiderte sie seinen Blick.
„Es muss ein Schock für dich gewesen sein, als er dann wirklich starb“, meinte Khalil sanft.
„Ich brach geistig und körperlich zusammen“, stimmte sie ihm zu. „Lange Zeit hatte ich unter einem solchen Druck gestanden, dass die schreckliche Leere nach seinem Tod mich völlig überwältigte. Bei seiner Beerdigung war ich nicht betrunken, Khalil! Ich stand unter schweren Beruhigungsmitteln und hatte den Fehler begangen, mir von der Haushälterin ein einziges Glas Brandy zur Stärkung einflößen zu lassen.“
„Hannah“, flüsterte er. „Wie sehr muss ich dich verletzt haben. Ich hätte dir Kraft und Halt geben sollen, und stattdessen habe ich dich in meinem Zorn und meiner Verzweiflung beinahe zerstört!“
„Verzweiflung? Aber so viel hat dir Dermot doch nicht bedeutet.“
„Du Dummchen“, erwiderte er liebevoll. „ Du bedeutetest mir so viel. Meine Gefühle für dich waren so stark, dass sie nur zu leicht in Hass umschlugen.“
„Liebe und Hass, keine Grautöne“, zitierte sie mit großen Augen Dermots Worte über die Berber.
„Genau. Und jetzt wissen wir auch, warum er log und mir zu verstehen gab, du seiest seine Geliebte. Er hatte Angst, ich könnte dich ihm fortnehmen. Und bei Allah, das hätte ich auch wirklich getan.“
„Aber du hast ihm geglaubt!“
„Der Augenschein sprach gegen dich, Hannah. Und dann sah ich aber, wie diese kaltherzige, oberflächliche und ungezügelte Frau beim Anblick von Kindern ein weiches, warmes Gesicht bekommt, wie im Umgang mit den einfachen
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