Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 02
früh.“
6. KAPITEL
Ali nahm seine Hände in ihre und drückte sie. „Es ist nicht wie damals. Das hat nichts mit dem zu tun, was mit ihrer Mutter passiert ist.“
„Es ist zu früh“, wiederholte er.
„Nur wenige Wochen. Außerdem ist es fast unmöglich, ein exaktes Datum zu ermitteln, und erste Babys sind einfach unvorhersehbar.“
„Verdammt noch mal, wo bleibt dieser Hubschrauber?“, sagte er, während er seine Hände aus ihren löste. Er begann, aufgeregt hin- und herzulaufen. „Das Schicksal schlägt wirklich unbarmherzig zu. Was für eine Ironie, dass ich ausgerechnet hier bin, wenn ihre Zeit kommt.“
„Wenn sich jemand schuldig fühlen sollte, dann ich. Johara hatte extra darum gebeten, dass ich bei ihr bin, weil sie nervös war. Und wo bin ich?“
„Nur weil ich dich entführt habe“, widersprach er vehement.
„Kamal, hör mir zu.“ Sie stellte sich ihm in den Weg. „Du kannst nicht für die gesamte Welt Verantwortung übernehmen. Du musst etwas abgeben.“
„Das ist nicht meine Art.“
Wie konnte man diesen Mann nicht mögen? Er war in der Lage, sich um jeden anderen zu sorgen und sein eigenes Glück dabei vollkommen zu vernachlässigen.
„Dank dir ist Johara nur fünf Minuten von der besten medizinischen Einrichtung entfernt, die man sich nur vorstellen kann. Ihr Arzt ist da, und er ist einer der Besten, mit dem ich je zusammengearbeitet habe“, versuchte Ali ihn zu beruhigen.
„Das ist nicht genug.“
„Es wird alles in Ordnung sein. Wahrscheinlich ist sie schon im Krankenhaus – mit äußerst qualifiziertem Personal um sie herum.“
„Ich möchte, dass du bei meiner Schwester bist. Wo steckt nur der verdammte Helikopter?“
Ali konnte sich nicht daran erinnern, ihn schon einmal fluchen gehört zu haben. Dies war schon das zweite Mal in den letzten drei Minuten. In der Ferne hörte sie das Geräusch eines herannahenden Hubschraubers. Was für eine Erleichterung.
„Und ich werde bald bei ihr sein!“
Unfähig stillzusitzen, wanderte Kamal durch das Wartezimmer des Krankenhauses. Er und Ali waren vor fünf Stunden auf dem Dach des Gebäudes gelandet. Seine Brüder, deren Frauen und Tante Farrah waren ebenfalls anwesend, und jeder sagte ihm unablässig, dass es keinen Grund zur Sorge gäbe. Doch er hatte das schon einmal durchgemacht – auf Neuigkeiten von einer Mutter und ihrem Baby gewartet. Und seine Angst war auch jetzt genau dieselbe. Er hasste dieses Gefühl der Hilflosigkeit.
Fariq stand auf und trat ihm in den Weg. „Du läufst noch den brandneuen Teppich durch.“
„Das ist mir egal.“ Er wollte an seinem Bruder vorbeigehen.
„Kamal, du musst Vertrauen haben. Mit Johara wird alles gut gehen. Genau wie mit dem Baby.“
„Du hast leicht Reden. Du hast zwei gesunde Kinder.“
„Und dafür bin ich jeden Tag dankbar. Vergiss nicht, dass wir alle die Tragödie mit Daria durchgemacht haben. Niemand gibt dir irgendeine Schuld, außer du selbst. Aber es ist mehr als unwahrscheinlich, dass diese Geburt nicht normal verlaufen sollte.“
Kamal fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Es gibt keine Garantie.“
„Das stimmt“, seufzte Fariq. „Wir können einfach nur abwarten.“
Kamal nickte. Ali hatte etwas Ähnliches zu ihm gesagt, und er war unendlich dankbar gewesen, dass sie bei ihm war, als er die Nachricht erhielt. Ihre Unterstützung hatte ihm geholfen. Gleichzeitig machte ihn diese Schwäche wütend.
Sein Bruder legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Glaub mir, die Geschichte wird sich nicht wiederholen.“
Kamal nickte zwar erneut, doch er gestattete sich nicht, wirklich daran zu glauben. Die Geschichte wiederholte sich ständig. Und er war der Sohn seines Vaters. Was, wenn aus der Faszination, die er für Ali verspürte, mehr wurde? Was, wenn er wie sein Vater war und seine Gefühle nicht kontrollieren konnte?
Er durfte das auf keinen Fall zulassen. Er musste weiterhin gegen seine Empfindungen ankämpfen und sie nicht stärker werden lassen. Irgendwie musste er Ali aus seinen Gedanken verbannen.
Die Tür öffnete sich, und Dr. McCullough trat in den Raum. Der Arzt wirkte müde, als er die Brille von seiner Nase hob und sich die Augen rieb. War es nur Erschöpfung oder Niedergeschlagenheit?
„Doktor?“ Kamal ging auf ihn zu und spürte, wie seine Familie folgte. „Wie geht es meiner Schwester?“
Dr. McCullough lächelte. „Sie hat einen gesunden Jungen. Fünfeinhalb Pfund.“
Kamal erwiderte das Lächeln und stieß einen
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