Julia präsentiert Träume aus 1001 Nacht 05
Mariella hielt den Wagen an und blickte sich suchend um. Wo war die Villa des Scheichs? Sie sah lediglich ein einzelnes Zelt – zugegeben, ein ziemlich großes, aber ganz bestimmt keine Villa. Hatte sie sich etwa schon wieder verirrt?
Müde und hungrig fing Fleur erneut zu weinen an, und Mariella war klar, dass sie zumindest der Kleinen zuliebe eine Pause machen musste. Vorsichtig fuhr sie weiter über den holprigen Felspfad, der mehr wie ein ausgetrocknetes Flussbett schien als wie eine Straße. Ringsum waren die Felsen und das spärliche Gras der Oase mit Sandstaub bedeckt. Unweit war ein Geländewagen geparkt. Mariella hielt daneben an. In diesem Moment trat ein Mann aus dem Zelt, offenbar aufmerksam geworden durch das Motorengeräusch ihres Wagens.
Als er auf Mariella zukam, drückte ihm der Wind das lange Gewand an den athletischen Körper. Ihr stockte unwillkürlich der Atem. Der Mann hob den Kopf und sah sie an … und sie wollte ihren Augen nicht trauen.
Es war der arrogante Fremde vom Flughafen. Der Mann aus ihrem Traum!
2. KAPITEL
Er hatte die Hand bereits an der Tür des Jeeps und riss sie auf. „Wer, zum Teufel, sind Sie denn?“ Wie schon auf dem Flughafen verweilte sein Blick fast verächtlich auf ihren auffällig blaugrünen Augen.
„Ich suche Scheich Xavier Al Agier“, antwortete Mariella und hielt seinem Blick stand.
„Und was wollen Sie von ihm?“
Er benahm sich wirklich nicht gerade höflich, aber nach ihrem ersten Eindruck … nicht zu vergessen, ihrem Traum … hatte sie nichts anderes erwartet. „Was ich von Scheich Xavier will, geht Sie gar nichts an!“, entgegnete sie deshalb ärgerlich. Vielleicht lag es an ihrem lauten Ton, jedenfalls fing Fleur, die sowieso schon gequengelt hatte, nun ernsthaft zu weinen an.
Der Fremde spähte ungläubig in den Wagen. „Sie haben das Baby dabei? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Haben Sie denn nicht die Wetterwarnungen im Radio gehört? Wegen der drohenden schweren Sandstürme wurden alle Touristen angewiesen, diese Gegend strikt zu meiden!“
Errötend fiel Mariella ein, dass sie das Radio ausgeschaltet hatte, um für Fleur Kinderlieder zu spielen. „Es tut mir leid, wenn ich zu einem unpassenden Zeitpunkt komme“, flüchtete sie sich in Sarkasmus, „aber wenn Sie mir freundlicherweise einfach den Weg zur Istafan-Oase beschreiben könnten, dann …“
„Dies ist die Istafan-Oase“, fiel er ihr barsch ins Wort.
Mariella schwieg einen Moment verunsichert. Dann riss sie sich zusammen. „Schön … ich möchte Scheich Xavier Al Agier sprechen“, wiederholte sie energisch ihr Anliegen. „Ich nehme an, er befindet sich hier?“
„Weshalb wollen Sie ihn sprechen?“
Nun hatte sie wirklich genug. „Das geht Sie gar nichts an!“, sagte sie erneut wütend.
„Oh, Sie werden noch feststellen, dass alles, was mit Scheich Xavier zu tun hat, mich sogar sehr viel angeht“, antwortete er nun überheblich.
Sein Ton ließ Mariella aufhorchen. Ungläubig blickte sie zum ihm auf. War es möglich? War dies der Liebhaber ihrer Schwester … Fleurs Vater? Und warum war diese Vorstellung mit einem so seltsam bitteren Beigeschmack verbunden? „Sie … sind der Scheich, richtig?“, sagte sie heiser.
Er nickte spöttisch.
Wortlos wandte sie sich ab und nahm Fleur behutsam aus dem Kindersitz. Liebevoll lächelnd drückte sie die Kleine an sich und küsste sie auf die Wange, bevor sie den Blick herausfordernd auf Scheich Xavier richtete. „Das ist Fleur, das Baby, das Sie nicht anerkennen und für dessen Unterhalt Sie nicht Sorge tragen wollen.“
Ein Aufleuchten in seinen Augen verriet für den Bruchteil einer Sekunde, dass sie ihn schockiert hatte. Doch er hatte sich rasch wieder im Griff. Als er einen Schritt zurückwich, wünschte Mariella sich fast, dass er sie fortschicken würde. Der Ort, die Situation … das alles war überhaupt nicht so, wie sie es erwartet und worauf sie sich eingestellt hatte. Sie fühlte sich zutiefst verunsichert.
Sosehr sie sich auch bemühte, es wollte ihr einfach nicht gelingen, sich Scheich Xavier in dem exklusiven Nachtclub vorzustellen, in dem Tanya ihn doch angeblich kennengelernt hatte. Und der Ort, diese einsame Oase, eingebettet in der schroffen Felsenschlucht, weckte die Künstlerin in ihr, die die Szenerie am liebsten sofort mit Pinsel und Farbe auf Leinwand gebannt hätte.
Was ihre persönliche Situation betraf … Nein! Dieser Mann war der Liebhaber ihrer Schwester gewesen, und er war
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