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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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hatte er ihn vollkommen einleuchtend gefunden. Und
jetzt? Doch, doch er leuchtete immer noch ein. Oder nicht?
    Wie auch immer, kurz nachdem Lady Winstead ihm den hoffentlich
nicht erstklassigen Brandy übers Bein gegossen hatte, flößten sie ihm eine
Dosis Laudanum ein, und wirklich, er musste schon sagen – das war großartig
gewesen. Sein Bein fühlte sich zwar immer noch an, als würde es langsam am
Spieß geröstet, doch nachdem ihm Lady Winsteads »Fürsorge« vorher ohne Betäubung
zuteilgeworden war, fand er es nun, unter dem Einfluss des Opiats, geradezu
angenehm, wenn man mit einem Messer in ihm herumstocherte.
    Beinahe
entspannend.
    Und außerdem war er gerade unerklärlich
glücklich.
    Er lächelte zu Honoria hoch, beziehungsweise er lächelte dorthin,
wo er sie vermutete; seine Lider waren offenbar mit Steinen beschwert worden.
    Eigentlich glaubte er wohl nur, dass er lächelte; seine
Lippen fühlten sich nämlich auch recht schwer an.
    Aber er wollte lächeln. Und er hätte es auch getan, wenn er dazu
in der Lage gewesen wäre. Das war doch sicher das Wichtigste.
    Das Stochern an seinem Bein hörte einen Augenblick auf, dann fing
es wieder an. Dann trat eine wunderbare kleine Pause ein, und dann ...
    Verdammt,
tat das weh.
    Aber nicht so weh, dass er hätte schreien müssen. Obwohl er
vielleicht gestöhnt hatte. Er war sich nicht sicher. Sie hatten ihm heißes
Wasser über das Bein gegossen. Jede Menge. Er fragte sich, ob sie versuchten,
sein Bein zu kochen.
    Gekochtes
Fleisch. Wie furchtbar britisch von ihnen.
    Er kicherte. Er war witzig. Wer hätte gedacht, dass er so witzig
war?
    »Oh Gott«, hörte er Honoria schreien. »Was habe ich ihm
angetan?«
    Er lachte noch ein bisschen. Weil sie so komisch klang. Fast so,
als spräche sie durch ein Nebelhorn. O0000rrrrhhhh Ghhhhotthhhhhh.
    Er fragte
sich, ob sie es wohl auch hören konnte.
    Einen Augenblick ... Honoria fragte, was sie ihm angetan
hatte? Hieß das, dass nun sie die Schere schwang? Er war sich nicht sicher, was
er davon halten sollte.
    Andererseits
... gekochtes Fleisch!
    Er lachte noch einmal und beschloss, dass es ihm egal war. Gott,
war er witzig. Wie konnte es nur sein, dass ihm noch nie jemand gesagt hatte,
wie witzig er war?
    »Sollen wir ihm noch etwas Laudanum geben?«, fragte Mrs Wetherby.
    Oh ja, bitte.
    Aber sie gaben ihm nichts. Stattdessen versuchten sie ihn noch
einmal bei lebendigem Leib zu kochen, inklusive Herumgestochere und Gebohre.
Doch dann waren sie endlich fertig.
    Und begannen wieder von Laudanum zu reden, was er als sehr grausam
empfand, da keine ein Glas oder einen Löffel holte, um ihm auch wirklich etwas
einzuflößen. Stattdessen gossen sie ihm das Zeug aufs Bein, was ...
    »Aaargh!«
    ... anscheinend noch schmerzhafter war als der
Brandy.
    Aber schließlich schienen die Damen doch der Meinung zu sein, sie
hätten ihn genug gefoltert, denn nach einigem Hin und Her banden sie ihn los
und rollten ihn zur anderen Seite des Betts, das nicht nass war von all dem
heißen Wasser, mit dem sie ihn kochen wollten.
    Und dann, nun ... Vielleicht schlief er ein
Weilchen. Er hoffte jedenfalls, dass er schlief, da er ziemlich sicher war, ein
sechs Fuß langes Karnickel durchs Schlafzimmer hüpfen zu sehen, und wenn das
kein Traum war, dann hatten sie alle ein Riesenproblem.
    Wobei es weniger das Kaninchen war, was so gefährlich schien, als
vielmehr die gigantische Karotte, die es wie eine Keule schwang.
    Die Karotte hätte ein ganzes Dorf satt machen
können.
    Er mochte Karotten. Obwohl Orange nie zu seinen Lieblingsfarben
gezählt hatte. Zu aufdringlich. Orange schien immer dann aufzutauchen, wenn er
es nicht erwartete, und er zog ein Leben ohne Überraschungen vor.
    Blau. Das war einmal eine anständige Farbe. Liebreizend und
beruhigend. Hellblau. Wie der Himmel. An einem sonnigen Tag.
    Oder Honorias Augen. Sie bezeichnete sie als
lavendelblau – schon von klein auf –, aber er sah das anders. Für Lavendel
leuchteten sie viel zu sehr. Lavendel war eine dumpfe Farbe. Beinahe ebenso
grau wie lila. Und viel zu etepetete. Bei Lavendel dachte
er an Trauer tragende alte Damen. Mit Turban auf dem Kopf. Er hatte nie
verstanden, warum Lavendel nach Schwarz der nächste Schritt im Trauerjahr sein
sollte. Wäre Braun nicht angemessener? Etwas Gedeckteres?
    Und warum trugen alte Damen eigentlich Turban?
    Das war ja überaus interessant. Er konnte sich nicht erinnern, je
so angestrengt über Farben nachgedacht zu haben. Vielleicht

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