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Julia Quinn

Julia Quinn

Titel: Julia Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mit List und Küssen
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hätte er doch
besser aufpassen sollen, als sein Vater ihn vor so vielen Jahren zum
Malunterricht gedrängt hatte. Aber ehrlich, welcher Zehnjährige hatte wohl
Lust, sich vier Monate lang mit einer Obstschüssel zu befassen?
    Wieder dachte er an Honorias Augen. Sie waren eher blau als
lavendelfarben. Obwohl sie diesen Stich ins Lilafarbene hatten, der sie so
ungewöhnlich wirken ließ. Es stimmte – niemand hatte Augen wie sie. Selbst
Daniels waren ein wenig anders. Dunkler. Nicht viel, aber Marcus konnte sie
unterscheiden.
    Honoria würde ihm da nicht zustimmen. Als Kind hatte sie oft
stundenlang davon geredet, dass sie und Daniel dieselben Augen hatten. Marcus
hatte immer angenommen, dass sie nach einer Gemeinsamkeit suchte, nach etwas,
was sie und ihren Bruder auf spezielle Weise miteinander verband.
    Sie hatte einfach dazugehören wollen. Mehr nicht. Kein Wunder,
dass sie jetzt so erpicht darauf war, zu heiraten und ihrem stillen, leeren
Zuhause zu entkommen. Sie brauchte Lärm. Und Lachen.
    Dabei müsste sie nicht so einsam sein. Sie müsste niemals einsam
sein.
    War sie überhaupt noch im Zimmer? Es war so still geworden. Er
versuchte noch einmal, die Augen zu öffnen. Vergeblich.
    Er rollte sich auf die Seite, froh, die verdammten Fesseln los zu
sein. Er war schon immer ein Seitenschläfer gewesen.
    Jemand berührte ihn an der Schulter und zog dann die Decken hoch.
Er versuchte etwas Dankbares zu murmeln und war wohl erfolgreich, denn erhörte
Honoria sagen: »Bist du wach?«
    Er gab noch einmal dasselbe Geräusch von sich. Anscheinend war es
das Einzige, das funktionierte.
    »Nun ja, ein bisschen wach vielleicht«, sagte sie. »Das ist wohl
besser als nichts.«
    Er gähnte.
    »Wir warten immer noch auf den Arzt«, fuhr sie fort. »Ich
hatte gehofft, dass er längst hier sein würde.« Sie schwieg einen Moment
und fügte dann munter hinzu: »Dein Bein sieht aus, als hätte es ziemliche
Fortschritte gemacht. Das sagt zumindest meine Mutter. Wenn ich ehrlich bin –
für meine Begriffe sieht es immer noch schrecklich aus. Aber nicht mehr ganz so
schrecklich wie heute Morgen.«
    Heute Morgen? Hieß das, dass jetzt Nachmittag war? Wenn er nur die
Augen aufbekäme.
    »Sie ist auf ihr Zimmer gegangen. Meine Mutter, meine ich. Sie hat
gesagt, sie müsste sich von der Hitze erholen.« Eine weitere Pause, und
dann: »Es ist wirklich ziemlich heiß hier drin. Wir haben das Fenster
aufgemacht, aber nur ein winziges Stück. Mrs Wetherby hatte Angst, du könntest
dich erkälten. Ich weiß, es ist schwer, sich vorzustellen, man könnte sich
erkälten, wenn einem so heiß ist, aber sie hat mir versichert, dass es möglich
ist.
    Ich habe es beim Schlafen gern kalt, aber unter einer warmen
Decke«, fügte sie hinzu. »Ich glaube allerdings nicht, dass dich das
interessiert.«
    Es interessierte ihn. Nun ja, vielleicht interessierte ihn gar
nicht so sehr, was sie sagte. Er hörte nur einfach gern den Klang ihrer
Stimme.
    »Mama ist in letzter Zeit immer so schnell erhitzt«,
vertraute sie ihm nun an. »Das macht mich ganz verrückt. Erst ist ihr heiß,
dann ist ihr kalt, dann ist ihr wieder heiß, einfach so, ohne irgendeinen
Grund. Aber offenbar ist ihr öfter warm als kalt. Falls du ihr also jemals ein
Geschenk machen willst, empfehle ich einen Fächer. Den kann sie immer gebrauchen.«
    Sie berührte ihn noch einmal an der Schulter,
dann an der Stirn, strich ihm mit leichter Hand das Haar aus dem Gesicht. Es
war ein angenehmes Gefühl. Weich, sanft und auf eine ihm sonst völlig
ungewohnte Art fürsorglich. Ja, es war so ähnlich wie neulich, als sie zu
Besuch bei ihm war und ihn gezwungen hatte, Tee
zu trinken.
    Er mochte es, wenn man ihn umsorgte. Er seufzte leise. In seinen
Ohren klang es glücklich. Hoffentlich war sie auch dieser Meinung.
    »Du hast ziemlich lange geschlafen«,
sagte Honoria. »Aber ich glaube, das Fieber ist gesunken. Es ist noch nicht
ganz weg, aber du wirkst recht friedlich. Wusstest du, dass du im Schlaf
sprichst?«
    Wirklich?
    »Wirklich. Vor ein paar Stunden hast du etwas von Seeteufel
gesagt, das hätte ich schwören können. Und gerade eben hast du von Zwiebeln
geredet.«
    Von
Zwiebeln? Nicht von Karotten?
    »Ich würde ja gern wissen, woran du im Traum so denkst. Vielleicht
an etwas zu essen? Seeteufel mit Zwiebeln? Ich würde das ja nicht essen wollen,
wenn ich krank bin, aber die Geschmäcker sind eben verschieden.« Sie
strich ihm noch einmal über das Haar, und dann küsste sie ihn – er

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