Julia Saison Band 01
sie sehnte sich nach mehr. Mehr Zeit mit ihm, mehr Zärtlichkeiten von ihm.
„… und dann habe ich ihr gesagt …“ Bob unterbrach sich. „Oh, da kommt die nächste Horde Kinder. Das ist die letzte.“
Sie blickte zur Uhr. Es war Viertel nach eins. „Der Tag ist aber schnell vergangen.“
„Ich glaube kaum, dass es an meinen brillanten Erzählungen gelegen hat. Du bist mit deinen Gedanken ganz woanders. Chuck ist ein Glückspilz. Weiß er es?“
„Was?“
„Dass du in ihn verliebt bist.“
„Wie kommst du denn auf so eine blödsinnige Idee?“, protestierte Carly heftig. „Was soll diese sentimentale Anwandlung? Ich dachte, du wärst ein hartgesottener Feuerwehrmann.“
„He, wieso regst du dich so auf? Ich nenne die Dinge bloß beim Namen.“
Sie schnaubte sehr undamenhaft. Ihr blieb keine Gelegenheit, sich zu dem Thema zu äußern, denn schon war ihr Tisch von Schülern umringt. Doch Bobs Bemerkung blieb ihr im Sinn, während sie Broschüren über alles Mögliche von Brandschutz bis Kopfläuse austeilte.
Als die letzten Kinder gegangen waren und Carly ihre Sachen einpackte, kam Chuck zu ihr. „Das war’s also für dich.“
„Ja.“
„Ich unterschreibe gleich die Papiere und lasse sie Anderson zukommen. Er wird die Angelegenheit beschleunigen. Bis zu deiner mündlichen Prüfung ist dein Führungszeugnis wieder makellos.“
„Danke.“
„Dir bleibt noch etwas Zeit, bis die Kinder aus der Schule kommen. Vielleicht können wir ja irgendwohin auf einen Kaffee gehen oder so.“
Sie bemerkte, dass Bob in ihre Richtung sah, und grinste.
In Chuck verliebt? Sie schüttelte den Kopf. „Ich würde ja gern, aber ich muss lernen.“
„Okay. Dann vielleicht zum Dinner?“
„Ich habe in den nächsten Tagen Dienst im Krankenhaus. Wie wäre es, wenn wir uns am Sonntag bei deiner Mutter sehen?“
Er wirkte enttäuscht. „Sicher. Ich hole euch ab.“
„Nicht nötig. Ich weiß ja, wo es ist. Wir treffen uns dort.“
Er lächelte etwas gezwungen. „Gut. Also dann, bis Sonntag.“
Carly verließ die Turnhalle. Ihre Schuld gegenüber der Gesellschaft war beglichen und ihre Unabhängigkeit von Chuck deutlich klargestellt.
Sie hätte in Hochstimmung sein sollen. Aber sie spürte etwas ganz anderes. Etwas, für das sie keinen Namen fand.
„Ihre Kinder sind liebenswert und sehr gut erzogen“, lobte Linda am Sonntag, während sie das Dinner zubereitete. „Sie im Haus zu haben gibt meinen Männern einen Vorwand, mal wieder zu spielen.“
Rhiana, Sean und die Männer waren im Wohnzimmer und beschäftigten sich seit geraumer Zeit mit einer Videokonsole.
Carly schnitt Karotten klein. „Die Kinder genießen die Aufmerksamkeit.“
„Was ist mit ihrem Vater? Erscheint er noch auf der Bildfläche?“
„Im Prinzip schon. Zumindest, wenn es ihm gerade passt.“ Dean hatte die ganze Woche nicht angerufen. „Entschuldigung. Ich nehme mir immer vor, eine ideale Exfrau zu sein, die um der Kinder willen eine freundschaftliche Beziehung zu ihrem Exmann und seiner Neuen unterhält. Aber manchmal klappt es nicht. Vor allem, wenn er die Kinder vernachlässigt.“
„Wie lange sind Sie denn schon geschieden?“
Früher einmal hätte Carly auf den Tag genau antworten können. Doch seit einiger Zeit zählte sie nicht mehr mit. „Etwas über ein Jahr.“
„Na ja, vielleicht ist es Schicksal. Oder sogar Kismet.“
Carly blickte betroffen auf.
„Oh, so habe ich es nicht gemeint. Ich wollte nicht sagen, dass die Trennung an sich etwas Gutes ist. Aber ohne Scheidung hätten Sie keinen Grund gehabt, die Couch zu verbrennen. Und dann hätten Sie Chuck nie kennengelernt.“ Sie lächelte stolz, als hätte sie gerade eine Quantentheorie aufgestellt. „Ich habe bisher nie an Vorsehung geglaubt. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Aber Ihre Geschichte lässt mich umdenken.“
„Linda, Chuck und ich … Vielleicht war es Schicksal, dass wir uns kennengelernt haben. Er ist mir ein guter Freund geworden. Sie haben ihn zu einem wundervollen Menschen erzogen.“
„Danke, meine Liebe.“
„Aber uns verbindet nichts weiter. Wir sind nur gute Freunde. Ich möchte nicht, dass Sie denken, es könnte sich mehr entwickeln.“
„Ich habe Sie zusammen gesehen. Da ist etwas. Ein gewisser Funke.“
Das war wohl offensichtlich. Drei Tage Trennung voneinander hatten zu einer knisternden sexuellen Spannung zwischen ihnen geführt, die sich jede Sekunde zu entladen drohte. „Jeder Funke, den Sie sehen, gründet
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