Julia Saison Band 01
mir gerade recht. Ich will auf mich allein gestellt sein und nicht wieder im Schatten eines Mannes verblassen.“
„Du willst deine eigene Farbe finden“, warf Michelle ein.
Dass sie sich noch an die Bemerkung erinnerte, die Carly ganz nebenhin vor vielen Wochen geäußert hatte, wirkte überraschend. „Ja. Ich will Farbe bekennen und auf eigenen Füßen stehen. Also ist es völlig okay, dass Chuck und ich nur vorübergehend zusammen sind.“
„Obwohl ein zweites Essen bei seinen Eltern nicht gerade danach klingt“, wandte Samantha ein.
„Das hat nichts weiter zu bedeuten. Es war einfach unmöglich, Nein zu sagen. Seine Mutter ist so nett.“
Skeptisch murmelte Michelle: „Na ja, wenn du glücklich dabei bist.“
„Davon bin ich ganz und gar nicht überzeugt“, sagte Samantha. „Aber jetzt mal etwas anderes. Wie läuft es denn mit den Vorbereitungen für die Mündliche? Brauchst du Hilfe?“
„Ich bin nicht so viel zum Lernen gekommen, wie ich eigentlich wollte“, gab Carly zu. Denn jeden Abend tauchte Chuck auf. Entweder brachte er etwas zu essen mit, oder er führte sie und die Kinder zum Dinner aus. Anschließend beschäftigten sie sich alle zusammen mit Schulaufgaben oder Gesellschaftsspielen, bis es für Rhiana und Sean Zeit wurde, ins Bett zu gehen. Dann folgten stundenlange Gespräche. Über die Geschehnisse des Tages. Über Zukunftspläne. Über die Vergangenheit. „Nächste Woche finde ich bestimmt mehr Zeit dafür. Die Vorbereitungen für den Valentinstag sind so gut wie abgeschlossen. Aber jetzt zu den wirklich wichtigen Dingen. Wie steht es mit deinen Hochzeitsplänen, Samantha?“
Michelle räusperte sich. „Ich muss euch auch etwas mitteilen. Daniel und ich haben einen Termin festgesetzt. Es ist der zweite Samstag im Juli. Ich hoffe, ihr beide werdet meine Brautjungfern.“
Carly war glücklich für ihre Freundin und umarmte sie überschwänglich. Doch insgeheim fragte sie sich, wie viele Sentimentalitäten sie noch über sich ergehen lassen musste. Der Valentinstag, Samanthas Hochzeit und jetzt auch noch Michelles!
Sie bemühte sich, eine heitere Miene beizubehalten und sich nicht ihre mangelnde Begeisterung für Hochzeiten anmerken zu lassen, um ihren Freundinnen nicht die Freude zu verderben.
Doch im Stillen grübelte sie darüber, wie oft sie Chuck in den letzten Tagen zu sich gelassen hatte, obwohl sie sich vorgenommen hatte, allein zu sein. Passierte es ihr wieder? Stand sie im Begriff, sich selbst zu verlieren?
Am Samstag, während Chuck mit den Kindern ein Hockeyspiel besuchte, versuchte Carly zu lernen.
Zumindest versuchte sie es. Es wollte ihr nicht gelingen, sich auf die Bücher zu konzentrieren, denn ihre Gedanken wanderten immer wieder zu der Vermutung, die Samantha, Michelle, Linda und sogar Bob, der Feuerwehrmann, geäußert hatten.
Alle glaubten, dass zwischen ihr und Chuck mehr als nur eine flüchtige Affäre lief.
Und das war das Allerletzte, was sie wollte. Allein die Vorstellung machte ihr Angst.
Deshalb erfand sie Ausflüchte, als er die Kinder nach Hause brachte und sie alle zum Essen ausführen wollte.
Sie erwartete, dass er sie drängte und umzustimmen versuchte.
Doch er küsste sie nur auf die Wange und sagte: „Okay, dann büffel weiter. Ruf mich an, wenn du mich brauchst.“
Sie rief ihn nicht an.
Er meldete sich am Sonntag und lud sie zum Essen bei seinen Eltern ein, doch sie schickte ihn allein hin.
In der folgenden Zeit hörte Carly nichts von Chuck. Eigentlich hätte sie erleichtert sein sollen, aber sie fühlte sich von Tag zu Tag schlechter.
Am Freitag nahm sie sich im Krankenhaus frei und lernte den ganzen Tag. Doch obwohl sie ihren Kopf mit medizinischem Fachwissen vollstopfte und sich alle möglichen Prüfungsthemen ausdachte, kam ihr immer wieder ein und dieselbe Frage in den Sinn.
Was ist mit Chuck?
„Ich habe bei ihr angerufen und wollte ihr Glück für die Prüfung wünschen, aber Rhiana hat behauptet, sie wäre schon weg. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen“, verkündete Chuck am Samstagmorgen beim Frühstück im George’s . „Sie lässt mich abblitzen.“
Anderson trank einen Schluck Kaffee. „Und warum stört es dich so sehr? Seit ich dich kenne, bist du mit sehr vielen Frauen ausgegangen, und obwohl du normalerweise Schluss machst, weiß ich von mehreren Fällen, in denen du abserviert wurdest. Das hat dich nie sonderlich beeindruckt. Warum trifft es dich also bei Carly? In Anbetracht ihrer Vorgeschichte ist
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