Cocktails fuer drei
Kapitel Eins
Candice Brewin stieß die schwere Glastür der Manhattan Bar auf und spürte, wie sie von der vertrauten Woge aus Wärme, Lärm, Licht und Gläserklirren umfangen wurde. Es war sechs Uhr an einem Mittwochabend, und die Bar war schon fast voll. Kellner mit dunkelgrünen Fliegen schwebten über den polierten Boden und trugen Cocktails an die Tische. Junge Frauen in luftig leichten Kleidchen standen am Tresen und blickten aufgeweckt und hoffnungsfroh in die Runde. In der Ecke klimperte ein Pianist Gershwin-Songs, was im allgemeinen Geplapper beinah unterging.
Langsam wird es mir hier zu voll, dachte Candice, während sie ihren Mantel abstreifte. Als sie den Laden gemeinsam mit Roxanne und Maggie entdeckt hatte, war er ein stiller, fast verschwiegener Treffpunkt gewesen. Eher zufällig waren sie hineingestolpert, weil sie nach einem stressigen Tag in der Redaktion ganz schnell einen Drink brauchten. Damals war es noch eine düstere, altmodische Bar gewesen mit abgewetzten Hockern und einem abblätternden Wandgemälde der New Yorker Skyline. Die wenigen Gäste – überwiegend ältere Herren mit erheblich jüngerer, weiblicher Begleitung – unterhielten sich leise. Candice, Roxanne und Maggie hatten sofort eine Runde Cocktails bestellt und dann noch einige mehr, und als der Abend zu Ende ging, hatten sie kichernd und gackernd beschlossen, dass der Laden einen gewissen Charme besaß und man ihm dringend einen weiteren Besuch abstatten sollte. Und damit war der monatliche Cocktail-Club geboren.
Inzwischen hatte sich die Manhattan Bar, nachdem sie ausgebaut, neu eröffnet und in sämtlichen Hochglanzmagazinen gepriesen worden war, total verändert. Jetzt trafen sich dort täglich die Jungen und Schönen nach der Arbeit. Auch Prominente waren schon am Tresen gesichtet worden. Selbst die Kellner sahen aus wie Models. Wir sollten uns wirklich etwas anderes suchen, dachte Candice, als sie ihren Mantel der Garderobenfrau gab und dafür einen silbernen Art-déco-Knopf bekam. Irgendwas, wo weniger los war, was weniger angesagt war.
Gleichzeitig wusste sie, dass sie es niemals tun würden. Dafür kamen sie schon viel zu lange hierher, hatten sich schon viel zu viele Geheimnisse mit Martinis in der Hand anvertraut. Eine andere Bar wäre irgendwie nicht richtig. Am Ersten jeden Monats musste es einfach die Manhattan Bar sein.
An der Wand gegenüber hing ein Spiegel, und sie warf einen kurzen Blick hinein, um sicherzugehen, dass ihr kurzes Haar ordentlich aussah und ihr Make-up – das wenige, das sie benutzte – nicht verschmiert war. Sie trug einen schlichten, schwarzen Hosenanzug über einem hellgrünen T-Shirt – nicht gerade der letzte Schrei, aber gut genug.
Eilig suchte sie die Gesichter an den Tischen ab, konnte jedoch weder Roxanne noch Maggie finden. Obwohl sie alle drei für dieselbe Zeitschrift arbeiteten – den Londoner –, kam es nur selten vor, dass sie nach der Arbeit gemeinsam etwas unternahmen. Roxanne zum Beispiel war freie Mitarbeiterin und kam nur gelegentlich ins Büro, um ihre Auslandsreisen zu organisieren. Und Maggie musste als Chefredakteurin oft noch länger als die anderen für Besprechungen dortbleiben.
Heute aber nicht, dachte Candice bei einem Blick auf ihre Armbanduhr. Heute hatte Maggie allen Grund, so früh Schluss zu machen, wie sie wollte.
Sie strich ihren Hosenanzug glatt und steuerte auf die Tische zu, und als sie ein Pärchen entdeckte, das gerade gehen wollte, machte sie sich eilig auf den Weg dorthin. Der junge Mann war kaum aufgestanden, als sie sich schon auf seinen Stuhl gleiten ließ und dankbar zu ihm auflächelte. Wenn man in der Manhattan Bar einen Tisch ergattern wollte, durfte man nicht zögern. Und die drei saßen immer an einem Tisch. Das war Tradition.
Maggie Phillips blieb draußen vor dem Eingang der Manhattan Bar stehen, stellte ihre pralle Tragetasche mit den bunten Stofftieren ab und zupfte ungeniert an ihrer Schwangerschaftsstrumpfhose herum, die um die Beine Falten schlug. Noch drei Wochen, dachte sie mit einem letzten Ruck. Drei Wochen noch in diesen verdammten Dingern. Sie holte tief Luft, griff nach ihrer Tragetasche und stieß die Tür auf.
Sobald sie drinnen war, wurde ihr vom Lärm und der Wärme ganz schwindlig. Sie stützte sich an der Wand ab und stand ganz still, um nicht umzukippen, während sie die Punkte vor ihren Augen wegblinzelte.
»Alles in Ordnung, Liebes?«, erkundigte sich eine Stimme links von ihr. Maggie drehte den Kopf und
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