Julia Saison Band 13
telefonierte gerade und verstummte abrupt, als er mit einem Nicken und einem kurzen „Guten Morgen“ an ihr vorbeiging.
„Guten Morgen, Euer Ehren“, quietschte sie beinahe, als er weiterging. „Ihr Freund Mr Gray wartet in Ihrem Zimmer.“
Wunderbar, dachte Ash, als er die Tür öffnete und Wyatt dort entspannt sitzen sah, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Er schloss seine Tür, warf Lilahs Werbeplakat in den Abfalleimer und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
„Wart ihr wirklich nackt?“
„Nein! Ich war vollständig bekleidet.“
„War sie nackt?“
„Nein. Sie hatte … den Großteil ihrer Sachen an.“
„Wirklich?“, fragte Wyatt. „Denn Eleanor war gestern so nett, mich zu verpflegen, und sie wirkte ziemlich glücklich über das, was im Arbeitszimmer passiert ist …“
„Ja, diese Frau führt irgendwas im Schilde …“
„Das habe ich dir doch gesagt. Das tun sie immer. Alle drei …“
„Und Janes Tante? Gladdy?“
„Großtante“, korrigierte Wyatt.
„Hast du dich je gefragt, ob sie unter einem frühen Stadium von Alzheimer leidet? Denn dabei verlieren die Leute meist ihre Hemmungen …“
„Hemmungen? Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sie je welche hatte. Kathleen auch nicht. Die Geschichten, die Jane mir erzählt hat, oder Gladdy … Sie und Kathleen haben ihr Leben auf jeden Fall voll ausgekostet“, sagte Wyatt. „Warum? Hat sie mit dir geflirtet?“
Er erinnerte sich an die gründliche Musterung seines Körpers. „Ja.“
„Das tut sie einfach. Sie mag Männer, genau wie Kathleen.“
Ash sah ihn nur an.
„Gladdy hat aber nichts gemacht, oder?“, fragte sein Freund.
„Nein, hat sie nicht.“
„Dachte ich mir. Du versuchst nur, das Thema zu wechseln. Du und Lilah im Arbeitszimmer … und nebenan läuft die Hochzeitsfeier der Nichte von Richter Walters’ Exfrau?“ Wyatt lachte lauthals. „Gott, was hast du dir nur dabei gedacht?“
„Gar nichts“, gestand Ash, noch immer verblüfft. „Offensichtlich. Wenn du aus einem wichtigen Grund eine Tür abschließt, dann kontrollier, ob das Schloss auch funktioniert!“
„Aber ich dachte, du magst sie nicht einmal.“
„Ja … Nein.“ Ash wusste kaum noch, was er sagte. „Es ist egal. Ich wusste gleich, dass das eine schlechte Idee ist. Und du hast mir die ganze Sache eingebrockt.“
„Ich habe nur gesagt, dass es gut für dich wäre, Eleanor kennenzulernen.“
„Aber nicht so! Nicht, indem ich während eines Hochzeitsempfangs auf ihrem Anwesen mit ihrer Großcousine rummache.“
„Tja, ich habe auch nie gesagt, dass du das tun sollst“, erklärte Wyatt. „Aber ich bin stolz auf dich. Du bist doch nicht so langweilig, wie ich dachte.“
„Das ist nicht gerade hilfreich“, knurrte Ash.
Sein Freund lachte laut.
„Weißt du“, drohte Ash, „ich könnte dich einfach so ins Gefängnis stecken lassen.“
Wyatt grinste frech. „Funktionieren die Schlösser dort?“
6. KAPITEL
Es war kindisch, aber Lilah versteckte sich das restliche Wochenende, weil sie Eleanor und ihren Freundinnen nicht begegnen wollte. Erst am Montag schlich sie sich unbemerkt aus dem Haus, um in der Stadt Erledigungen zu machen.
Sie hatte eine Idee, wie sie dem krebskranken Mädchen, von dem ihr Ash erzählt hatte, helfen konnte. Wendy Marx – sie hatte ihren Namen in der Zeitung gefunden. Sie konnte ihr Aussehen zwar nicht verändern, aber auf einem Foto konnte Wendy mit Lilahs Hilfe wunderschön aussehen, und vielleicht machte sie das glücklich.
Über diesen Teil ihrer Erledigungen freute sich Lilah, nicht so sehr darüber, dass sie einen Gewerbeschein beantragen musste. Denn das bedeutete einen Ausflug zum Gericht, und dort arbeitete Ash.
Feigling, schimpfte sie sich im Stillen. Ich kann dort hineingehen und meinen Gewerbeschein beantragen, ohne ihm zu begegnen.
Entschlossen marschierte sie hinein. Einem Hinweisschild zufolge musste sie in den zweiten Stock gehen, während die Gerichtssäle in der dritten Etage waren. Als sie auf den Fahrstuhl wartete, glaubte sie, sicher zu sein. Dann öffneten sich dessen Türen, und vor ihr stand Ash.
Er sah sie und erstarrte. Andere Leute verließen die Kabine, während er nur dastand. Darum stieg Lilah schließlich ein.
„Was tust du hier?“, fragte er mit gedämpfter Stimme.
„Ich brauche einen Gewerbeschein.“ Sie stand neben ihm im hinteren Bereich des Fahrstuhls und bemerkte, dass sich wenigstens zwei der anderen vier Mitfahrer immer wieder zu ihr und Ash
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