Julia Saison Band 13
versprengte Juwelen auf einem Hermelinmantel.
Der Anblick, der sich ihr bot, war surreal, anspruchsvoll und dekadent. So wie der Herr des Hauses selbst: charmant, selbstbewusst, ein erfolgsverwöhnter Draufgänger, der sich aufgemacht hatte, die Welt zu erobern.
Bryces Wohnung erinnerte sie an James Bond. Ihr Zuhause in einer ruhigen Straße im behaglichen Viertel South Yarra kam ihr mit den grün- und cremefarben karierten Sofas, dem antiken Kamin und den zitronenfarbenen Wänden im Vergleich vor wie „Unsere kleine Farm“.
Zwei Orte – zwei Welten.
Als sie so in seiner Wohnung stand, verstärkte sich ein Gefühl, das sie schon immer verspürt hatte: dass sie und Bryce zwei ausgesprochen unterschiedliche Menschen waren.
Sie hatte sich selbst etwas vorgemacht.
Er hatte sie mit seinen zärtlichen Blicken, seinem liebevollen Händchenhalten und dem vertrauensvollen Lächeln geblendet.
Tatsache war: Bryce war ein unwiderstehlicher Filou, der das Herz jeder arglosen Frau erobern konnte. Sie dagegen war introvertiert und versteckte sich für ihren Job jeden Tag aufs Neue hinter einer Fassade.
Tatsache war: Bryce war ein lebenslustiger Partylöwe. Sie dagegen verbrachte lieber einen gemütlichen Abend mit einem Buch auf dem Sofa anstatt auszugehen.
Tatsache war: Bryce war in allem das Gegenteil von ihr und wahrscheinlich nur auf ihren Vorschlag eingegangen, weil er seine eigenen Interessen verfolgte. Es bestand also nicht die geringste Chance, dass er Gefühle für sie entwickeln könnte.
Gefühle, die sie seit ihrer Teenagerzeit tief in ihrem Herzen verborgen trug und immer als Schwärmerei abgetan hatte. Es war zum Heulen! Sie war es doch gewesen, die das Date unbedingt geschäftlich halten und nicht von ihrem ursprünglichen Plan abweichen wollte.
Haha … jetzt sah es so aus, als wäre sie die Dumme.
Sie war hierhergekommen, um mit dem Menschen zu feiern, der ihre Welt in kürzester Zeit auf den Kopf gestellt hatte, und sie war so naiv gewesen zu glauben, dass ein Rendezvous mit ihm Wirklichkeit werden könnte.
Eve nahm ein letztes Mal die sinnliche Atmosphäre des Raums in sich auf und schüttelte den Kopf. Sie musste so schnell wie möglich von hier verschwinden, bevor er kam und sie ihm noch mehr verfallen würde.
Es war eine Sache, ihre Freunde von ihren Rendezvous mit Bryce zu überzeugen. Doch es war etwas ganz anderes, in eine selbstgestellte Falle zu tappen.
Sie nahm einen Notizblock aus ihrer Handtasche, kritzelte eine kurze Nachricht darauf und klebte den Zettel auf die Glasplatte des Flurtischs. Sie brauchte noch etwas Zeit, um sich zu sortieren und ihre aufgewühlten Gefühle runterzukühlen.
Dann verließ sie die Wohnung mit der Sicherheit, auch die gesamte Feuerwehrbrigade von Melbourne würde nicht ausreichen, ihr diese Kühlung zu bringen.
Niemals sprang Bryce aus dem Fahrstuhl – es sei denn, er war auf dem Weg zu einer coolen Party. Er hasste es, nach Hause zu kommen – er war lieber unterwegs.
Und alte Gewohnheiten sind in der Regel sehr hartnäckig.
Das war schon in der Schulzeit so gewesen. Nach Hause zu kommen, war gleichbedeutend mit endlosen Fragen und Schuldzuweisungen – und noch unerträglicher, wenn sein Vater von einem seiner seltenen Schichtwechsel im Krankenhaus nach Hause kam.
Wenn der berühmte Victor Gibson die Familie mit seiner Anwesenheit beehrte, waren herablassende Bemerkungen und Enttäuschungen unvermeidlich.
Wie konnte das einzige Kind eines brillanten, weltbekannten Frauenarztes und einer erfolgreichen Hebamme nur so dumm sein? Da war es einfacher, von zu Hause wegzubleiben. Und obwohl heute niemand mehr an ihm herumnörgelte, verbrachte er immer noch so wenig Zeit wie möglich zu Hause.
Nicht, dass das ultracoole Apartment, das Ballyhoo ihm als Teil seines Gehaltspakets zur Verfügung gestellt hatte, sein Zuhause war. Jedes Mal, wenn er durch die dicke, glänzend schwarze Eingangstür trat, hatte er das Gefühl, er befände sich auf einem Filmset.
Doch heute Abend war es anders. Heute Abend sprang er die Treppen hinauf und pfiff beim Öffnen der Haustür – denn auf der anderen Seite der Tür würde die faszinierendste Frau der Welt stehen.
„Eve, bist du da?“
Stille schlug ihm entgegen, als er seine Ledertasche achtlos hinschmiss und die Tür mit einem Hüftschwung zuwarf. Er runzelte die Stirn, als er auf die Uhr schaute.
Er war mit dem Privatlift aus der Tiefgarage gekommen und hatte daher den Türsteher nicht fragen können, ob Eve
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