Julia Saison Band 13
„Bitte mache dir keine Gedanken darüber, dass wir beide heute Abend hier sind. Wir sind alte Freunde, die eine Zeit lang etwas zusammen unternehmen. Ich weiß nicht, wie es dir ergeht, aber mir macht es viel Spaß. Wir werden weiterhin Kontakt haben, wenn das alles vorbei ist. Es ist gar nicht so kompliziert.“
Gut, er half der Wahrheit ein wenig nach. Sie waren nie Freunde gewesen, weit davon entfernt, aber er wollte ihr ein gutes Gefühl geben und ihr lebendiges Strahlen wieder hervorholen, das ihn den ganzen Abend über gefesselt hatte.
Dankbar lehnte sie sich an ihn und flüsterte ihm ins Ohr: „Danke. Du bist nett.“
„Nur nett?“
Mit einem Zwinkern in den Augen erhob er sein Glas.
„Darauf, dass wir die besten Dating-Kumpels werden.“
„Darauf trinken wir.“
Wenn er sich doch nur auf den Kumpel-Teil konzentrieren könnte und dabei vergessen würde, wie gerne er so viel mehr für sie wäre.
7. KAPITEL
Eve gefiel es gar nicht, ihre Freundinnen anzulügen.
Sie hatten sich bei dem Probeessen wirklich für sie gefreut. Diese Frauen kümmerten sich um sie, wollten, dass sie glücklich wurde. Aber in deren Augen brauchte sie einen Mann dafür – eine Theorie, über die Eve sich gerne lustig machte. Doch mit Bryce, der sie mit jedem seiner Blicke in Aufruhr versetzte, wuchs ihre Hoffnung, dass die sagenhafte immerwährende Liebe, für die ihre Freunde so leidenschaftlich warben, auch für sie einträfe.
Na prima, nun glaubte auch sie schon an dieses ganze Tamtam. Ihr Plan war verrückt, aber sie musste das Ende der Hochzeit abwarten, um ihnen dann endlich die Wahrheit sagen zu können.
Aber welche Wahrheit?
Seufzend öffnete sie ihren Laptop und klickte auf ihren Tageskalender. Besser, sich auf die Arbeit zu konzentrieren und die komplizierte Situation mit Bryce zu verdrängen.
Der Kerl war einfach zu unwiderstehlich.
Auf dem Probeessen vorzugeben, seine Freundin zu sein, war eine Tortur für sie gewesen. Er hatte sie den ganzen Abend über aufmerksam und hinreißend charmant hofiert. So sehr, dass sie sogar die köstliche Ente mit kandierten Kartoffeln und Pfirsich-Gewürz-Chutney und den leckeren Apfel-Macadamia-Streuselkuchen mit heißer Karamellsoße beiseitegeschoben hatte – sie, die Königin der (Gourmet-)Kochtöpfe!
Auch ihre Freunde hatte sie wenig beachtet. Die hatten begriffen und ließen sie in Ruhe, damit sie … ja, was eigentlich? … den ganzen Abend in Bryces bestechend blaue Augen schauen konnte? Mit ihm plaudern konnte wie mit einem guten alten Freund? So heftig flirten wie in ihrem ganzen Leben noch nicht?
Was das Küssen betraf – sie presste die Finger auf ihre Augen, doch sie konnte die Erinnerung an das wundervolle Gefühl nicht auslöschen, von einem Mann wie ihm begehrt zu werden.
Es hing bestimmt mit dem Kleid zusammen. Bryce hatte sie noch nie so gesehen und so reagiert, wie er es am besten konnte: galant und flirtend. Er war Meister darin, einer Frau das Gefühl zu geben, etwas Besonderes zu sein.
Doch sie machte sich keine Illusionen. Hätte Bryce sie später am Abend gesehen – ungeschminkt, ohne Kontaktlinsen und in ihrem ausgewaschenen Baumwollschlafanzug –, wäre er davongerannt. Genau wie Jahre zuvor schon einmal.
Zugegeben, der Vergleich hinkte. Auf Tonys Party damals trug sie wahrhaftig nichts Aufsehenerregendes. Sie hatte ihr pfauenblaues Taftkleid – das erste selbstgekaufte Kleid und ein Überbleibsel aus den 80er-Jahren – geliebt, doch waren ihr die entsetzten Blicke der Modepüppchen in ihren kleinen Schwarzen nicht verborgen geblieben.
Trotzdem hatte Bryce an diesem Abend mit ihr gesprochen und sie eine viel zu kurze Zeit lang glauben lassen, dass er sie mochte und ihm Aussehen nicht wichtig war.
Doch heute wie damals konnte Bryce sich verändern. Was, wenn er am Ende ihrer Abmachung vorgab, es sei nichts passiert? Es wäre nicht das erste Mal.
Ein Kuss, und schon wurde alles kompliziert. Wenn sie bereits jetzt solche Bedenken hatte, wie zum Teufel sollte sie dann einen ganzen Monat durchhalten?
Sie sollte davon ausgehen, dass Bryce nur seine Rolle ausfüllte. Doch da war etwas in seiner Stimme und in seinen Augen gewesen, als er ihr die Frage gestellt hatte Und wenn ich nicht schauspielere ?
Ihr Herz hatte in diesem Moment wie verrückt gepocht, und sie hätte sich am liebsten auf ihn gestürzt. Doch ängstlich wie sie war, hatte sie ihre Empfindungen verdrängt, während Bryce dem Ganzen noch eins draufgesetzt hatte, indem
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