Julia Sommerliebe 0023
zusprach. Es half alles nichts. Irgendetwas musste jetzt geschehen!
Sie atmete tief durch, entriegelte die Tür und riss sie auf. Anders, als sie erwartet hatte, war der Flur nicht leer, denn noch, bevor sie es realisierte, nahm sie aus den Augenwinkeln eine blitzschnelle Bewegung wahr und fuhr herum.
Michael musste auf dem Fußboden gesessen haben. Er sprang auf und machte einen Schritt auf sie zu.
Mit einem leisen Aufschrei wich sie zurück und versuchte, die Zimmertür zu schließen.
Doch er hinderte sie daran, indem er einen Fuß dazwischen stellte. „Abigail“, sagte er wieder mit einer ruhigen Stimme, die nicht zu der schnellen Bewegung seines Fußes passte. „Früher oder später musst du mit mir reden. Warum nicht jetzt?“
Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass er sie in Ruhe lassen sollte und sie den Sicherheitsdienst des Hotels rufen würde, wenn er nicht sofort ging.
Doch dann zögerte sie. Wahrscheinlich wäre es übertrieben, und außerdem glaubte sie ihm, dass er wirklich nur reden wollte.
Und es wären keine guten Neuigkeiten. Besser, sie brachte es jetzt hinter sich, als sich noch länger mit dieser Geschichte herumzuquälen.
Danach würde sie ihn bitten zu gehen, und er würde es tun, das wusste sie.
Und wenn sie ihn nicht hereinließ, konnte es durchaus sein, dass er noch vor ihrem Zimmer kampierte, wenn sie in der nächsten Woche abreiste.
„Na gut“, sagte sie leise, bevor sie die Tür losließ und ihm den Weg freigab.
Sie setzte sich nicht aufs Bett, sondern in einen der Sessel in der anderen Ecke, zwischen dem Bett und dem Radiator der Klimaanlage.
Dann verschränkte sie die Arme, schlug die Beine übereinander, wippte mit einem Fuß und wartete.
Michael blieb in sicherer und respektvoller Entfernung stehen, breitbeinig und die Hände auf die Hüften gestützt. Unwillkürlich stellte Abigail sich vor, wie er auf die Knie fiel und sie anflehte, ihm zu verzeihen. Aber das hätte nicht zu einem Mann wie ihm gepasst.
„Es tut mir sehr leid“, begann er und sah ihr dabei tief in die Augen. „Der Abend bei meinen Eltern ist nicht so verlaufen, wie ich ihn mir vorgestellt habe. Ich wusste nicht, dass Diana vorbeikommen wollte.“
„Der Abend wäre vielleicht etwas weniger dramatisch verlaufen, wenn du mir rechtzeitig von ihr erzählt hättest“, entgegnete sie. „Oder ihr von mir.“
Er nickte betreten. „Ich weiß. Das ist meine Schuld, das gebe ich zu. Ich hätte anders damit umgehen müssen, und ich weiß auch, wie es sich für dich angehört haben muss. Aber ich schwöre dir: Es war keine feste Beziehung.“
Er fuhr erklärend fort: „Zugegeben, auf der Highschool waren wir richtig zusammen, aber nachdem ich zu den Marines gegangen war, haben wir uns kaum noch gesehen. Wenn ich zu Hause war, sind wir hin und wieder miteinander ausgegangen und haben uns amüsiert. Aber wir hatten beide unser eigenes Leben, das mit dem anderen gar nichts zu tun hatte. Ich dachte wirklich, wir wären nur gute Freunde.“
Er zuckte mit den Schultern. „Ab und zu auch mehr, das gebe ich zu. Aber im Grunde genommen waren wir nur gute Freunde mit einer gemeinsamen Vergangenheit. Falls Diana tatsächlich erwartet hat, dass wir eines Tages heiraten, hat sie es sich nicht anmerken lassen. Ich habe jedenfalls nie davon gesprochen, und erst recht habe ich ihr nie einen Heiratsantrag gemacht.“
Er lächelte verlegen. „Das habe ich ihr vorhin deutlich gesagt. Ich glaube, sie sieht jetzt ein, dass sie sich mehr erhofft hat, als ich ihr geben wollte. Dass es für uns beide besser ist, wenn wir nur gute Freunde sind und es auch bleiben.“
Er strich sich durchs Haar. „Seit ich dich kenne, Abby, bist du die einzige Frau, an die ich denke, das musst du mir glauben. Aus diesem Grund habe ich auch nicht daran gedacht, dir von Diana zu erzählen. Ich hatte nur Augen für dich. Und heute Abend habe ich dich mitgenommen, weil ich wollte, dass meine Eltern dich kennenlernen. Sie sollten wissen, dass du die Frau in meinem Leben bist.“
Michael hatte im letzten Satz jedes Wort einzeln betont. Wider ihren Willen bekam Abigail eine wohlige Gänsehaut. Doch wie zur Abwehr ihrer Gefühle verschränkte sie ihre Arme noch fester vor der Brust.
Michael machte einen Schritt in ihre Richtung, ging ums Bett herum und setzte sich auf die Bettkante. Seine Knie waren nur eine Handbreit von ihren entfernt.
„Ich habe keine Ahnung, wohin das mit uns beiden führt. Ich weiß nicht, was passiert, wenn wir
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